Bayern gegen Berlin

CSU Es ist nicht das erste Mal, dass ein Land den Bund verklagt, obwohl bei beiden die gleiche Partei regiert
Ausgabe 08/2016
Peter Ramsauer will die deutschen Grenzen vor Gericht verteidigen
Peter Ramsauer will die deutschen Grenzen vor Gericht verteidigen

Foto: Wiegand Wagner/Imago

Peter Ramsauer – er war einmal für die CSU Bundesverkehrsminister – hat es zuletzt wieder in die Nachrichtensendungen geschafft. Er fordert seine Bayern, also die Landesregierung in München, auf, jetzt sogleich in Karlsruhe die Bundesregierung zu verklagen – wegen mangelnder Verteidigung der deutschen Grenzen. Solche Klage wäre keineswegs ein Unding, wie die SPD landauf, landab behauptet. Es ist schon öfters vorgekommen, dass ein Bundesland eine Bundesregierung vor das Verfassungsgericht gezerrt hat, obwohl in beiden Regierungen ein und dieselbe Partei am Ruder war. Das ist auch leicht zu verstehen. Denn, sagen wir, ein CSU-Landespolitiker muß genauso seinem Amtseid gemäß handeln wie ein CSU-Bundespolitiker. Es gilt: gemeinsames Parteibuch der Handelnden darf Gegensätze nicht verkleistern, wo staatliche Positionen einander entgegenstehen.

Das ist aber vermutlich gar nicht das Motiv, das einen wie Ramsauer antreibt. Er hofft, wie alle Beobachter eines möglichen Rechtsstreits, auf das Schlimmste für Angela Merkel. Oder für Horst Seehofer. Oder für beide. Denn beiden grollt er ob der Tatsache, dass er 2013 sein Ministeramt verlor. Das war ein schmerzliches Erlebnis, verbunden mit der Gewissheit, dass ein solches Amt für ihn nicht wiederkommen würde. Aber kommt der Grenzstreit wirklich nach Karlsruhe? Die Richter werden wissen, dass er da nicht hingehört.

Das ist nicht selbstverständlich, denn bayerische Hardliner werden nicht müde, auf hochgeachtete Verfassungsrechtler hinzuweisen, die München zu dem Schritt ermuntern. Gemeint sind die früheren Verfassungsrichter Udo di Fabio und Hans-Jürgen Papier, die im Land „exzeptionelle Erschütterungen“ und „rechtsfreie Räume“ monieren. Richtig ist, dass beide seit ihrem Ausscheiden aus dem Amt viel von sich haben vernehmen lassen. Fraglich hingegen ist, wie gut sie als Verfassungsrechtler sind. Entgegen allgemeiner Einschätzung muß ein Richter am Verfassungsgericht überhaupt kein Verfassungsrechtler sein. Der bedeutende Ernst Benda war es nicht und die beliebte Jutta Limbach war es auch nicht. An das Bundesverfassungsgericht kommt einer, auf den sich die Bundestagsparteien einigen. Und sie einigen sich eher auf den Rang einer Persönlichkeit als auf Sachverstand. Für den gibt es in Karlsruhe gute Experten.

Papier und di Fabio allerdings haben mit Zeugnissen ihres großen Eifers für die Sache Seehofers wieder Zweifel daran aufkommen lassen, ob der Rang der Persönlichkeit – zu dem exzeptionelles intellektuelles Format gehört – immer richtig eingeschätzt wird.

Der Autor und Journalist Jürgen Busche schreibt in seiner Kolumne Unter der Woche regelmäßig über Politik und Gesellschaft

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