Florale Vintage-Tapeten, wild übereinander gekleisterte Plakate, grüner Kunstrasen und braunes Packpapier sind nicht die übliche Kulisse für Pablo Picassos Meisterwerke. Doch das Pariser Picasso-Museum hat seine Räume radikal umgestaltet, um eine jüngere Generation zurückzugewinnen, die mit Picasso aufgrund der Kontroversen um sein Privatleben und seine Verwendung afrikanischer Artefakte fremdelt.
Picassos Privatleben – insbesondere sein Umgang mit Ehefrauen, Geliebten und Musen – steht seit der #MeToo-Bewegung zum Teil stärker im Fokus junger Menschen als sein Werk. Zudem gibt es eine Debatte um die Aneignung afrikanischer Artefakte, wie sie auch Picasso sammelte, durch westliche Künstler:innen. Während Museen auf der ganzen Wel
ganzen Welt, von New York bis Málaga und Bukarest, in diesem Jahr Ausstellungen zum 50. Todestag des Künstlers vorbereiten, hat sich das Pariser Picasso-Museum dazu entschlossen, vor diesen Kontroversen nicht zurückzuscheuen. Und so wird der 50. Todestag von Picasso, der am 8. April 1973 in Mougins starb, hier mit einer spektakulären, farbenfrohen und verspielten Neuhängung einer Reihe seiner Meisterwerke, Gemälde, Skizzen und Keramiken begangen, die kombiniert werden mit Werken zeitgenössischer Maler:innen, darunter auch einige Schlüsselwerke Schwarzer Künstler:innen.„Wir wollten das Museum öffnen, ein breiteres Publikum ansprechen und die Debatten über Feminismus und postkoloniale Themen einbeziehen“, sagt Museumsdirektorin Cécile Debray. „Dass wir auch neue und zeitgenössische Künstler einbeziehen, zeigt, dass wir offen sind für alle Debatten über Picasso. Wir legen diese Fragen auf den Tisch und diskutieren sie, ohne den Anspruch zu erheben, alle Antworten zu kennen.“Die Ausstellung kontextualisiert Picassos WerkeEin Raum mit dem Titel „Imaginäre Reisen“ befasst sich mit Picassos persönlicher Sammlung afrikanischer Objekte und mit der Frage, wie Avantgarde-Künstlern des frühen 20. Jahrhunderts sich diese aneigneten. Daneben hängt das Triptychon Landscapes of My Childhood Remembered der nigerianischen Künstlerin Obi Okigbo, das sich mit den Geschichten und Ritualen der Vorfahren befasst und an die Verluste und das Trauma im Zuge des Biafra-Kriegs erinnert.Ein anderer Teil der Ausstellung reflektiert Picassos Umgang mit der menschlichen Gestalt. Hier werden Werke der bedeutenden surrealistischen Fotografin Dora Maar gezeigt, die bekanntlich Picassos Partnerin und Muse war, sowie Werke der französischen Künstlerin Louise Bourgeois. Parallel dazu ist im Museum die erste große Werkschau der Schwarzen, feministischen US-amerikanischen Künstlerin Faith Ringgold in Frankreich zu sehen, die sich in ihren Arbeiten unter anderem mit Picasso und der Pariser Kunstszene des frühen 20. Jahrhunderts auseinandersetzt.Die am meisten umstrittene Entscheidung des Museums aber war, dem britischen Modedesigner Paul Smith „freie Hand“ zu lassen. Hätte man es dabei belassen, dass er den standardisierten, weißen Räumen etwas „Farbe und Kitsch“ verpasst, könnte man das Ganze als eine weitere effekthascherische Partnerschaft zwischen der Modewelt und der Kunstwelt abtun. Aber die Kurator:innen haben es als Anregung begriffen, Picasso chronologisch neben anderen Künstler:innen der Moderne vor Smiths unpassenden Kulissen zu präsentieren und zu erklären. Dies könnte dazu führen, dass das Museum, das in einem Herrenhaus aus dem 17. Jahrhundert untergebracht ist, die Hängung von Picassos Werken für die Zukunft grundsätzlich überdenkt.Kein White Cube für moderne KunstDie einzigartige Sammlung des Museums mit mehr als 5.000 Werken und 200.000 Objekten aus dem Atelier und der persönlichen Sammlung des Künstlers wurde dem französischen Staat von seiner Familie als Ersatz für die Erbschaftssteuer geschenkt. Das Haus steht beständig unter Druck, neue Wege für die Präsentation zu finden.Paul Smith räumte ein, er habe Angst davor gehabt, die Räume neu zu erfinden, da er kaum akademisches Wissen über den modernen Meister besaß und fürchtete, despektierlich zu wirken. Doch seine scherzhaften Entwürfe wurden als Anregung für neue Sichtweisen auf den Künstler angenommen. Ein Raum, der mit gestreiften bretonischen Matrosenoberteilen behängt ist, erinnert an Robert Doisneaus Fotografien, die Picasso in Südfrankreich zeigen. Daneben hängt ein Werk von Chéri Samba aus der Demokratischen Republik Kongo, das das gestreifte Oberteil als Symbol für die Sicht westlicher Künstler auf afrikanische Arbeiten benutzt, die den Kubismus inspirierten.Ein anderer Hintergrund von Smith besteht aus absichtlich schlecht tapezierten Postern von Picasso-Ausstellungen aus den 1960er Jahren. Smith erklärte, der typische White Cube, in dem Museen moderne Kunst zeigen, könne ziemlich einschüchternd sein. Auch deshalb habe er sich als Zugeständnis an eine jüngere Generation, die alles unmittelbar auf ihrem Telefon wahrnimmt, für diesen sehr visuellen Ansatz entschieden.Placeholder infobox-1