Daniela Dahn zu 75 Jahre Grundgesetz: Vertane Chancen, Siegerpose, keine Nachdenklichkeit

Verfassungspatriotismus Das Grundgesetz ist gut, aber es hätte noch viel besser sein können: Vor 35 Jahren haben im Zuge der Wiedervereinigung Borniertheit, Ignoranz und Unsicherheit den ganz großen Wurf verhindert
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 21/2024
Daniela Dahn zu 75 Jahre Grundgesetz: Vertane Chancen, Siegerpose, keine Nachdenklichkeit

Collage: der Freitag; Material: Unsplash, Midjourney, Freepik

In guter Verfassung zu sein, ist eine besondere Gunst. Das Grundgesetz ist eine ziemlich gute Verfassung. Man kann froh sein, es zu haben. Hatte ich mich angesichts der oft abweichenden Praxis zunächst als Verfassungspatriotin gesehen, hat die Einsicht in politischen Kontext später partielles Kontra bewirkt. Was ziemlich gut ist, könnte auch besser sein. Oder müsste sogar.

Die als Provisorium für das westdeutsche Staatsfragment geplante Verfassung entstand unter Besatzungsrecht im Auftrag der westlichen Militärbehörden und trug von Anfang an deren Handschrift. Die sorgte dafür, dass das Fragment mit dem eigenen System kompatibel sein würde. Pannen wie im Dezember 1946 in der Landesverfassung Hessen sollten sich nicht wiederholen: Laut Artikel 41