Junge Männer, alte Frauen

Blattkritik Die „SZ“ präsentierte kürzlich ihre Wochenendausgabe in einem neuen Look. Dabei hätten vor allem die gezeichneten Autorenporträts eine Überarbeitung nötig
Ausgabe 43/2014
Gezeichnete Autorenporträts sind bei deutschen Medien derzeit en vogue. Zum Nachteil der Porträtierten
Gezeichnete Autorenporträts sind bei deutschen Medien derzeit en vogue. Zum Nachteil der Porträtierten

Foto: Patrick Kovarik / AFP / Getty Images

Layoutfragen, Fragen zur optischen Gestaltung der Zeitungsseiten liegen, selten in der Verantwortung der Redaktion. Da reden viele mit. Künstler und Kaufleute, Verlagsmanager und Galeristen haben ihre eigenen Vorstellungen von dem, was schön ist. Und oft wissen sie freilich besser Bescheid. Aber überspitzt gesagt: Texte sind für sie Graumasse. Redakteure sind für sie Produzenten von Graumasse. Die dürfen kaum den Mund aufmachen, wenn es ums Layout geht. Und besonders dann nicht, wenn es um ein neues geht. Neu muss sein.

Als neu präsentieren nun seit geraumer Zeit der Spiegel und soeben die Süddeutsche Zeitung mit ihrer Samstagausgabe – die jetzt Wochenendausgabe heißt – eines der ältesten Kunstangebote der Presse: Die Zeichnung. Kolumnisten, also Leute, die schreiben dürfen, was sie wollen, werden so gezeigt, wie der Zeichner sie gesehen hat. Auf manchen Jahrmärkten kann man zuschauen, wie so ein Zeichner arbeitet. Bei Spiegel und SZ konnte man nicht zuschauen. Man sieht nur das Ergebnis, das aber immer wieder.

Und was sieht man? Junge Männer und alte Frauen. Die Frauen im Spiegel haben anscheinend die 70 schon überschritten. Offenbar hat dem Künstler hier Dürers Bild seiner Mutter als Ideal vorgeschwebt. Auch in der SZ fühlt man sich leicht erkennbar einem klassischen Modell verpflichtet. Carolin Emckes Porträt, so groß wie ein Reiberdatschi, lässt weniger an 1989 als an 1919 denken, als die älteren Frauen für die Revolution schrieben. Die Männer dagegen wirken jünger als sie sind, aber nicht unbedingt schöner.

Das mag daran liegen, dass sie nach Vorbildern aus den 50er Jahren gestaltet sind, als es die Jugendbücher aus dem Franz-Schneider-Verlag gab. Da sieht nun Jakob Augstein im Spiegel aus wie Horst im Försterhaus und Christof Kneer in der Süddeutschen wie Käpt’n Konny. Das Jugendliche herrscht bei den Männern überhaupt vor. Man trägt offenen Hemdkragen wie Nico Fried und Marc Beise. So weit freilich wollte der Gesinnungskonservative Jan Fleischhauer nicht gehen: Der Kompromiss lässt an einen hochgeschlossenen Pullover denken. Krawatten sind out oder der Zeichner kann sie nicht.

Beide Titel geben sich viel Mühe, weil sie künftig im Samstagsverkauf miteinander konkurrieren. Da will man auf Altbewährtes zurückgreifen und eine Alternative zu Fotos haben. Bei den Fotos sind die Werbeflächen ohnehin besser. Verschwunden waren übrigens Zeichnungen aus den Blättern nie. In die Strafprozesse schickte man Gerichtszeichner, die Bösewichter abzubilden. Und die Richter.

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