Präsidentenamt: Trophäe für Big Business?

Das eine Prozent Die Wahlen 2016 werden die teuersten in der Geschichte der USA. Doch Geld hat dort schon 1896 über die Wählergunst entschieden
Ausgabe 17/2015
Hillary Clinton will Präsidentin werden
Hillary Clinton will Präsidentin werden

Foto: Don Emmert/AFP/Getty Images

Obwohl ihre Kandidatur für das Präsidentenamt bei Gegnern wie Freunden als unausweichlich galt, zierte sich Hillary Clinton lange. Inzwischen ist das Rennen um das Weiße Haus endlich eröffnet. Für Clinton und ihre Konkurrenten geht es in den nächsten 18 Monaten darum, so viel Geld wie möglich aufzutreiben. 2016 dürften die teuersten Wahlen in der Geschichte der USA anstehen, Schätzungen zufolge werden sich die Ausgaben für Präsidentschafts- und Kongresswahlkampf auf acht Milliarden Dollar summieren. Legt man das Bruttoinlandsprodukt zugrunde, ließe sich damit Haiti kaufen. Im bisherigen Rekordjahr 2012, als es um Barack Obamas Wiederwahl ging, beliefen sich die Spenden auf 6,3 Milliarden.

Clinton will einen großen Teil der Gelder in ihre Kassen fließen lassen. Die ehemalige First Lady lamentierte einst, ihre Familie sei nach der Zeit im Weißen Haus praktisch „ total pleite“ gewesen, und präsentiert sich nun als Klassenkämpferin. Doch mehr noch als ihr politisches Programm hat Clintons Fähigkeit, sich selbst zu verkaufen und bei Spendern, darunter vielen Wall-Street-Freunden, Geld lockerzumachen, Parteifreunde dazu bewogen, ihr das Feld konkurrenzlos zu überlassen. Clinton werde „irrsinnig viel Geld“ einsammeln, erklärte einer ihrer Wahlhelfer stolz der Online-Postille The Daily Beast. Von einer Kriegskasse mit bis zu 2,5 Milliarden berichtete die New York Times. Das würde selbst Obamas 1,1 Milliarden Dollar 2012 in den Schatten stellen.

Bis 2010 konnten einzelne Personen für sogenannte Political Action Committees (PACs) nicht mehr als 2.500 Dollar geben; Unternehmen und Gewerkschaften durften gar nicht spenden. Dann öffnete der oberste US-Gerichtshof mit seinem Citizen-United-Urteil alle Schleusen: Aus den PACs wurden Super PACs. 2012 waren diese noch zaghafte Modelle der Wahlkampffinanzierung. Das wird sich 2016 ändern.

Die erzkonservativen Brüder Charles und David Koch kündigten im Januar an, 889 Millionen Dollar in den Super-PAC-Ring zu werfen. Gemeinsam mit rund 300 weiteren Geldgebern wollen die Kochs, die die Tea Party groß gemacht haben, sicherstellen, dass die Republikaner den nächsten Präsidenten stellen und die Mehrheit im Kongress behalten. Bei den Wahlen 2012 lagen die Gesamtausgaben der republikanischen Partei bei 657 Millionen.

Nach der Koch-Ankündigung begann das mediale Händeringen: Die Demokratie werde geschwächt, hieß es. Das Präsidentenamt verkomme zur Trophäe für Big Business. Dabei ist das nichts Neues. Mit dem Slogan „Gleichheit für alle“ stieg der Demokrat William Jennings Bryan 1896 in der Wählergunst. Sein Sieg galt als sicher. Da traten die Räuberbarone John D. Rockefeller, John Pierpont Morgan und Andrew Carnegie auf den Plan. Rund 200.000 Dollar, nach heutigem Maßstab rund 20 Millionen Dollar, gaben sie jeweils für den Wahlkampf von William McKinley. Der Republikaner besiegte den aufstrebenden Bryan am Ende deutlich. Das lässt die positive Schlußfolgerung zu, dass die Demokratie seit jenen Tagen stärker geworden ist. Zumindest ist der Versuch, sie zu kaufen, tausendfach teurer geworden.

Jens Korte lebt seit langem in New York und berichtet von dort, aus dem Epizentrum der Finanzwelt

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