Die Braunkohle schafft Arbeitsplätze...ab!

Energiepolitik Warum die Politik aus den jahrzehntealten Fehlern, die sie im Ruhrgebiet gemacht hat, nicht klüger geworden ist

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Demonstration gegen einen Kohletransport in der Nähe von Rath im Rheinland
Demonstration gegen einen Kohletransport in der Nähe von Rath im Rheinland

Foto: Omer Messinger/Getty Images

Um es direkt am Anfang klar und deutlich zu sagen: Der Arbeitsmarkt wird nicht durch die Atomindustrie sowie den Braun- und Steinkohlenabbau am Leben erhalten, ganz im Gegenteil. In NRW sollte jede Regierung vor Augen haben, was die jahrzehntelange künstliche Beatmung der Ruhrkohle mit Milliarden von Steuergeldern brachte: Weniger als nichts, denn sie verschleppte den notwendigen Strukturwandel.

Die Arbeitsplätze in der Braunkohle sind, jenseits von allen Klimazielen bis 2020 die wir eh schon nicht erreichen werden, ebenso gefährdet wie in allen anderen Bereichen: Schon heute funktionieren Abbau und Verbrennung der Kohle in den Kraftwerken mit einem Minimum an Personal; eben genauso viel Personal, wie die veralteten Maschinen und Prozesse minimal benötigen.

Smartphones steuern die Bagger

Daher ist jede Bestandsgarantie an die Braunkohle nicht nur für die Klimapolitik, sondern auch für den Arbeitsmarkt eine Verlustrechnung: Denn würde die Bundes/Landesregierung nun Garantien für die Braunkohle geben, wäre RWE zwar wieder bereit, mit dieser Absicherung Millionen in die alten Kraftwerke zu investieren - aber sicher nicht zugunsten von mehr Personal.

Vielmehr würde der Konzern stärker und umfassender als je zuvor die Stromerzeugung aus Braunkohle automatisieren und rationalisieren. Denn ein handelsübliches Smartphone wäre locker dazu in der Lage, einen in den 1960ern entwickelten Braunkohlebagger durch seine Grube zu steuern - die Rechenleistung reicht dazu mehr als aus. Ähnlich sieht es mit den Kraftwerken aus: Förderanlagen, Turbinen und Brennöfen zu vollständig autonom steuern ist mit moderner Leistungs- und Regelelektronik kein Problem. Lediglich minimale Rumpfmannschaften (vielleicht aus Leiharbeit? Ein anderes Thema...) würden Wartung und Instandhaltung übernehmen. Die ohnehin schon sehr niedrige Quote von Mannstunde auf die Megawattstunde würde noch weiter fallen - CO2-schleudernde Roboterkomplexe übernehmen das rheinische Braunkohlerevier.

Reden wir über die Zukunft

Anstelle also ständig das weinerliche Argument der wegbrechenden Arbeitsplätze ins Feld zu führen, sollte sich die Landesregierung darüber klar werden, was sie für eine Arbeitswelt nach dem Ende Braunkohle – tun möchte. Dieses wird kommen, "Braunkohlepfennig" und massiver, verdeckter Subventionen (Stichwort Sicherheitsreserve!) zum Trotz. Menschen qualifizieren, ausbilden, weiterbilden. In Erneuerbare Energien investieren, die auch gute Energieelektroniker, Ingenieure und Hochspannungselektriker brauchen, sogar mehr als die Braunkohleverstromung jemals beschäftigen könnte. Macht Seen aus den Tagebauten, forstet auf, schafft Naturreservate aus den alten, dreckigen Löchern die sogar Touristen in eine ehemalige Mondlandschaft locken könnten. Macht meinetwegen einen BMX-Park daraus, aber wundert euch nicht, wenn ihr so weitermacht und immer mehr Menschen zu uns kommen weil sie durch die Folgen des Klimawandels dazu getrieben werden.

Mit Ideologie hat dies nichts zu tun. Nicht einmal mit Ökologie oder Klimaschutz. Es ist schlichte ökonomische Ratio. Ganz ähnlich wie in der Causa VW bestehen aber starke Verflechtungen zwischen alter Energieindustrie und der Politik, die eine sinnvolle und vernünftige Ordnungspolitik der Bundes- und Landesregierungen verhindern. Leider ist derzeit nicht zu hoffen, dass die nächste Bundesregierung diese Verflechtungen, die man auch schlicht Korruption nennen kann, ernsthaft gefährden wird.

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