Der Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche wird nicht der letzte gewesen sein, der Deutschland getroffen hat. Anders als bei früheren Anschlägen, die von bestimmbaren Gruppen begangen wurden, deren Handlungsfähigkeit abzuschätzen war, ist hier der Rückraum des Täters unübersehbar. Nachfolgetäter und Nachahmungstäter können einzeln oder zu mehreren aus etlichen Ländern kommen. Das ist kaum zu kontrollieren.
An diese Gefahr wird man sich in Deutschland gewöhnen müssen. Die hohe Zahl der Opfer und das Schicksal der Betroffenen verbieten es nicht nur für den Augenblick, diese Gefahr zu relativieren. Ob und wann ein solcher Anschlag sich wiederholt, hängt nicht allein, wohl auch nicht einmal zuerst von deutscher Politik ab. Der Konflikt, der diese Taten hervorbringt, kennt keine nationalen Grenzen mehr.
Immerhin können wir fragen, ob das Land, ob die Kommunen gut genug aufgestellt sind, um auf die unmittelbaren Folgen eines Anschlags zu reagieren. Jeder wird zu Recht zögern, wenige Tage nach dem blutigen Geschehen auf dem Berliner Breitscheidplatz mit zwölf Toten und 48 Verletzten auf eine solche Frage mit zufriedener Miene zu antworten. Dennoch sind Dank und Anerkennung, die sogleich den Rettungskräften und der Polizei gespendet wurden, berechtigt und sollten nicht in Vergessenheit geraten. Es muss freilich auch erwähnt werden, dass eine große Feuerwache sich nur einige hundert Meter entfernt von dem Unglücksort befand. Dass von dort ganz schnell Hilfe kam, war auch der günstigen Lage zu verdanken. Man sollte aber bedenken, dass die Personaldecke gerade bei der Feuerwehr in Berlin so ausgedünnt ist, dass derart schnelle Hilfe in der Drei-Millionen-Stadt nicht selbstverständlich ist. Nach allem, was man wissen kann, war die organisatorische Leistung bei den Rettungsarbeiten gut. Auch bewährte sich die Koordination beim Transport der Verletzten in die Krankenhäuser wie geplant. Schon kurz nach dem Anschlag zeigten Fernsehbilder vom Breitscheidplatz Rettungskräfte und Sicherungskräfte, die ebenso rasch wie ruhig ihre Arbeit taten.
Nach München dazu gelernt
Auch die Fernsehprogramme, die mit ihren aktuellen Sendungen ja nicht unwesentlich zum Sicherheitsgefühl der Bevölkerung beitragen, hatten offensichtlich gelernt. War nach dem Amoklauf in München im vergangenen Sommer noch stundenlang von Terror die Rede („München steht unter Beschuss“) und auch auf diese Weise die ganze Stadt in Angst und Schrecken versetzt worden, so kann man bei der Beurteilung des Geschehens in Berlin fast schon von einer Zurückhaltung sprechen, die auch die Glaubensbereitschaft des Publikums auf eine schwere Probe stellte. Als schon massive Details des Tathergangs auf einen Terroranschlag hinwiesen, wurde immer noch gemutmaßt, der Fahrer des überschweren Lkw habe vielleicht am Steuer einen Herzinfarkt erlitten, all das könne immer noch nur ein Verkehrsunfall sein. Die Deutschen neigen dazu, von einem Extrem ins andere zu verfallen. Ob die Experten, die zwischen die immergleichen Bilder eingeschoben werden, wirklich Experten sind, darf bezweifelt werden. Langes Reden befördert nicht immer die Glaubwürdigkeit.
Dass manches viel schlimmer hätte kommen können, tröstet niemanden, den es ganz schlimm getroffen hat. Das macht eine Analyse schrecklichen Geschehens, besonders aber ihre Vermittlung so schwierig. Aber sie ist nicht überflüssig.
Kommentare 7
Es sind die Leichen eines Establishments, das nicht nur die wirtschaftliche sondern auch die physische Existenz und das Wohlbefinden ihrer Bürger ihrer neo liberalen und moralisch queren Überheblichkeit unterordnet.
Der gute Ruf und Nimbus, international weit weg von der so anrüchigen Geschichte als
Sachverwalter und Lehrmeister für Menschenrechte zu glänzen, mit dem erhobenen Zeigefinger nicht nur den eigenen Bürgern den Weg zu weisen, ist dieser Clique
zu Vabanque Spieler in Sachen Grund Existenz ihrer Bürger verkommen.
Die Kanzlerin hat sich völlig unbedacht in ein Flüchtlingsabenteuer gestürzt,
das einem politischen Laien angst und bange dabei wird. Nun wird sie die Geister
die sie rief nicht mehr los. Sie und ihre Entourage, und das ist das eigentlich Verwerfliche, haben eine Politik betrieben, für die andere den Preis bezahlen müssen.
Die Menschen sind zu Recht wütend, von der Unfähigkeit eines Establishments das sich die Taschen vollstopft, die Bürger in immer prekärere wirtschaftliche Verhältnisse belässt, und die Menschen einem zusätzlichen Risiko aussetzt, das so nicht sein müsste.
Das gesamte politische Establishment muss den Preis dafür bezahlen. Weder die Opfer noch die Bürger haben dafür Verständnis, dass Unfähigkeit und Verstoß gegen Recht und Ordnung zu sofortigen harten Konsequenzen für die Bürger führt,
diese Politiker und ihre Lobby aber sich mit dicken Gewinnen, Abfindungen und Pensionen aus der Verantwortung stehlen können.
Sie wiedersprechen sich selbst. Einerseits finden Sie gut, dass man ihrer Ansicht nach «bei der Beurteilung des Geschehens in Berlin fast schon von einer Zurückhaltung sprechen» muss, andererseits ist für Sie bereits bis ins Detail klar, dass es sich bei diesem Vorfall zweifellos um einen «Terroranschlag» handelt, welcher aufgrund eines «Konflikt[s], der (...) keine nationalen Grenzen mehr [kennt]» erfolgte handelt.
Den Aussagen dieses Artikels möchte ich vehement widersprechen. In den Tagesthemen wurde an dem Abend Stunden nach dem Attentat das Wort Anschlag gefühlt zweihundert mal genannt und Herrn Zamparoni ist es sichtlich schwer gefallen, obwohl noch nichts geklärt war, auch einzuräumen, dass es schlicht ein Unfall auch hätte sein können.
In meiner Wahrnehmung war es früh sowohl von Politik als auch in der allgemeinen medialen Berichterstattung -quasi beschlossene Sache- dass es sich um einen terroristischen Anschlag handelt (wir kennen bis heute nicht die wahren Hintergründe!)
<<Die Kanzlerin hat sich völlig unbedacht in ein Flüchtlingsabenteuer gestürzt,
das einem politischen Laien angst und bange dabei wird. Nun wird sie die Geister
die sie rief nicht mehr los. Sie und ihre Entourage, und das ist das eigentlich Verwerfliche, haben eine Politik betrieben, für die andere den Preis bezahlen müssen.>>
Zu dieser Einschätzung passt, dass wir heute lesen dürfen, das Bundeskabinett habe ein Burkaverbot für Beamte beschlossen.
Hätte das nicht angesichts der vielen offensichtlicheren gesetzlichen Lücken warten können? Die erste Beamtin in Burka muss ja wohl erst noch geboren werden. Stattdessen erfährt die schockierte Öffentlichkeit, dass der abgelehnte Asylbewerber Anis Amri nicht in Abschiebehaft gehalten werden durfte, weil er keine gültigen Papiere hatte. So ein Gesetz gibt es also bei uns auch? Wer setzt in Deutschland eigentlich die Prioritäten, welche Gesetze eingebracht und verabschiedet werden sollen? Die Richtlinienkompetenz dazu hat Frau Merkel. Ihr Koalitionspartner in Gestalt des SPD Vizekanzlers Gabriel und des SPD Justizministers Heiko Maas hat sie aber offenbar bei der Prioritätensetzung ebenfalls schlecht beraten.
Wen soll man jetzt noch wählen?
Jetzt kann man für Deutschland nur noch beten, dass es nicht Amis Amri war, sondern ein Verkehrsunfall einer Hehlerbande.
Schließlich muss die Polizei mal erklären, warum es 48 Stunden gedauert hat, bis man das Portemonnaie mit den Ausweispapieren von Anis Amri im LKW gefunden hat, während ergebnislos ein Pakistaner verfolgt und verhört wurde?
Ich bin doch sehr überrascht, wie realitätsfern dieser Artikel sich mit dem "Gefühl" in der Stadt nach dem Terroranschlag am Breitscheidplatz befaßt?
An meinem Arbeitsplatz ist seit Tagen von nichts anderem die Rede, man unterhält sich mit wildfremden Menschen z.B. in der "Mall of Berlin" darüber, dass man sich seit diesem furchtbaren Ereignis dreimal umschaut, wer hinter einem geht oder sich an denselben Tisch setzen möchte.
Von Gelassenheit kann ich keine Spur erkennen, Verabredungen von Bekannten zum gemeinsamen Besuch des Weihnachtsmarkts werden gecancellt und höchstens bei Stoikern, denen eh alles wurscht ist , bei Partygängern oder bei solchen, die auch sonst durch Hang zu Fatalismus auffallen, vermag ich persönlich diese "Gelassenheit" erkennen, die Ihrem Bericht nach so typisch wäre für die Berliner nach Dez. 19!
>>Von Gelassenheit kann ich keine Spur erkennen,...<<
Am Tag nach den münchner Amokschüssen war hier auch die Angst zu spüren. Aber nach wenigen Tagen war sie restlos von Alltag hinweggespült. Ich denke, das wird in Berlin nicht anders sein.
Aber natürlich kann diese Angst von Agitatoren getriggert werden.
Anis Amri angeblich in Mailand erschossen
Der Tunesier wurde offenbar nicht direkt vom IS gesteuert. Mehrfach soll der marokkanische Geheimdienst den BND vor Amris Plänen gewarnt haben. Die Politik diskutiert Versäumnisse.