Seit dem Ausbruch des Coronavirus in Deutschland ist viel die Rede von Solidarität. Dieser Begriff war „lange Zeit etwas für jene, die durch Unterdrückungs- und Ausgrenzungserfahrungen zusammengehalten werden“, erklärt der Soziologe Heinz Bude in der Zeit. Nun werde er gewissermaßen modernisiert: „Alle gemeinsam empfinden, wie verwundbar sie sind.“ Vor dem Virus sind alle gleich, das wird in diesen Tagen gerne behauptet. Nur: Das stimmt nicht. Manche sind verwundbarer als andere.
Immer schon waren Krankheit und Tod auch eine soziale Frage. Dauerhaft in Armut lebende Menschen sterben zehn Jahre früher, das haben Studien immer wieder gezeigt, zuletzt eine EU-Sozialstudie im vergangenen Jahr. Als Gründe sehen die Forscherinnen Existenzängste, gesundheitliche Belastungen am Arbeitsplatz, Ernährung und mangelnde gesundheitliche Aufklärung. Was für den Normalfall gilt, verschärft sich in der Krise – das ist schon jetzt an den unterschiedlichen Situationen der Erkrankten erkennbar, ebenso wie an den Personen, die sich in Quarantäne befinden.
Häusliche Gewalt
Da wäre als Erstes die Frage, wer sich jetzt in Selbstquarantäne aufhalten kann und wer nicht. Da ist zum Beispiel das Krankenhauspersonal, das sich täglich in Gefahr begibt, am Arbeitsplatz angesteckt zu werden, und das unterbezahlt wie eh und je ist (und übrigens zu mehr als 80 Prozent aus Frauen besteht). Dazu die Angestellten in den Supermärkten, die die Regale auffüllen und Kontakt zu Hunderten Menschen täglich haben – auch zu 70 Prozent Frauen. Ohne Homeoffice weiterarbeiten müssen aber auch Polizistinnen, Feuerwehrleute, Amazon-Beschäftigte, Lieferando-Fahrer, Handwerkerinnen, Arbeiter im Baugewerbe. Eine Studie in den USA zeigt, dass unter normalen Bedingungen in den oberen Einkommen mehr als 60 Prozent die Möglichkeit haben, im Homeoffice zu arbeiten. In den unteren Einkommen verfügen über diese Möglichkeit nur rund neun Prozent.
Doch auch von den landesweit erlassenen Ausgangsbeschränkungen werden die Menschen ganz unterschiedlich getroffen. Hier zeigt sich: So neu die Situation durch Corona auch ist, die Spaltungslinien der sozialen Ungleichheit bleiben die alten. Sie verlaufen entlang von Klasse, Geschlecht und Herkunft.
In einigen Flüchtlingsunterkünften ist die Quarantäne mit Zuständen verbunden, die an ein Gefängnis erinnern. Manche stehen bereits unter einer sogenannten Vollquarantäne. Das bedeutet, das gesamte Haus wurde wegen eines Corona-Falls abgeriegelt; niemand darf rein, niemand darf raus, niemand darf einkaufen, spazieren gehen. Das führt nicht selten zu Panik unter den Bewohnern. „Diese Maßnahmen wurden nicht immer gut kommuniziert“, erklärt Nora Brezger vom Berliner Flüchtlingsrat und verweist auf einen Vorfall im thüringischen Suhl. Dort kam es vergangene Woche zu Auseinandersetzungen, als die Quarantäne durchgesetzt wurde. Die Polizei rückte an, ohne dass sämtliche Bewohner in ihrer Sprache darüber informiert worden seien, was eigentlich gerade passierte und warum.
Auch in Berlin-Charlottenburg ist eine Unterkunft mit 150 Menschen komplett unter Quarantäne gestellt. „Die Bewohner wurden in ihren Zimmern isoliert, wo sie teils zu zweit wohnen, teils zu viert oder mit der ganzen Familie; ohne jede Möglichkeit, sich auch nur in einem anderen Zimmer aus dem Weg zu gehen“, berichtet Brezger. Die Flüchtlingsräte fordern schon lange die Auflösung der Massenunterkünfte und warnen vor gesundheitlichen Risiken, jetzt sei der „Worst Case“ eingetroffen. Sie fordern nun, die Massenunterkünfte aufzulösen und den Geflüchteten leer stehende Hotels und Ferienappartements zur Verfügung zu stellen. Brezger merkt zudem an, dass noch mehr ungeklärt sei: Wer ist für die gesundheitliche Versorgung in den Unterkünften zuständig, ist es der Amtsarzt? Woher bekommen jene Geflüchteten, die kein Bankkonto haben, nun ihr Bargeld? In den meisten Unterkünften gebe es zudem kein Internet. Viele hätten nur günstige Handyverträge mit begrenztem Datenvolumen. So sei es nicht einmal möglich, die eingesperrten Kinder eine Netflix-Serie schauen zu lassen, geschweige denn selbst mit Verwandten Videokontakt zu halten oder sich abzulenken.
Das Bild einer halbwegs glücklichen, zu Hause arbeitenden und lernenden Familie in Quarantäne trifft aber auch auf viele andere Haushalte nicht zu. Frauenhäuser warnen vor einem Anstieg häuslicher Gewalt: „Frauen können ihrem gewalttätigen Partner nicht mehr aus dem Weg gehen, die Anspannung steigt durch die Situation zu Hause“, sagt Sylvia Haller von der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser (ZIF), die in Deutschland 100 der 350 Häuser vertritt. Es gäbe keinerlei Kapazitäten, die erwartete Zunahme der Schutzsuchenden aufzufangen. Frauenhäuser arbeiteten seit Jahren schon an der Kapazitätsgrenze. Laut Istanbul-Konvention müssten in Deutschland 21.000 Betten für schutzsuchende Frauen angeboten werden; es gibt jedoch nur 7.000 Betten. Ablehnungen seien an der Tagesordnung. In der Corona-Krise sei die Konsequenz, dass noch mehr Frauen ihrer gefährlichen häuslichen Situation nicht entkommen könnten. Obwohl Gewalt an Frauen ohne Unterschied in sämtlichen Milieus vorkommt, trifft die ökonomische Krise sie unterschiedlich hart. Finanzielle Ängste erschweren Frauen den Schritt zur Trennung, von Gewalt Betroffene ohne finanzstarkes (Familien-)Netzwerk haben keine Chance, der Situation zu entkommen.
Die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen würden es Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt sind, zudem erschweren, Hilfe zu suchen. Häufig würden sich die Frauen als Erstes an Personen aus dem Umfeld ihrer Kinder wenden: an Lehrerinnen oder Erzieher. Diese Kontakte fielen nun weg. An die Hilfstelefone wenden sich die Betroffenen zudem meistens nur dann, wenn der gewalttätige Partner aus dem Haus ist, etwa auf Arbeit. „Jetzt gibt es für solch einen schwierigen Anruf keine Rückzugsmöglichkeit mehr.“
Laut ZIF ist noch kein Corona-Fall in einem Frauenhaus bekannt. Ähnlich wie in Unterkünften für Geflüchtete wäre auch hier eine Quarantäne mit großen Problemen verbunden: Leer stehende Flure kann sich kaum ein Frauenhaus leisten. Es werden daher Vorkehrungen getroffen, eine Quarantäne für erkrankte Frauen zunächst in ihrem Zimmer zu gewährleisten. Auch hier bedeutet Quarantäne also: alleine in einem Raum eingeschlossen sein, für viele Tage. Die Auswirkungen des Virus auf die Arbeit im Frauenhaus sei bereits jetzt spürbar, berichtet Haller. Normalerweise würden die Häuser Frauen mit dem Auto zum Beispiel am Bahnhof abholen. „Das tun wir jetzt nicht mehr, aus Schutz vor Ansteckung. Wir versuchen mit der örtlichen Polizei zu kooperieren, das klappt unterschiedlich gut.“ Viele ehrenamtliche Helferinnen wurden nach Hause geschickt, weil sie einer Risikogruppe angehören. Das gilt auch für die Bahnhofsmissionen.
Schimmelnde Zimmer
Doch nicht nur für Geflüchtete oder Opfer von häuslicher Gewalt wird die schwierige Situation durch das Coronavirus noch zusätzlich verschärft. Viele Maßnahmen zur Abfederung der kommenden Wirtschaftskrise wurden in den letzten Tagen deshalb bereits getroffen: Die Jobcenter setzen die Vermögensprüfung bei Hartz IV für ein halbes Jahr aus; wer durch das Coronavirus nachweislich Einkommensausfälle und dadurch Mietschulden hat, darf deshalb nicht seine Wohnung verlieren, Kündigungen sind bis zum Juni auszusetzen; es gibt Kurzarbeit, Solo-Selbstständige erhalten Direkthilfen vom Staat. Es ist abzusehen, dass die Krise damit nur verschoben wird.
Aber schon jetzt spielt die ökonomische Situation der Menschen eine Rolle: Wie sieht das Zuhause eigentlich aus, in das man nun mehr oder weniger eingesperrt ist? Mieterberatungen berichten von Menschen, die seit Wochen versuchen, den Vermieter zur Beseitigung von Mängeln wie starkem Schimmelbefall zu bewegen; sie sitzen nun im Schimmel fest.
Die Journalisten Heike Buchter beschrieb neulich in einem Artikel in der Zeit, wie die Selbstquarantäne bei den Wohlhabenden und Reichen in New York, das in den USA besonders stark von dem Virus betroffen ist, aussieht: Man zieht sich in die Villen in den idyllischen Hamptons am Atlantik zurück und macht sich vor allem Sorgen darüber, wie man seine (mehrheitlich migrantische) Kinderbetreuung möglichst virusfrei dort hinbekommt.
Wer es sich leisten kann, verzieht sich auch in Deutschland aus der Stadt in sein Landhaus und richtet sich dort zwischen Wiesen und Wäldern in seinem Homeoffice ein. Oder: auf der Dachterrasse eines Fünf-Zimmer-Appartements in Hamburg-Eppendorf, im schicken Frankfurter Westend oder in Berlin-Mitte. In der FAZ kamen kürzlich Menschen zu Wort, die sich dadurch verunsichert fühlen, dass sie nicht mehr 10.000 Euro auf einmal abheben können. Und das sind nur die Ungleichheiten innerhalb Deutschlands. Hilfsorganisationen warnen vor einer humanitären Katastrophe durch Corona im Globalen Süden. Die Ungleichheit grassiert mit dem Virus.
Die „kollektive Empfindung“, sagt Heinz Bude, „beschränkt sich eben nicht auf spezifische Gruppen.“ Da ist aber, trotz aller dieser Unterschiedlichkeiten, dennoch etwas dran. Denn wer einmal auf der Intensivstation liegt, hat zumindest innerhalb von Deutschland kaum mehr ein Geschlecht, eine Herkunft, eine Klasse. „Daraus ergibt sich zumindest ein Gefühl wechselseitiger Sorge und Verantwortung“, so Bude. „Das ist etwas, was uns längerfristig befassen wird.“ Wenn er recht hat, könnte man ja mal anfangen, diese Verantwortung ernst zu nehmen, nicht nur im Schutz vor Corona. Man könnte einschreiten, wenn man die Schläge aus der Nachbarwohnung hört. Oder die kräftezehrende Arbeit der unterbezahlten Pflegerin sieht. Oder die Alleinerziehende in der schimmelnden Wohnung. Einschreiten, nicht nur als Nachbarinnen. Sondern als Gesellschaft.
Kommentare 99
gesundheits-krisen bringen zusätzliche belastungen,
die sich auf vorhandene problematiken draufsetzen.
Ein schneller Ritt durchs ideologisch durchtränkte Irgendwo, der bemüht ist, keine Verkürzung auszulassen.
Vielen Dank für diesen Artikel!- Es ist gut, auf die sozialen Ungleichheiten hinzuweisen. Die Beispiele sind etwas sehr plakativ. Zwischen den Superreichen und dem Wohnen in einer schimmeligen Wohnung, gibt es noch die normale Mittelschicht, innerhalb derer Kleinunternehmer, Soloselbstständige und Lehrbeauftragte u.a. um ihre Existenzsicherung bangen. Ganz normale Familien, die Ängsten und beengten Wohnverhältnissen ausgesetzt sind ... und auf dem Land ist es auch nicht ruhig: Viel zu viele Männer ohne große geistigen Ambitionen oder Fähigkeiten (die sich kleinkindhaft als Nabel des Universums sehen) verbringen Tage mit dem lautstarken Zersägen ganzer Baumstämme. Das kann das "Homeoffice" und Telefonkonferenzen zu einer Hölle besonderer Art machen.
"Es ist gut, auf die sozialen Ungleichheiten hinzuweisen."
Oh ja, durchaus. Wo las ich gestern noch, dass sich in New York Menschen (oder war es nur einer) aus dem Festern ihrer Supie-Wohnung gestürzt haben, weil sie die Kasernierung oder was auch immer nicht mehr ausgehalten haben?
Vielleicht in der Zeit, vielleicht sogar hier, ich weiß es echt nicht mehr, man liest so viel im Moment. War aber vermutlich nur ein alter, weißer Mann. Wenn am Gegenpol der ideologischen Skala gestorben wird, ist das ja nicht so schlimm, verglichen mit dem Drama, dass der Netflix-Anschluss nicht funzt.
"Die Beispiele sind etwas sehr plakativ."
Sind denn schon wieder Euphemismus Wochen? 20% auf alles, außer Tiernahrung und Toilettenpapier.
Sorry, für die Polemik, bin Opfer.
„Am Ende werden Merkel, Spahn u. Co. als Helden gefeiert und all die guten Vorsätze, Vorschläge und Mahnungen hinterm neoliberalen Sofa verschwinden.“
Jou. Scheiß Neoliberalismus und so, endlich sagt das mal einer, liest man ja sonst kaum. Nur, mal Butter bei die Fische. Frau Koester schreibt:
„Immer schon waren Krankheit und Tod auch eine soziale Frage. Dauerhaft in Armut lebende Menschen sterben zehn Jahre früher, das haben Studien immer wieder gezeigt, zuletzt eine EU-Sozialstudie im vergangenen Jahr.
Wie sieht denn die real existierende Alternative aus? Die real existierende Sozialismus und/oder Kommunismus versuchende Einheitsarmut für alle? Damit man dann zusammen 5- 10 Jahre eher stirbt? Oder war die Lebenserwartung in den real existierenden Versuchen tatsächlich signifikant höher als im schrecklichen Kapitalismus?
Wenn was anders werden soll, gerne, bin auch dafür, aber was denn und wie denn?
Tja.
Warum reagierst Du bei solchen Themen (eigentlich ja nicht Dein Stil, und - wäre er hier für mich nicht unangebracht - ganz amüsant zu lesen).
Ich pick mal eine Beispiel-Sequenz heraus:
"Da ist zum Beispiel das Krankenhauspersonal, das sich täglich in Gefahr begibt, am Arbeitsplatz angesteckt zu werden, und das unterbezahlt wie eh und je ist (und übrigens zu mehr als 80 Prozent aus Frauen besteht). Dazu die Angestellten in den Supermärkten, die die Regale auffüllen und Kontakt zu Hunderten Menschen täglich haben – auch zu 70 Prozent Frauen. Ohne Homeoffice weiterarbeiten müssen aber auch Polizistinnen, Feuerwehrleute, Amazon-Beschäftigte, Lieferando-Fahrer, Handwerkerinnen, Arbeiter im Baugewerbe. Eine Studie in den USA zeigt, dass unter normalen Bedingungen in den oberen Einkommen mehr als 60 Prozent die Möglichkeit haben, im Homeoffice zu arbeiten. In den unteren Einkommen verfügen über diese Möglichkeit nur rund neun Prozent."
Vielleicht nicht gerade eine bahnbrechende, neue Erkenntnis, aber durchaus legitim, auch und/oder gerade jetzt darauf hinzuweisen, dass die "Working Poor" jetzt noch mehr in den Allerwertesten gekniffen sind/werden (vom nur alimentierten ""Bodensatz" der Arbeitsgesellschaft ganz zu schweigen).
Also noch einmal: was macht daran (ausser an den Umständen selbst!) so wütend?
Warum....so aggressiv? (Da fehlte was in der Eingangsfrage).
Warum so aggressiv? Sternzeichen Widder. Da ist das astrologisch determiniert.
Ich finde die angerissenen Aspekte ja durchaus der Erwähnung wert, aber letztens (vorm halben Jahr, oder so), abends, auf einem meiner Spaziergänge, hörte ich eine Diskussion, die darum kreiste, ob ein Hochschulprof irgend jemanden als Redner einladen darf, der irgendwie im rechtspopulistischen Dunstkreis agiert. Es ging dann so um Für und Wider, Techniken und Taktiken und in dem Kontext auch um die Bücher (oder das erste) von Thilo S., dem fröhlichen Zahlenfreak und Wissenschaftsversatzstückversteher.
Irgendwer kam dann ziemlich am Ende dieses Abschnitts zu der Auffassung, dass Herr S. in seinen akribischen Auflistungen zwar alles richtig gemacht hätte, aber die Art der Zusammenstellung ideologisch sei.
Nun kann man natürlich der Auffassung sein, dass es gute und schlechte Ideologie gibt und sicher kann es gar nicht gehen, in jedem Artikel auf alles Rücksicht und Bezug zu nehmen, aber wenn man bemüht ist, so ziemlich alles, was eine tiefere Diskussion verdient hätte, kurz zu streifen und so eben noch mit rein zu packen, weiß ich nicht, was damit gesagt sein soll (außer ein ideologisch gefärbtes Statement abzugeben) und wem damit gedient ist?
Wenn das eine Meinung sein soll, dann habe ich eben meine daneben oder dagegen gestellt. So what?
Argumente führe ich ja auch an, jene etwa, die Hareimue unbeholfen umschifft hat, weil er darauf auch keine Antwort weiß. Die Fragen wären hiermit frei gegeben.
>>und auf dem Land ist es auch nicht ruhig: Viel zu viele Männer ohne große geistigen Ambitionen oder Fähigkeiten (die sich kleinkindhaft als Nabel des Universums sehen) verbringen Tage mit dem lautstarken Zersägen ganzer Baumstämme. <<
Danke, dass du meine Spezies so treffend eingeordnet hast. Allerdings: Heute, am Sonntag, sägen wir nicht. Da gehen wir üblicherweise in die Kirche und anschließend zu einigen Bieren in die Ortskneipe. Leider müssen wir uns diese mit der Muttermilch inhalierten Rituale derzeit versagen.
Meiner Meinung nach treffen die im Beitrag angerissenen Zusammenhänge den empfindlichen Punkt der aktuellen Krise. Armut, Ungleichheit, Ausgrenzung, strukturelle Gewalt, strukturelle Benachteiligung und strukturelle Diskriminierung waren zwar auch schon »vor Corona« da. Nun jedoch beginnen sie – peu à peu, aber in einem zuvor nie dagegewesenen Zeitraffer-Tempo – aufzubrechen und sich substanziell zu verschärfen.
Was tun? Bereits die Nöte in den dargelegten Quarantäne-Situationen sind unabweisbar – keinesfalls von Frau Koester erfunden, sondern allesamt Mißstände, die dieser Tage sogar in hochbürgerlichen Medien problematisiert werden. Eines davon: die skandalösen Zustände in einer Reihe von Pflegeheimen – Zustände, die schon jetzt Bilder produzieren wie die von der mittelalterlichen Pest. Ein Sub-String um diese – weitere – Sub-Thematik: halbkriminelle Pflege-Träger, die sich am Elend der Alten und Dementen bereichern. Aktuelle Frage scheint mir so vor allem die zu sein: Wird sich das – durch Corona dramatisch verschlimmerte – Armuts-Elend weiter expontionell steigern (bis hin zu Zuständen, wie sie etwa in New Orleans nach Katrina herrschten oder, ganz extrem, Haiti)? Oder ist auch beim Abrutschen der Ärmsten in bitterste Elendszustände irgendwann ein »Flatten the Curve« zu erwarten?
Die letzte Frage ist seriös derzeit wohl schwer zu beantworten; keine(r) weiß derzeit, wie dramatisch die (Gesamt)-Lage sich noch entwickelt. Gehen wir von einem mittelschweren bis kommoden Szenario aus, ist die beste Situation hier die, dass sich die Corona-bedingte soziale Verschlechterung in der zweiten Jahreshälfte auf einem Level konsolidiert, auf dem keine weiteren substanziellen Verschlechterungen mehr zu befürchten sind und man stattdessen die (insgesamt wohl ebenfalls äußerst tristen) Langzeitfolgen in den Blick nimmt (ich rede hier NICHT von Corona, sondern lediglich den sozialen Bewältigungsbedingungen).
Es stimmt – irgendwo sind »alle« betroffen. Allerdings auf stark unterschiedlichem Level. Wie viel »Land untergegangen« sein wird in sozialer Hinsicht, werden wir vermutlich erst dann klarer sehen, wenn dieser Tsunami über uns hinweggeschwappt ist und wir uns die Augen reiben.
Vielleicht mal hier lesen ... Und ich meine: LESEN !
https://www.amazon.de/Lenin-heute-Slavoj-i-ek/dp/3534270266
https://www.amazon.de/Lenin-heute-Slavoj-i-ek/dp/3534270266
„Die sozialen Unterschiede schmerzen mehr denn je“
Und es wird durch einige Politiker und große Zeitungen immer mehr Druck ausgeübt, der zur weiteren Spreizung der „Schere zwischen Reich und Arm“ führt.
So hat sich eine große Zeitung sich kürzlich wie folgt geäußert:
„Es ist unverantwortlich, dass die U-Bahnen weiterhin im Betrieb sind. Dort stecken sich Menschen an.“
Bewertung der Aussage:
Wer solche lügnerischen (= das täuscht die Gesellschaft, die wg. Angst vor Corona oft auf so etwas reinfällt...) Äußerungen von sich gibt, fährt ein Auto, und dem ist es egal, wie Menschen, die kein Auto haben, ohne U-Bahn existieren würden.
Es wird immer schlimmer bei sozialen Fragen und es wird nicht genügend dagegen politisch gesteuert. Warum?
Der Fokus der Öffentlichkeit liegt bei Corona. Weitere Probleme werden nicht so stark wahrgenommen – wie sonst oder schlicht ignoriert. Angst wegen Corona dominiert die Psyche von den meisten Menschen und beeinflusst das Verhalten. Diese Angst kann man durch die öffentliche Stellungnahmen beeinflussen, verstärken und steuern.
Wenn Menschen Angst haben, so ist es am leichtesten Politik zu machen. Man muss als Politiker nicht etwas Großartiges tun, um mehr Wählerstimmen zu bekommen. Man muss lediglich nur hinreichend oft in der Presse vertreten werden. Dort einfach sprechen mit leeren Floskeln, Scheinargumenten, Schuldzuweisungen, Lösungsvorschlägen etc. Darum haben jetzt die CDU/CSU und SPD bei Wählerumfragen zugelegt. Als Amtsinhaber von z.B. Ministerpositionen sind diese Parteien in der Presse am öftesten vertreten. Momentan liest man und hört man größtenteils nur die Aussagen von CDU/CSU und SPD, als ob die anderen Parteien gar nicht existieren würden.
warum? wozu?
erzählt er was, was den anschaffungs-preis
(8.99 gebraucht plus porto) rechtfertigt?
"aber wenn man bemüht ist, so ziemlich alles, was eine tiefere Diskussion verdient hätte, kurz zu streifen und so eben noch mit rein zu packen, weiß ich nicht, was damit gesagt sein soll (außer ein ideologisch gefärbtes Statement abzugeben) und wem damit gedient ist?"
Nun, hier wäre/ist doch der Platz für "tiefere Diskussionen".
Jemand kritisiert etwas, "streift" es an, und dann könn(t)en Du, ich und andere loslegen.
Du weisst nicht, was mit solchen Beiträgen/Wortmeldungen wie der hier gerade diskutierten oder (der von mir rausgesuchten),untenstehenden, gesagt sein soll bzw. wem damit gedient sein soll? Vieleicht einmal denen, deren prekäre Situation damit zumindest schon mal erwähnt und beleuchtet werden?
Und (z.B.) Deine ausschweifenden Abhandlungen über Kernbergs Theorien, was wäre dann damit? Wem ist damit "gedient"? Das eine (vermeintliche) Wissenschaft, das andere "nur" Ideologie?
Hier das Beispiel einer (Deiner Meinung nach auch?) völlig unnützen Thematisierung gesellschaftlicher Missstände:
„Ich kann mich nicht in freiwillige Quarantäne begeben, weil nicht Arbeiten keine Option ist“, schreibt die US-Amerikanerin Mariah Mitchell, die in New York für mehrere Plattformen wie Lyft und Uber Eats arbeitet und sich gewerkschaftlich engagiert. In einem eindringlichen Brief, den die New York Times vor einigen Tagen veröffentlich hat, erklärt sie: „Wenn ich nicht genug Geld verdiene, kann ich in den nächsten sechs Wochen meine Kinder nicht ernähren. Ich arbeite weiter, Fieber oder nicht. Und die meisten anderen Gig Worker machen es genauso, weil niemand von uns genug Geld verdient, um für einen Notfall wie diesen zu sparen.“
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/on-demand-prekaer-systemrelevant#1585473702357375
"Wie viel »Land untergegangen« sein wird in sozialer Hinsicht, werden wir vermutlich erst dann klarer sehen, wenn dieser Tsunami über uns hinweggeschwappt ist und wir uns die Augen reiben."
Eigentlich neige ich auch mehr diesem Pessimismus zu. Nach der Finanzkrise 2008 sollte alles ganz anders werden. Die Banker bettelten Obama regelrecht an, sie zu verstaatlichen. Was draus geworden ist, trotz Occupy und Piketty, haben Sie beschrieben. Aber dieses Mal geht es an die materielle Substanz. Das ist mit noch so viel Buchgeld nicht auszugleichen. Vielleicht werden die USA doch noch zum Auslöser der Weltrevolution (oder des –unterganges). Frau Koester scheint dafür noch nicht genügend Fantasie zu entwickeln, hängt noch der gegenwärtigen "Idylle"nach, die bisher nur ein wenig angekratzt wurde.
hätte unser kaiser, der wilhelm zwo, nicht erst in doorn
(wilhelminas holländische quarantäne-station für abklingende dt.kaiser)
sondern schon von anfang an: statt sich ans politik-schnitzen zu machen,
holz zu sägen bekommen, wäre uns viel geschichte erspart worden.
wünsche ein schönes leben auf dem lande, trotz ent-zügen!
„Nun, hier wäre/ist doch der Platz für "tiefere Diskussionen".“
Nein, denn dazu ist zu viel angerissen.
„Du weisst nicht, was mit solchen Beiträgen/Wortmeldungen wie der hier gerade diskutierten oder (der von mir rausgesuchten),untenstehenden, gesagt sein soll bzw. wem damit gedient sein soll? Vieleicht einmal denen, deren prekäre Situation damit zumindest schon mal erwähnt und beleuchtet werden?“
Das ist eine Sammelsurium dessen, was man täglich im Freitag liest, nun, einmal in den Corona-Waschgang gejagt, für Leute, die den Freitag überhaupt nicht lesen. Ist ja nun auch keine große Katastrophe, einfach nur ein Ärgernis. Von mir auch nur ein kleines.
„Und (z.B.) Deine ausschweifenden Abhandlungen über Kernbergs Theorien, was wäre dann damit? Wem ist damit "gedient"? Das eine (vermeintliche) Wissenschaft, das andere "nur" Ideologie?“
Du kannst jederzeit mit mir ernsthaft über Kernberg, seine Thesen und sein Weltbild diskutieren, ich bin da halbwegs bibelfest und nicht mal bei ihm unkritisch, nebenbei habe ich weitaus mehr weitere Psychologen gelesen, als Du vielleicht meinst, von Kernberg weiß und halte ich aber tatsächlich viel. Ich weigere mich aber, mich auf die Ebene dieses unsägliche ad hominem Drecks zu begeben, den Du da neulich verlinkt hast. Mach Dich schlau, dann gerne und immer, aber da muss schon was dahinter sein.
Was den Unterschied von Wissenschaft und Ideologie angeht, da bin ich bei Kernberg. Wissenschaft sollte so ideologiefrei sein, wie es eben geht, in den Wissenschaften des Menschen geht es nicht immer. Letztlich läuft es darauf hinaus, dass man zugespitzt sagen könnte, dass der Freudianer Kernberg mit Freud in der Weise zu kritisieren ist, dass die Differenz zwischen Individuum und Gesellschaft, auf der Freud seine Thesen gründet, natürlich auch bezweifelt werden kann, die kritische Psychologie, um Holzkamp und andere, tut das. Deren Theorie ist in etwa, dass der zu sich selbst erwachende Mensch, sich stets und vornehmlich als Teil der Gesellschaft empfinden wird.
Das ist dann auch eine Attacke gegen eine dem Menschen innewohnende Aggression, bzw. einen Egoismus, der tatsächlich auch geleugnet wird, zugunsten der Einstellung, der Menschen sie an sich immer kooperativ. Freud würde dem widersprechen, Kernberg auch, ich auch. Auf die eine oder andere Art läuft das dann, auf eine Ablehnung der Freudschen Triebtheorie hinaus (die bei Kernberg zur Affekttheorie wird), bei der (der Ablehnung) grob gesagt, behauptet wird, der Mensch habe überhaupt keine natürlichen, charakterologischen Mitgaben oder sei, abgeschwächt, zentral kulturell geprägt.
Man kann ferner der Meinung sein, dass Problematische an der ganze Einsortiererei, sei die Einsortiererei selbst, da diese stigmatisierend und demoralisisernd ist, oder gar, in einer schärferen Form, einzig und allein auf Willkür beruht. Zack vertritt diese Einstellung gerne, weicht dann aber Diskussionen aus.
Das sind die zentralen Kritikpunkte, die mir selbst einfallen, es gibt natürlich auch die Fundamentalopposition, die besagt, Psychologie in Gänze (und Psychoanalyse besonders) sei dämlich, unwissenschaftlich, Freud habe eh nur alles erfunden usw., da fehlt mir dann die Phantasie, worüber man diskutieren will.
Was das zitierte Beispiel angeht. Warum meinst Du, dass solche Dilemmata mir fremd seien? Ich stecke doch selber bis zum Hals drin. Ich fühle mich nur nicht großartig dabei, in einer Mischung von Hass und Häme mein Erbrochenes im Freitag zu verteilen. (Damit meine ich jetzt nicht Frau Koester, nur um sicher zu gehen.) Mich interessieren dann doch schon eher Lösung, am besten jene, von denen viele real etwas haben. Ich stehe relativ offensichtlich dafür, den Blick auf Inneres zu richten, nicht um dort zu verweilen, sondern um bessere Lösungen zu finden. Die diskutiere ich ja auch gerne und ausgeprägt, wann immer jemand Lust dazu hat. Das ist nicht so oft der Fall, die meisten sind und bleiben auf Äußerliches fixiert, eine schleichende Selbstentmündigung, die wir m.E. knapp 250 Jahren Materialismus zu verdanken haben. Das sind dann meine Vorurteile, aber von da kommt man schnell ins Lebenspraktische, die Frage lautet dann nämlich, ob man gerne ein weiteres Dutzend Ausreden hätte, warum das alles so über einen gekommen ist, ohne das man was dazu konnte, oder ob man Verantwortung für sein Leben übernehmen möchte. Wem dazu nur einfällt, mir zu raten, doch in die FDP zu gehen, dem ist von mir zumindest nicht zu helfen.
>>statt sich ans politik-schnitzen zu machen, holz zu sägen bekommen, wäre uns viel geschichte erspart worden.<<
Das mag stimmen. Würden einige Polit-Profis Holz sägen oder spalten statt Politik zu machen, könnte von den Lohnabhängigen und KleinunternehmerInnen Schaden abwendet werden, insbesondere jetzt, wo die Wirtschaftliberalen unter den mandatierten so schnell als möglich die Mehrwertschaffung wieder in Gang setzen wollen.
Ich las von Madonna, die in der Badewanne sitzend davon sprach, dass Covid-19 uns gleich macht. Was für ein Unsinn im Grenzbereich zum zynischen Schwachsinn. Danke für diesen Artikel!
"oder ob man Verantwortung für sein Leben übernehmen möchte"
O.k., wenn nicht die FDP-Variante, welche dann ( bezüglich des "Wie")?
"Verantwortung für sein Leben übernehmen"
Und Du meinst wirklich, dieser Satz (so allein stehend) hebt sich (in Deinem Sinne) sinnstiftend von der anklagenden Situationsbeschreibung von (z.B. einer) Frau Koester ab?
"dass die Differenz zwischen Individuum und Gesellschaft, auf der Freud seine Thesen gründet, natürlich auch bezweifelt werden kann, die kritische Psychologie, um Holzkamp und andere, tut das. Deren Theorie ist in etwa, dass der zu sich selbst erwachende Mensch, sich stets und vornehmlich als Teil der Gesellschaft empfinden wird."
"Der sich zu sich selbst erwachende Mensch, sich stets und vornehmlich als Teil der Gesellschaft empfinden wird."
Wie und durch was erwacht denn der Mensch? Auch wenn ich (natürlich) Teil eines Ganzen bin, kann (muss!) ich es kritisieren (dürfen).
Wie Du hierüber denkst:
"Freud ist mehr als ein scharfsinniger Beobachter der bürgerlichen Welt; er interpretiert sie auch. In seiner Deutung gerinnt die Unfreiheit zur anthropologischen Invariante. Er erklärt gesellschaftlich bedingte psychische Züge der Menschen zu natürlichen Wesensarten. Durch diese Anthropologisierung verfestigen, verhärten sich diese Züge und werden der Veränderung unzugänglich."
...kann ich mir fast schon denken.
Quelle: https://www.conne-island.de/nf/154/20.html
"Ich stehe relativ offensichtlich dafür, den Blick auf Inneres zu richten, nicht um dort zu verweilen, sondern um bessere Lösungen zu finden. Die diskutiere ich ja auch gerne und ausgeprägt, wann immer jemand Lust dazu hat. Das ist nicht so oft der Fall, die meisten sind und bleiben auf Äußerliches fixiert, eine schleichende Selbstentmündigung, die wir m.E. knapp 250 Jahren Materialismus zu verdanken haben"
Inneres versus Äusseres? Dialektik/Zusammenhänge?
Selbstentmündigung durch Materialismus (welchen genau meinst Du?) ? Vorher waren die Menschen "mündiger"?
*****
"Zack vertritt diese Einstellung gerne, weicht dann aber Diskussionen aus."
Nimm lieber mal Stellung zu Deinen jüngsten Scheiß auf Deinen eigenen Blog, anstatt hier unbeteiligte Leuts über Bande anzupinkeln und Lügen zu verbreiten.
Hast Du sie noch alle?
Peng! *****
Das ist nicht so einmalig, wie es aussieht. Hier sind die hilflosesten der Armen wieder einmal die ERSTEN auf deren Rücken, wie auf allen Schlachtfeldern gewohnt, die Kriege ausgetragen werden!
Die kollektiefe Empfindung ist eine Erfindung der kollektiven Gruppen der Nutznießer. Kennt Herr Bude Krankenhäuser, in denen es keine Privatbehandlungen und Privatstationen gibt? Herr Bude sollte tiefergehend denken. Die Ungleichheit ist ein anmaßend naturgegebenes Recht des Reichtums.
Auf den Intensivstationen gibt es keine menschenunwürdige spezifische Behandlung. Aber oft unvorstellbares Leid, incl.für das allzuoft überforderte Personal.
Die Gleichheit der Menschenwürde erfordert die Achtung, die die kollektive Empfindung in individueller Selbstverständlichkeit begreifen müsste. Aber das sind Sozialkosten und deshalb sozialistisch und nicht mit den selbstverständlichen Kriegsanleihen gleichzusetzen.
Als kleinen Einstieg in die erforderliche Humanität möchte ich vorschlagen, die raren vorhandenen Gesichtsmasken vorrangig den Menschen zu geben, die bereits infiziert sind, und den laufend beruflich gefärdeten Anderen damit sie so gut wie möglich geschützt werden .
Der Schutzeffekt müsste so logisch größer sein. Es werden auch nicht alle Menschen mit einer solchen Schutzmaske umgehen können. Die Gefahr geht vorrangig vom Sender aus und das sind eher weniger als die Empfänger des Virus.
„O.k., wenn nicht die FDP-Variante, welche dann ( bezüglich des "Wie")?“
+
„Und Du meinst wirklich, dieser Satz (so allein stehend) hebt sich (in Deinem Sinne) sinnstiftend von der anklagenden Situationsbeschreibung von (z.B. einer) Frau Koester ab?“
Das hat sich ja im Verlauf der Diskussion ergeben, ich habe keinen Artikel drüber geschrieben. Hier käme natürlich das Kleingedruckte und jeweils Individuelle, das Prinzip hieße bei mir aber immer Rücknahme der Projektion. Dadurch eine Aufgabe der r e i n e n Opferrolle. Das ist aber nichts nach dem Gießkannenprinzip, d.h., Brunnen, Schuen und Mindestlohn schließt das nicht aus. Wenn Du es (dann allerdings ziemlich) ausführlich willst, der link den ich letztens an Biene schickte, enthält die Idee. (Ich bin aber nicht gekränkt, wenn Du es nicht liest.)
„Wie und durch was erwacht denn der Mensch? Auch wenn ich (natürlich) Teil eines Ganzen bin, kann (muss!) ich es kritisieren (dürfen).“
Das ist nicht meine Idee, sondern Holzkamps. Hier. Etwas sperrig, aber kenntnisreich, zuweilen kluge Ideen, unterm Strich nicht meins.
„Wie Du hierüber denkst:
"Freud ist mehr als ein scharfsinniger Beobachter der bürgerlichen Welt; er interpretiert sie auch. In seiner Deutung gerinnt die Unfreiheit zur anthropologischen Invariante. Er erklärt gesellschaftlich bedingte psychische Züge der Menschen zu natürlichen Wesensarten. Durch diese Anthropologisierung verfestigen, verhärten sich diese Züge und werden der Veränderung unzugänglich."
...kann ich mir fast schon denken.“
Ja, halte ich für falsch.
„Selbstentmündigung durch Materialismus (welchen genau meinst Du?) ? Vorher waren die Menschen "mündiger"?“
Selbstentmündigung, durch viele kleine Schritte, die ich jetzt nicht ausführen will. Mein Vorschlag ist, lass uns anders herum anfangen. Mein (aber nicht nur meine) krude These ist, dass sich kaum noch jemand findet, der nicht aktiv von sich behauptet, ein Opfer von Umständen zu sein, für die er nichts kann, zu denen er nie befragt wurde und an denen er folglich auch nichts ändern kann. Würdest Du dem zustimmen? Hier im Beitrag von Frau Koester sind ja nun wieder zahlreiche Vertreter aufgeführt.
Ihr Beitrag sagt uns, dass Sie eher nicht zu den kollektiv Empfindenten zählen. Dagegen kann Frau Koester sich zu ihrem humanen Status, von Ihnen mit "sozialen Status" diskriminierend beurteilt, bekennen.
Und welche Leidensgeschichte prägt Sie fortgesetzt?
»(…) aber von da kommt man schnell ins Lebenspraktische, die Frage lautet dann nämlich, ob man gerne ein weiteres Dutzend Ausreden hätte, warum das alles so über einen gekommen ist, ohne das man was dazu konnte, oder ob man Verantwortung für sein Leben übernehmen möchte.«
Ich glaube, dass man mit der allenthalben gepredigten Selbstverantwortungs-Ethik den Dingen – und vor allem: den Schicksalen sehr vieler Menschen – nicht gerecht wird. Da lässt sich vom kommoden Loft (oder dem aufgekauften und im Country Style hochsanierten Haus auf dem Land) gut drüber philosophieren – vor allem, wenn man zum Ambiente noch den passenden Job hat. In den Gefilden, die von den strukturell ungleich verteilten Gütern vorzugsweise das Wenige und die dazugehörige Repression abbekommen haben, sieht das anders aus – beispielsweise bei Solo-Selbständigen, die aufstocken müssen und von den staatlichen Institutionen systematischen Auspauper- und Zermürbungsprozessen unterzogen werden. (Meine Behauptung: dass die früh abkratzen, ist staatlicher Plan.)
Das klingt plakativ, erstmal; sicherlich. Wenn du allerdings in realitas entsprechende Betroffene mitkriegst (oft an der Schwelle zur Rente, sprich: Altersarmut) mit ihrer Historie an sinnlosen Maßnahmen, Sanktionen, Wohnungen, die zwangsgekündigt wurden, zerbrochenen Beziehungen, ebenfalls längst abhandengekommenen Rest-Restillusionen und sicher auch den Macken, die im Lauf des erlittenen sozialstaatlich verbrämten Staats-Terrors hinzugekommen sind, würde dir das Wort von der »Eigenverantwortung« vermutlich selbst im Hals stecken bleiben.
Ebenda die Frauen, teils mit, teils ohne Kinder, die »dank« Corona nun mit ihren häuslichen Despoten in einer Zwangsgemeinschaft stecken oder durch sonstige Willkür unserer modernen Institutionen plötzlich vor Aussichten stehen, die denen von Drittweltländern gar nicht mehr so unähnlich sind – da geht einem in Bezug auf die Zukunft unserer Kinder und der Beiträge, die sie in Zukunft erwirtschaften sollen, doch das rosafarbene Bonbonherz auf. Sicher gibt es grundsätzlich auch Eigenverantwortung – man kann sich fit halten, Interessen pflegen, auf seine Süchte achten. Aber das war’s im Wesentlichen schon. Was bleibt, ist die durch nichts gerechtfertigte soziale Schieflage. Von der ich ebenfalls nicht glaube, dass sie durch gutes Zureden abgewendet oder entschärft werden kann. Roundabout denke oder befürchte ich, dass zur Lösung ebendieser Frage am Ende Formen von Druck aufgebaut werden müssen, die sich nur schwer mit den Vorstellungen von Schöngeistern und Philosophen vereinbaren lassen.
Die Alten waren da konsequenter. Marx und Engels etwa wußten, dass ihre Klassenrolle als Angehörige der Boheme mit der Errichtung des Arbeiterstaats obsolet werden würde. Eine Einsicht, die sie NICHT davon abgehalten hat, das, was sie als nötig erachteten, auch zu propagieren.
da hätt ich schon Ideen:
17.3.2020 gw/ ´Virusopfer´ Weltwirtschaft ?
28.3.2020 gw/ Crash hoch 3 – ein Bürger/innen-Fang-Boden muss her !
pardon, ist falsch gelandet!
da hätt ich schon Ideen:
17.3.2020 gw/ ´Virusopfer´ Weltwirtschaft ?
28.3.2020 gw/ Crash hoch 3 – ein Bürger/innen-Fang-Boden muss her !
"Mein (aber nicht nur meine) krude These ist, dass sich kaum noch jemand findet, der nicht aktiv von sich behauptet, ein Opfer von Umständen zu sein, für die er nichts kann, zu denen er nie befragt wurde und an denen er folglich auch nichts ändern kann. Würdest Du dem zustimmen?"
Jain. Die meisten Menschen mögen über Dinge/Umstände klagen (Kindheit,sozialer Status, als ungerecht empfundene Zustände ect.ect.), sich aber eher selten direkt als "Opfer" titulieren.
Deine rhetorische Frage geht in die Richtung: Du kannst die Umstände, die Du beklagst, (sowieso) nicht (mehr) ändern. Nur Deine Einstellung dazu und den Umgang mit ihnen.
Richtig?
Was kann passieren, wenn Menschen
- mit Gewalt isoliert und zur Verzweiflung gebracht werden,
- ohne Einverständnis Kontaktverbot aufgezwungen wird,
- wie Kriminelle behandelt (Handy-Ortung, eigene oder von Familienangehörigen und Verwandten) werden
∑ Also wenn Menschen ihre Menschenrechte/Grundrechte genommen werden?
= >
1) Z.B. „Auge um Auge ≈ Bestraffung für Unrecht“ (gem. d. alten Testament). „Eine unfassbare Attacke erlebte ein Sanitäter in England: Als er zu Hilfe gerufen wurde, hustete ihn ein anderer Corona-Patient einfach mitten ins Gesicht.“
https://www.derwesten.de/panorama/vermischtes/coronavirus-coronakrise-covid-19-corona-zahlen-tote-infizierte-symptome-deutschland-europa-italien-eu-news-klaus-wowereit-joern-kubicki-id228686513.html
2) Außerdem können solche Menschen sich selber etwas antun.
"... nicht zu den kollektiv Empfindenten zählen."
Das bewerte ich allerdings nicht als (abschätzige) Positionierung, sondern als Auszeichnung in Richtung der Adresse @Lacrima.
"...dass zur Lösung ebendieser Frage am Ende Formen von Druck aufgebaut werden müssen, die sich nur schwer mit den Vorstellungen von Schöngeistern und Philosophen vereinbaren lassen."
Das genau ist es, worauf es ankommt. Man sollte jetzt die Zeit nutzen, um solidarische Zusammenhänge aufzubauen, die nach Aufhebung der Versammlungsverbote für politisches Handeln nützlich sein können.
Jede nachgeholte Trauerfeier könnte zur Demonstration gegen das privatisierte Gesundheitswesen werden. Nur so als Beispiel.
Kein Problem, ich habe das nur aus Deinen Kommentaren der Vergnagheit abgeleitet. Ich nehme aber zur Kenntnis, dass Du psychotherapeutische Diagnostik nicht für stigmatisierend und demoralisierend hältst.
„Ich glaube, dass man mit der allenthalben gepredigten Selbstverantwortungs-Ethik den Dingen – und vor allem: den Schicksalen sehr vieler Menschen – nicht gerecht wird.“
Das ist keine Ethik, weil dahinter kein „Du sollst“ steht, auch kein ethisches Prinzip, sondern eher eine psychotherapeutische Praktik. Da gilt natürlich, dass man nicht jeden auf die Couch legen kann, das muss man aber auch nicht. Man sollte es tun, bei Menschen, die es sehr hart erwischt hat und die, ohne zu wissen, warum, immer wieder in dasselbe Muster fallen, z.B. Menschen, die unausgesetzt Gewalt erfahren haben, aber immer wieder auf Menschen stoßen, die ihnen erneut Gewalt antun. Man muss und kann verstehen, warum das so ist und warum man es ändern muss.
Ist fast, wie bei den aktuell diskutierten Infektionsketten, man kann und sollte, wo immer es geht, auch diese Kette unterbrechen, weil sie sehr sicher tradiert werden. Die Opfer von gestern sind leider häufiger als man denken sollte (der Normalverstand sagt, dass gerade sie es besser wissen müssten), die Täter von morgen. Nicht immer so deutlich und auf die identische Art, aber es ist erschreckend häufig. Dieses Muster wird auf die nächste Generation weiter gegeben und so fort, bis der Bann mal gebrochen ist. Das kann man.
Ansonsten ist Dein Beitrag ja einer, der dem üblichen Muster folgt. Tenor: Man schon sein, dass das was für eine Elite ist, die Zeit und Geld für 1000 Stunden Therapie hat, aber eben nichts für die Armen, die wieder mal in die Röhre gucken. Nein, falsch und gerade genau jene Verstärkung der Geschichte die ich anprangere. Es gibt zahlreiche Varianten der Geschichte, dass man sicher gerne würde, aber leider hat sich die Welt gegen einen verschworen.
Und dann geht es los, bis zu dem Punkt, an dem man immer wütender argumentiert wird, dass es eben Menschen gibt, die es besonders schwer haben und die man mit Psychoscheißdreck gefälligst in Ruhe lassen soll, statt dessen bräuchten diese Menschen, Schutz, Hilfe und Zuspruch, am Ende läuft es darauf hinaus, dass diejenigen die größten Feinde der Opfer sind, die diesen erzählen wollen, dass sie selbst etwas für sich tun können.
Insofern danke, weil die Antwort typisch ist und weil das auch kluge Menschen wie Du, ganz natürlich und selbstverständlich finden. Aber, das Unbewusste ist in vielen Aspekten kontraintuitiv, das macht es ja auf den ersten und auch zweiten Blick so schwierig, die Mechanismen zu verstehen. Aber schwierig heißt nicht, dass es unmöglich ist und da man nicht jeden auf die Couch legen kann, müssen andere Wege gefunden werden, um das Muster durchschaubar zu machen. Das geht, für Härtefälle ist dann immer noch Therapie das Mittel der Wahl. Für die Mehrheit, die diesem Muster ebenfalls unterliegen, ist es gut, wenn es immer mehr Menschen durchschauen. Wenn man das tut, hat man augenblicklich selbst ein Werkzeug in der Hand, was man einsetzen kann, sofern man möchte.
man muss ja den Kapitalismus nicht abschaffen. China hat den z.B. ganz gut im Griff auch wenn das dem "Wertewesten" nicht schmeckt und er mit seiner Lobby und gleichgeschalteten Medien täglich dagegen wettert.
Endlich mal wieder sozialdemokratische Werte. Eine Erhöhung des Mindestlohns, Erhöhung von Hartz 4, endlich eine anständige Bezahlung von Pflegern, Verkäufern etc. von Dankeschön kann sich keiner was kaufen
Sogar der neoliberale Schwachkopf Macron hat eingesehen, dass Gesundheit keine Ware ist.
Wo sehen Sie persönlich denn die Vorteile, z.B. Krankenhäuser zu reduzieren wie es die Bertelsmann-Stiftung vorschlug? Was finden Sie denn so grandios an der Zerstörung des Sozialstaates zugunsten weniger Profiteure? Hängen Sie etwa immer noch der Fabel vom amerikanischen Traum nach, nach der jeder seines eigenen Glückes Schmied ist? Sieht man doch in Amerika, was mit Leuten passiert, die sich nicht mal eine Gesundheitsversicherung leisten könnnen. Aber egal, Hauptsache man ist "frei" und "weltoffen", auch wenn damit nur gemeint ist, dass Großkonzerne schnell ihre Gelder in Steueroasen schieben können.
Die Krise zeigt, dass für Sozialstaat, Justiz und Infrastruktur stets Geld dagewesen wäre. Nur gibt es halt nur eine Lobby für Superreiche und NATO-Kriegstreiber, für die Armen halt nicht.
Was diesen Aspekt angeht, glaube ich, dass man kreative Wege finden kann und wird, ich bin aber nicht kompentent, die einzelnen Maßnahmen beurteilen zu können, da wissen Sie sicher viel mehr als ich.
Ihre Hinweise beziehen sich ja auch etwas, was die Gesellschaft oder Politik tun kann, mein Ansatz zielt auf das ab, was - mit Unterstützung - höchstpersönlich getan werden kann, ich erwähne gerne und ausdrücklich, dass sich beides nicht ausschließt, sondern ergänzt.
Ich weiß leider nicht genau, auf welche meiner Aussagen sich Deine Ausführungen beziehen. Hast Du mich da vielleicht versehentlich als falschen Adressaten gewählt?
„Deine rhetorische Frage geht in die Richtung: Du kannst die Umstände, die Du beklagst, (sowieso) nicht (mehr) ändern. Nur Deine Einstellung dazu und den Umgang mit ihnen.
Richtig?“
Nein, es geht nicht darum, zu akzeptieren, was ist und dann gut motiviert und tapfer weiter zu machen, das wäre nun in jeder Hinsicht deutlich zu platt. Es geht um eine Rücknahme von Projektionen.
Dazu muss man erst mal wissen, was Projektionen sind, welche normal und welche prekär sind und wie man dann ggf. mit ihnen umgehen kann.
Das beinhaltet dann auch Einstellungen wie: 'Das kann keine Projektion sein, alle die ich kenne – darunter kluge Leute – sind der gleichen Meinung wie ich.'
Es gibt nicht irgendwo da drinnen im Kopf 'meine Psyche' und dann da draußen 'die Welt' oder gar noch 'die reale Welt', weil man das, was man erlebt, stets für real hält. Es gibt aber Teile der Welt, die wir nicht sehen, etwa unser Gesicht, dafür nehmen wir einen Spiegel, oder wir hören uns die Sichtweise anderer an, die anders als unsere eigene sein kann.
Das alles ist gut und richtig. Man kann aber auch in sich schauen. Viele Ansichten kann man verstehen und teilen, auch wenn es nicht ganz die eigenen sind, aber man kapiert, dass andere es so sehen können, ohne Widerstände. Anderes hingegen macht einen wütend oder man ist fassungslos. Wenn einen nun auch noch das, was einfach nicht fassen kann, geradezu verfolgt und man denkt, es sei doch nun vollkommen klar, dass das – genau das – das Grundproblem überhaupt ist und dann noch auf andere trifft, die dies nicht sehen wollen oder geradezu verharmlosen, dann ist man im Bereich, wo der eigene Schatten beginnt.
Der sagt immer: 'Ich bin so nicht, aber die anderen, warum sieht das nur keiner?' Das sind jene Projektionen die man dann sehr genau anschaut. Kann sein, man ist der Einzige, der diese Themen problematisch findet (was höchst selten ist), in aller Regel projiziert man Themen, die auch gesellschaftlich belastet sind und allgemein projiziert werden. Sex, Macht, Aggression, Gier, Neid, Hass, Geiz, Manipulation … Aber es hilft mir kein Stück, wenn ich weiß, dass mein Nachbar auch dies oder das projiziert.
Wenn ich davon profitieren will, kann ich es immer nur selbst anschauen, das ist aber mit dem Essen genau so. Wenn ich sehe, wie der Nachbar isst, werde ich nicht satt.
Wenn ich sage, dass sich so gut wie jeder als Opfer sieht, dann meine ich nicht, dass man sich hinstellt und explizit so bezeichnet, aber ich meine, dass man Erklärungen dafür sucht und findet, wer daran Schuld ist, dass mein Leben so gelaufen ist, wie es gelaufen ist. Kaum überspitzt gesagt, kommt einer bei den Schuldigen nie vor: Man selbst. Mal waren es die Eltern, dann die Viren, dann die Zeitumstände, dann die Lehrer oder der Chef. Nun geht es aber nicht darum, sich selbst ein Büßergewandt anzuziehen und zu sagen, man habe Strafe verdient, es geht um eine Aufdecken von Mustern, bei denen man verstehen kann, wie sie zustande kommen und wirken, wenn man es will. Zumindest aber, kann man, will man sich relevanten Projektionen nähern – Projektionen oder Externalisierungen gehören ansonsten zum normalen Alltag, Introjektionen oder Internalisierungen ebenso, das alles ist nicht irgendwo von der Welt oder Realität getrennt, sondern der einzige Weg wie wir Realität erfahren – wenn man verstanden hat, woran man sie erkennt und wie man sich ihnen kreativ und konstruktiv nähern kann.
»Das ist keine Ethik, weil dahinter kein ›Du sollst‹ steht, auch kein ethisches Prinzip, sondern eher eine psychotherapeutische Praktik. (…)«
Sorry, aber psychotherapeutische Aspekte waren bei mir Null Thema. Extrem verkürzt und ganz grundsätzlich gesprochen ist meine Haltung die, dass ohne Egalisierung der sozialen Schere alles bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann. Dass Einzelinterventionen (sicher auch psychotherapeutischer oder sozialarbeiterischer Art) hilfreich sein können und umgekehrt (auch) unter den Erniedrigten und Beleidigten jede Menge A********** rumlaufen, ist klar. Vorbei geht diese Blickwarte jedoch am Hauptschalter, der umgelegt werden muß, bevor alles besser werden kann: die Verdinglichung von Menschen zu Profitzwecken.
Ansonsten will ich an der Stelle gar nicht groß ins Detail gehen. Ein wesentlicher Aspekt wurde die Tage ja auch von dir konstant (und zu Recht) aufgeführt: die arbeits-, lohn- und sicherheitstechnisch unhaltbare Position derjenigen, die an der Gesundheitsfront derzeit ihr Bestes geben. Darüber hinaus ist (auch) »der Freitag« derzeit voll mit Beiträgen, die unterschiedliche Aspekte ebendieses sozialen Gefälles unter den Aspekten der aktuellen Krise thematisieren (meiner Meinung nach: ebenfalls zu Recht).
Über diese Fragen wird – unter anderem – in diesem Forum diskutiert. Sicher heterogen, was auch sein Gutes hat. Allerdings: Beschweigen oder beschönigen, dass die soziale Situation derzeit hochbrisant ist, kann kaum der Sinn des Bemühens sein (abgesehen davon, dass bei den Wirtschaftsverbänden derzeit hochbezahlte Leute Schlange stehen, die ebendiesen Job machen – ich habe noch vor 15 Minuten eine Werbemail von einem Wirtschaftsinstitut bekommen mit 12 Vorschlägen, wie man Mitarbeiter »rechtssicher« freisetzen kann).
In dem Sinn: Kann mit »untypischen« Antworten da kaum dienen. Die Malaise ist eben einfach, wie sie ist.
"man muss ja den Kapitalismus nicht abschaffen. China hat den z.B. ganz gut im Griff auch wenn das dem "Wertewesten" nicht schmeckt und er mit seiner Lobby und gleichgeschalteten Medien täglich dagegen wettert.
Endlich mal wieder sozialdemokratische Werte. Eine Erhöhung des Mindestlohns, Erhöhung von Hartz 4, endlich eine anständige Bezahlung von Pflegern, Verkäufern etc. von Dankeschön kann sich keiner was kaufen"
Ja, sowas wie soziale Markwirtschaft, neuerdings auch im Freitag propagiert.
"Wo sehen Sie persönlich denn die Vorteile, z.B. Krankenhäuser zu reduzieren wie es die Bertelsmann-Stiftung vorschlug?"
Nirgendwo. Ich kritisiere das ständig.
"Was finden Sie denn so grandios an der Zerstörung des Sozialstaates zugunsten weniger Profiteure?"
Nichts, vertrete das aber auch nicht.
"Hängen Sie etwa immer noch der Fabel vom amerikanischen Traum nach, nach der jeder seines eigenen Glückes Schmied ist?"
Ja. Wobei sich das in meiner Version nicht auf Kohle bezieht. Aber dass man am eigenen Leben, in Hinblick auf ein Gelingen oder Misslingen erheblich beteiligt ist, sollte nicht so schwer zu erkennen sein, oder?
"Die Krise zeigt, dass für Sozialstaat, Justiz und Infrastruktur stets Geld dagewesen wäre. Nur gibt es halt nur eine Lobby für Superreiche und NATO-Kriegstreiber, für die Armen halt nicht."
Hat die NATO ganz direkt etwas mit Ihrem persönlichen Leben zu tun?
- ja, die "verdinglichung" der menschen, auch noch im k-system!
ein schwebender hammer in der ideal-philosophischen cloud,
die über die "ent-äußerung" des produzenten in seinem produkt,
ein schlüssel-wort zum "unbehagen in der kultur" geworden ist.
und nach emanzipatorischem impetus: abgeschafft gehört
(als wäre das in reich-weite).
- erinnern wir uns ans alte wort: "sich verdingen" als :
seine arbeits-kraft/sein vermögen, zur reichtums-produktion beizutragen,
auf einem markt/einem zahlungs-fähigen nach-frager anzubieten,
um damit geld-wertes zum lebens-unterhalt zu erlangen.
und lenken wir unsere aufmerksamkeit:
auf das präzise erkennen der besonderen umstände/arbeits-bedingungen
von engagements dieser art.
Wenn Sie mich, eine der Anderen, aufklären, welche Art Spezies Sie meinen und was Sie mit der Weisheit (männlich/weiblich/deutsch) begründen möchten, kann ich über die Klugheit der anderen Artgenossen Ihrer Spezies nachdenken. Wissen allein ist nicht die Klugheit.
Die "Dummheit der Artgenossen" ist für mich nicht akzeptabel und die Ironie der Sprache "Die Hölle sind die anderen" erweitere ich gerne mit dem kleinen Wörtchen "immer".
Ob die NATO was mit meinem Leben zu tun hat ist völlig egal, sie hat das Leben von Millonen von Menschen zerstört, zwang sie zur Flucht oder zog Sanktionen des "Wertewestens" z.B. gegen Syrien und Russland nach sich. Außerdem sind Verteidigungsausgaben stets kritisch zu beurteilen, insbesondere wenn man sie für die Profitgier und Regime-Change Absichten der USA erhöht. Dieses Geld ist in Gesundheit oder Infrastruktur besser investiert und betrifft mich damit zumindest indirekt. Wann wird eigentlich der Bürger von der Politik mal gefragt, ob er eine Aufrüstung wünscht? Hassen 100% der EU-Bürger Russland, Venezuela, Assad, China etc wirklich so sehr wie das täglich von den "Qualitätsmedien" vorgegaukelt und vorgegeben wird?
Erheblich beteiligt? Ich z.B. stamme aus einer Familie der DDR, meine Eltern verloren ihren Job durch die Wende. Mein Vater ist gewalttätig, langzeitarbeitslos und am Ende. Es fiel mir schwer, überhaupt in der Schule mitzukommen, wo ich gemobbt wurde und dadurch vor Schule und zuhause gleichermaßen Angst hatte. Ich schaffte grade so die Realschule, machte erst eine Lehre als Automechaniker wo ich noch zuhause wohnte. Aufgrund von Rückenleiden konnte ich durch die katholische Kirche auf Büro umschulen. Jetzt habe ich einen Mindestlohnjob als Bürohelfer, mehr kann es nicht werden, da ich immer noch unbehandelte Störungssymptome (posttraumatische Belastungsstörung) habe. Hilfe vom Staat während meiner Jugend? Hilfe vom freien Markt? Null. Hilfe vom Staat, wenn die "systemrelevanten" Zocker-Banken Geld verlieren? Aber sicher!
Die wenigsten Menschen sind an ihrer Armut selbst schuld und trotzdem werden die Ärmsten gegen die Armen ausgespielt, mit menschenunwürdigen Hartz 4-Sätzen zur Selbstausbeutung gezwungen, der Mindestlohn im EU-Vergleich der niedrigste. Unsere agressive Export-Politik schadet übrigens den anderen EU-Staaten sehr massiv
„Vorbei geht diese Blickwarte jedoch am Hauptschalter, der umgelegt werden muß, bevor alles besser werden kann: die Verdinglichung von Menschen zu Profitzwecken.“
Nein, geht sie nicht, wieso denn? Doch nur, wenn man einen künstlichen Graben gräbt, der so aussieht, dass jeder, der sich um sich kümmert, damit nichts für andere tut. Wer bei Corona sich schützt, schützt gleichzeitig andere. Wer sein eigenes Muster kennt, muss es nicht mehr agieren und schützt andere, kann damit sogar Ketten unterbrechen, die seit mehreren Generationen laufen und das heißt konkret, mehrere kommende Generationen schützen.
Gleichzeitig geht man aber auch anders mit anderen um, wenn man Projektionen erkennt und anders heißt klipp und klar, besser. Denn, wie bei Corona, gibt es auch hier Superspreader, man stelle sich vor, was ein sadistischer Lehrer anrichten kann, der im Laufe seiner Karriere 1000 Kinder drangsalieren kann.
Wenn wir Muster bei uns erkennen, erkennen wir sie besser bei anderen. Wir können besser darauf reagieren, dass alles ist nicht antisozial, sondern hoch sozial. Der umgekehrte Weg ist auch möglich, erst mal die Umgebung zu verbessern, je nach dem, was man vorfindet. Ob Krieg beenden, Brunnen bohren, Schulen bauen, genügend Geld für die Basics, alles super, aber da man auch im Luxus und mit Macht depressiv oder paranoid sein kann, ist das Außen allein kein Garant für die eigene entspannte Zufriedenheit. Da gibt es Bettelmönche, die um Längen weiter sind, aber Zufriedenheit hängt nicht zentral mit den äußeren Umständen zusammen.
„Ansonsten will ich an der Stelle gar nicht groß ins Detail gehen. Ein wesentlicher Aspekt wurde die Tage ja auch von dir konstant (und zu Recht) aufgeführt: die arbeits-, lohn- und sicherheitstechnisch unhaltbare Position derjenigen, die an der Gesundheitsfront derzeit ihr Bestes geben. Darüber hinaus ist (auch) »der Freitag« derzeit voll mit Beiträgen, die unterschiedliche Aspekte ebendieses sozialen Gefälles unter den Aspekten der aktuellen Krise thematisieren (meiner Meinung nach: ebenfalls zu Recht).“
Ich finde das auch alles richtig, und damit meine ich auch richtig, nicht falsch, oder doof, oder lächerlich, nein, es ist richtig und gut. Er ersetzt aber in keiner Weise – und auch das meine ich ernst – diesen anderen, parallelen Ansatz, der immer nur bei mir beginnen und enden kann. Man kann jederzeit damit beginnen.
„In dem Sinn: Kann mit »untypischen« Antworten da kaum dienen. Die Malaise ist eben einfach, wie sie ist.“
Ist nicht schlimm, denn der Aspekt ist ja weiterhin wichtig, Es ist nur so, dass man sich nicht darüber zu streiten braucht ob Essen oder Trinken wichtig ist, man braucht einfach beides. Und der Glaube, man würde automatisch zufrieden bis glücklich, wenn man nur reich ist, ist schon oft genug als Irrglaube entlarvt worden, man denkt nur – das ist menschlich – man selbst sei die Ausnahme.
Aber auch das heißt nicht, dass Zufriedenheit mit Armut korreliert.
Politische Diskussionen interessieren mich persönlich nicht und gehen auch an dem vorbei, worüber ich gerade schreibe. Wer sich dafür interessiert, soll das tun, aber an der Stelle ist Politik das exakte Gegenteil dessen, um was es geht.
Ihre private Geschichte ist allerdings hoch relevant dafür, an ihr kann man die Muster sehen, die sich ggf. auf Ihr Leben auswirken mit diesen kann man arbeiten. Darum geht es mir. Das schließt eine finanzielle Unterstützung und andere Hilfen, die Sie oder irgendwer brauchen, ausdrücklich nicht aus.
Armut ist nicht der Aspekt, um den es mir geht. Noch weniger geht es darum jemandem zu suggerieren, er sei Schuld an dem, in was er geraten ist. Auf diese Formel wird es abr leider oft falsch verkürzt, dass es darum ginge, kranken, armen oder leidenden Menschen zu suggerieren, sie seien in dem was sie erleben, selbst Schuld. Mehr entstellen kann man die Idee eigentlich nicht. Das tun Sie nicht, aber es gibt andere, die das mit erheblicher ideologischer Wut machen.
Na soweit ist die Idee vom "amerikanischen Traum", "freien Markt" etc. nicht von der Schuldzuweisung an arme Menschen an ihrer Situation entfernt. Ich soll ja aus diesem Standpunkt der neoliberalen Ideologie aus dem mir Gegebenen das Beste machen. Das ich aber das Gegebene nicht beeinflussen kann und es mich an sozialem Aufstieg hindert, weil es mich in meinem Wesen, Denken und Handeln beeinflusst hat, Ängste erzeugt hat, meine politische und gesellschaftliche Denkweise dabei verändert hat, wird nicht berücksichtigt.
Und während meiner "Selbstverwirklichung" soll ich keine Rücksicht auf andere nehmen, die evtl. in noch schlechteren Gegebenheiten geboren sind oder unverschuldet hineinfielen (ich finde diesbezüglich Ihren Standpunkt, nicht über die NATO zu diskutieren höchst fragwürdig, da das verursachte Leid trotz Lehren aus den ganzen fürchterlichen Kriegen von früher wieder weitergeht, nur diesmal mit der Begründung "humanitäre Gründe", was zutiefst zynisch ist. Aber ich möchte kein Moralapostel sein und nehme das ohne Vorwürfe hin).
Ich startete mit Autismus, Depression und Gewalt ins Leben. Dennoch muss ich für den Arbeitsmarkt perfekt sein, soll das alles ausblenden. Mich mit Mindestlohn und einem Zimmer zum Wohnen zufriedengeben. Sonst bleibt mir nur die Sozialhilfe, dann bin ich asozial und selbst schuld daran. Deshalb bin ich zumindest für Reformen innerhalb des Kapitalismus. Dies setzt erstmal voraus, dass diese Herrscharen an neoliberalen Think Tanks, Stiftungen, Beratern und Firmenanwälten die unsere Politiker belagern, verschwinden und die Demokratie mal zur Abwechslung eine wirkliche Demokratie ist. Um Lebenswege wie den Meinen zu verhindern bzw. abzumildern für spätere Generationen.
Maschinentext-Lesefähigkeit leider beschränkt.
Schicke Ihre Replik
jedoch bei Gelegenheit
durch den »Return«-Entfern-Editor.
„Na soweit ist die Idee vom "amerikanischen Traum", "freien Markt" etc. nicht von der Schuldzuweisung an arme Menschen an ihrer Situation entfernt. Ich soll ja aus diesem Standpunkt der neoliberalen Ideologie aus dem mir Gegebenen das Beste machen.“
+
„Und während meiner "Selbstverwirklichung" soll ich keine Rücksicht auf andere nehmen, die evtl. in noch schlechteren Gegebenheiten geboren sind ...“
+
„Ich startete mit Autismus, Depression und Gewalt ins Leben. Dennoch muss ich für den Arbeitsmarkt perfekt sein, soll das alles ausblenden.“
Ich habe ziemlich exakt das Gegenteil geschrieben. Ich kann nichts dazu, wie meine Worte bei Ihnen ankommen, aber wenn Sie sich die Mühe machen zu lesen, was ich tatsächlich geschrieben habe, können wir gerne weiter diskutieren. Wenn der Weg, den Sie am Vielversprechendsten finden, der der politischen Arbeit ist, ist das ja auch in Ordnung, es hat nur einfach nichts mit dem zu tun, worüber ich hier schreibe.
Aber noch mal: Der eine Aspekt macht den anderen nicht überflüssig, beide ergänzen einander ein Stück weit, ersetzen sich aber nicht. Man muss Essen und Atmen, man kann durch schnelleres Atmen aber nicht satt werden.
»Gleichzeitig geht man aber auch anders mit anderen um, wenn man Projektionen erkennt und anders heißt klipp und klar, besser. Denn, wie bei Corona, gibt es auch hier Superspreader, man stelle sich vor, was ein sadistischer Lehrer anrichten kann, der im Laufe seiner Karriere 1000 Kinder drangsalieren kann.«
Ich würde mal sagen, dass das Problem am besten dahingehend gelöst wird, indem man den Typ (als Lehrer) aus dem Verkehr zieht – nicht auf der Ebene des »Erkennens von Projektionen«.
Ansonsten erkläre ich mich im psychologischen Bereich gern als komplett unzuständig. Will heißen: Hobbykenntnisse, die für Küchenpsychologie ausreichen, habe ich vermutlich. Allerdings wende ich diese in eher dosierter, allgemeinkommunikativer Form an.
P. s.: Bei den härteren Tätervarianten (wie beispielsweise Killer von mexikanischen Drogensyndikaten) wird man à la longue kaum um »Wahrheitskommissionen« (wie in Südafrika) und ähnliche Einrichtungen herumkommen. Das an der Stelle nur als Klarstellung, dass ich kein unbedingter Freund altbiblischer Lösungen bin. Umgekehrt würde ich allerdings sehr darauf insistieren, dass derartige Probleme eine gesellschaftliche Lösung erfahren und nicht rein auf der Psycho-Schiene (oder der neoliberaler Ideologien wie der der »Eigenverantwortlichkeit«) abgehandelt werden.
Das könnte sein. Aber ich glaube, dass ich bei der Vielzahl der Denkanstöße beim Schreiben in eine andere Denkspur abtriftete und das kollektive Empfinden nicht als individuelle Empfindsamkeit verstehe. Sinngemäß sind beide Begriffe zu verstehen. So gelesen gibt es keinen falschen Adressaten und ich denke, dass siehst Du auch so? Dennoch, pardon.
„Ich würde mal sagen, dass das Problem am besten dahingehend gelöst wird, indem man den Typ (als Lehrer) aus dem Verkehr zieht – nicht auf der Ebene des »Erkennens von Projektionen«.“
Das würde ich auch sagen, aber wie erkennst Du denn solche Menschen? Es geht doch keiner hin, studiert Lehramt weil er Sadist ist und stellt sich beim Direx so vor: „Tach, bin der Horst, quäle gerne Kinder, wann kann ich anfangen?“ Nein, die übelsten Vögel sind gerissen und verunsichern selbst noch ihre Opfer, so dass die nicht mehr wissen, wo oben und unten ist.
Wie kriegt man es aber am besten schon vor der ersten Stunde raus, wie jemand gestrickt ist, wenn er doch so gut Deutsch und Erdkunde kann und so nett und engagiert ist? In einer Welt, in der man aufs Innere keinen Wert legt, weil alles Wohl und Weh von außen kommt?
„Bei den härteren Tätervarianten (wie beispielsweise Killer von mexikanischen Drogensyndikaten) wird man à la longue kaum um »Wahrheitskommissionen« (wie in Südafrika) und ähnliche Einrichtungen herumkommen.“
Die sind ja noch gut erkennbar. Was ist mit dem netten Onkel, der sich an Kindern vergeht? Der narzisstischen Vorgesetzten, die ihre Abteilung in den Sand setzt, weil sie alle kompetenten Berater entsorgt? Dem Anwalt, der genau weiß, wie weit er gehen kann und sein Umfeld manipulier? Mit dem korrupten Politiker, der doch nur tut, was die anderen auch tun würden? Die Multiplikatoren inmitten der Gesellschaft sind auch hier relevant.
Es kommt Dir aber auch nur vor, wie den allermeisten anderen auch, ein Thema, was man irgendwie achselzuckend zur Kenntnis nimmt, um es schnell wieder zu vergessen und sich dem zuzuwenden, was 'wirklich wichtig' ist. Der Welt da draußen. Psychokram rangiert bei uns irgendwo zwischen lächerlich und belanglos.
Ist aber tatsächlich nicht schlimm, ich bin da weder verbittert noch sonst was, ich habe das längst auf anderen Gebieten verarbeiten können und finde das Phänomen als solches dann schon wieder interessant.
Aber, mir erscheint es wichtig darauf hinzuweisen und der Trend ist m.E, auch historisch zu beobachten, darum mein Verweis auf den Siegeszug des Naturalismus, der uns viel Gutes gebracht hat, aber eben auch, eine Kinderkultur, in der sich biologisch Erwachsene wie Kleinkinder gebärden, irgendwo zwischen "Och Menno", Trotz, Egoismus und möglichst lebenslangen und umfassenden Versorgungswünschen.
Kein Problem, ich wusste nur einfach nicht, was ich antworten soll.
Um die Beschränktheit rein psychologischer Erklärungsansätze zu verdeutlichen, an der Stelle zur Verdeutlichung der Klassiker – der alkoholabhängige Obdachlose.
Die Tatsache, dass zumindest unter besser organisierten Obdachlosen Alkohol- und Drogenkonsum weitaus weniger eine tragende Rolle spielt als der Normalbürger gemeinhin annimmt (in Klartext: um das Leben »auf Platte« zu bewältigen ist »Saufen den ganzen Tag« – abgesehen von den beschränkten finanziellen Möglichkeiten – sowieso höchst unsinnvoll), gehe ich mal vom »klassischen« Fall aus: seit Jahren auf der Straße lebend, sozial, psychisch und auch medizinisch disparat; fortgeschrittene »Antriebslosigkeit« kombiniert mit Alkoholproblematik inklusive gesundheitlicher Folgeschäden (Leber usw.).
Was tun? Dass eine Therapie dem Mann (oder auch: der Frau) – selbst wenn es sie gäbe – allein wenig helfen würde, liegt auf der Hand. Zuallererst müssen da zwei Dinge geschaffen sein: a) eine unterstützende Struktur, b) Kohle (idealerweise, meine Meinung: ein garantiertes Grundeinkommen).
Struktur (Wohnung, eventuell ein Job) und Kohle würden einerseits zwar die (psychische) Grundproblematiken (dazu gleich mehr) nicht lösen. Richtig angewandt hätten sie allerdings einen stabilisierenden Faktor, der sich auch aufs Allgemeinbefinden auswirken würde. Begleitende Feinheiten (beispielsweise Alkohol- und Drogenverbote im Rahmen von betreuten WGs oder anderen Einrichtungen) sind in der begleitenden Sozialarbeit schon seit langem gäbe. Königsweg hier ist (ähnlich wie in der Corona-Krise), dass am besten heterogen aufgestellte Maßnahmen »wirken« – und die Einsicht, dass es »den« Königsweg da nicht gibt.
Typischerweise knabbert der Mann / die Frau an einem ganzen Bündel strukturell bedingter Ausgrenzungs- und Auspauperungserfahrungen – von schikanierenden Erfahrungen mit diversen Ordnungsorganen (Polizei, Wachdienste usw.) über bürokratische Sich-Nicht-Zuständigkeitserklärungen bis hin zu denen, aufgrund er oder sie eben obdachlos geworden ist. Summa summarum wird man hier eben immer ein Bündel von Entscheidungen und Maßnahmen antreffen, die im Endeffekt in die Richtung zielen, X oder Y in die Gosse zu befördern.
Ich will diesen Mechanismus an der Stelle nicht weiter feinausführen. In der Summe sind es jedoch genau diese Disparitäten, die dazu geführt haben, dass Sozialverbände schon seit Jahren Sturm laufen gegen die neoliberale Sparpolitik, Mieterinitiativen sich erheben für das Recht auf (bezahlbaren) Wohnraum, andere Sozialinitiativen für das Recht auf schikanefreies Grundeinkommen und Gewerkschaften und Jobberinitiativen schließlich für Löhne, die zum Leben reichen. Will heißen: Sicher kann man psychologisch Einiges erklären. Allerdings: Wenn die psychologischen Wissenschaften sich dazu aufschwingen, alles erklären zu wollen und zu können, haben wir es nicht mehr mit Wissenschaft zu tun, sondern mit Ideologie.
Meines Erachtens einer sehr marktradikalen – oder zumindest mit dem Marktradikalismus bestens kompatiblen – Ideologie.
Nun die Politik hat wohl den größten Einfluss darauf. Vor Gerhard Schröder oder Helmut Kohl war die Gesellschaft eine andere, stand Soziales vor der Profitgier. Politische Arbeit muss doch geleistet werden, nur weil ich persönlich oder meine Freunde den Neoliberalismus für falsch halten und das auch anprangern verschwinden die doch nicht, die Ihrer Meinung nach "die Idee entstellen". Diese Leute bestimmen doch momentan den Kontext. Welchen Weg sollte man denn Ihrer Meinung nach sonst gehen, damit diese Stimmen verstummen? Glauben Sie, die Hilfen, die ich brauche, fallen vom Himmel weil ich rumjammere? Die Politik hat es in der Hand, ihre Bürger, Arbeitnehmer, Arbeitslosen mit Gesetzen besserzustellen, vor Arbeitgebern und Ausbeutern zu schützen und das geht sogar ganz schnell wenn man nur will (sieht man an den schnell bereitgestellten Finanzhilfen). Sie kann mit solchen Reformen auch wirkliche Solidarität der Gesellschaft vorleben, dass man sich kümmert.
Wir reden wohl wirklich aneinander vorbei, ich habe, zugegeben, nochmals meine Lage dargestellt, das war wohl falsch, Entschuldigung. Aber wie, wenn nicht durch den politischen Weg, sollen ich und andere in ähnlichen Situationen dann Hilfe bekommen? Andere sind doch auch mit ihrer "Selbstverwirklichung" beschäftigt, haben ihr eigenes Päckchen zu tragen. Zu verschenken hat keiner was, außer warme Worte, die zahlen aber leider keine Miete oder Essen, egal wie nett sie auch gemeint sind.
In der neoliberalen Ideologie sind Menschen wie ich sowas von egal und entbehrlich und ich finde mich auch damit ab.
Da ich Sie für einen klugen Kopf halte und als angenehmen Gesprächspartner wahrnehme entschuldige ich mich für die unpräzise Antwort, aber ich weiß auch nicht so genau, worauf sie hinauswollen
„Um die Beschränktheit rein psychologischer Erklärungsansätze zu verdeutlichen, an der Stelle zur Verdeutlichung der Klassiker – der alkoholabhängige Obdachlose.“
Du brauchst mir nicht zu verdeutlichen, dass Du diese Ansätze als beschränkt ansiehst, das ist mir vollkommen klar. Du bist da, wie die meisten. Es ekelt Dich sogar, erkennbar.
Inhaltlich hast Du Dir da aber ein schlechtes Beispiel herausgesucht, weil 1., in allen Schichten gesoffen wird, es 2. die meisten von denen, die die Kurve kriegen, sie selbst kriegen, meist nach einem individuell bedeutsamen Erweckungserlebnis (das ist auch Psyche), 3. es immer konzertierte Ansätze braucht, wenn man Erfolg haben will und 4. gerade schwere Persönlichkeitsstörungen mit Suchterkrankungen (aller Art) verbunden sind.
Du bist im Moment mit allem was Du hast dagegen, ist nicht schlimm, belassen wir es an der Stelle dabei.
Ich schreibe im Grunde nur für Leute, die das wirklich interessiert, ich bin kein Missionar und kann gut damit leben, wenn ich da nur wenige habe, die das ähnlich sehen, nix für ungut.
Weder noch.
„Welchen Weg sollte man denn Ihrer Meinung nach sonst gehen, damit diese Stimmen verstummen?“
Bezogen auf das was ich hier schreibend vertrete, würde ich fragen, inwieweit diese Stimmen ihr Leben beeinflussen.
„Wir reden wohl wirklich aneinander vorbei, ich habe, zugegeben, nochmals meine Lage dargestellt, das war wohl falsch, Entschuldigung. Aber wie, wenn nicht durch den politischen Weg, sollen ich und andere in ähnlichen Situationen dann Hilfe bekommen?“
Politische Fragen brauchen politische Antworten, aber sind Sie zu 100% ein politischer Mensch? Haben Sie ein Lieblingsgericht, Freunde, Musik, Filme oder Bücher, die Sie mögen und hat das direkt was mit Helmuth Kohl zu tun? Schauen Sie mal wie politisch Ihr Leben ist, bei mir sind das etwa 5%.
„Da ich Sie für einen klugen Kopf halte und als angenehmen Gesprächspartner wahrnehme entschuldige ich mich für die unpräzise Antwort, aber ich weiß auch nicht so genau, worauf sie hinauswollen“
Auch hier würde ich erwidern, dass das kein Problem ist, sondern typisch für unsere Zeit. Mir ist klar, dass ich nicht verstanden werde, nur bin ich vom Typ her niemand, der dann beginnt, groß zu wühlen und andere zu überzeugen versucht. Mach' ich nicht, kann ich nicht und man kann prima im Leben zurecht kommen, wenn man sich mit dem Thema kein bisschen beschäftigt, das meine ich ganz ernst.
In wenigen Tagen werden Sie das vergessen haben und wenn Sie Blut geleckt haben, werden Sie immer Leute und Wege finden, sich da beliebig tief einzugraben.
Nun ich bin Mitglied einer Partei, ich interessiere mich sehr für Geschichte, Politik, Geographie. Und da meine Eltern tot sind und ich alleine lebe, auch keine Verwandten mehr habe, ist mein Leben schon 25-30 % Politik. Mich interessiert das brennend. Die Zusammenhänge. Politikgeschichte. Wann unsere Solidarität verloren ging etc.
Diese Stimmen beeinflussen dahingehend mein Leben, dass sie z.B. den Mindestlohn den ich bekomme bewusst niedrig halten. Das mir mit Hartz 4 Angst vor Arbeitslosigkeit gemacht wird.
Auch ich will niemanden von meiner Einstellung überzeugen. Ich höre mir Argumente an bzw. lese sie, akzeptiere sie und erwarte dann das auch die Meinigen zumindest in die Überlegungen miteinbezogen werden.
Vergessen werde ich Sie nicht, ich bin hier öfters online und erinnere mich stets gerne an Debatten :)
»Ich schreibe im Grunde nur für Leute, die das wirklich interessiert, ich bin kein Missionar (…)«
Dann sind wir schonmal zwei :).
Ansonsten verkennst du meines Erachtens meine Position völlig. Das ist ebenfalls nicht schlimm – allerdings vom Bild halt nicht ganz zutreffend. Ziemlich für die Füße – das ist an deiner Einschätzung wahrscheinlich richtig – halte ich hingegen Bemühungen, Dinge psychologisch (bzw. psychologisierend) zu erklären, wo handfeste materielle Ursachen der eigentliche casus knacktus sind.
Aber wie gesagt – will dich nicht »missionieren«. Du wirst halt nur, kleiner Hinweis zum Abschluss, mit dieser (ausschließlichen) Erklärweise hier auf etwas Gegenwind stoßen.
ich darf meinen geistig behinderten sohn, der sonst die woche über im wohnheim ist und am wochenende heim kommt, bis 20.4. weder zu hause haben, noch besuchen. alternativ hätte ich meinen job kündigen und ihn ganz herholen können. wir können, vom heim aus, wegen diverser "neuland"-versäumnisse nicht mal videotelefonieren, sodass ich ein gerät mit simkarte gekauft habe für ihn.
ich mache mir nichts vor; der 20.4. wird nicht der tag sein, an dem das endet. mein sohn kann das ganze nicht verstehen. ich schon. aber welche folgen das für ihn (und alle seine kumpel da) haben wird, das wage ich mir nicht auszumalen.
aber so ist das. die gleichen politiker, die bis anfang märz keinen gedanken an corona verschwendet hatten (eindämmung? ist wie schnupfen), werden nach dem aufwachen erstmal besonders drastisch bei denen, für die sich kaum einer interessiert und die sich nicht wehren können.
„25-30 % Politik. Mich interessiert das brennend.“
Blieben 70 – 75% unpolitischer Rest, aber das muss man gar nicht ausspielen, ein brennendes Interesse ist ja schon mal gut, das sind ja Sie. Man könnte dann fragen, können wir hier natürlich nicht machen, was Sie interessiert, wofür die besonders brennen und nach und nach entstehen dann Sie, vor dem anderen, aber wenn man aufgefordert wird, mal konkret über sich zu sprechen, erkennt man natürlich auch sich selbst.
Die meisten Menschen kennen sich ziemlich gut und der Psychotherapeut braucht diese Infos, lernt dadurch auch den anderen kennen. Er ist seinerseits darauf spezialisiert, den Patienten an die Bereiche zu führen, die er von sich selbst nicht mehr weiß und weil dies so ist, projiziert, d.h., anderen in die Schuhe schiebt. (Projektion ist nicht alles, aber häufig.)
Grob gesagt geht man immer von größten Ärger aus und versucht (je nach Schule etwas anders), an dem zu arbeiten. Wenn man Schatten/Unbewusstes aufdeckt, das tun nicht alle. Im Idealfall findet man das, was eine bei anderen massiv verärgert, nach 20 – 100 Stunden bei sich selbst, kann sich – der mit Abstand schwierigste Punkt! - verzeihen, dass man auch so ist und wenn man dies kann, kann man es auch anderen verzeihen. Das entspannt, ist aber kein Kindergeburtstag, bis man da angekommen ist.
Wie gesagt, soziales Engagement und ein vitales Interesse dafür, stehen einem weiter offen, wie alles andere auch.
Bezahlen dürfen die Armen und Benachteiligten immer, weil sie keine Lobby haben. Keine Hoffung da die Politiker und die ihnen verbundene Elite sie längst vergessen haben.
Das Schlimmste ist, das nach Corona die Verantwortlichen einfach wieder so weitermachen werden. Ihre Verfehlungen, Selbstbereicherung und Politik gegen die Ärmsten wird wieder beklatscht werden. Schwachköpfe wie Friedrich Merz, Jens Spahn, Norbert Röttgen oder Markus Söder, bei denen ich nicht anders kann als ihnen einen regelrechten Hass auf Arme zu unterstellen, werden gestärkt und als Meisterer der Krise gefeiert werden. Daran ändern weder Flüchtlingskrisen noch Pandemien noch Kriege etwas.
Also sagen Sie, ich schiebe mein Leben am Existenzminimum anderen in die Schuhe. Jetzt verstehe ich was Sie meinen. Das ist halt dann doch wieder deckungsgleich mit der neoliberalen Ideologie, denn Sie implizieren damit, dass ich selbst schuld bin an meiner Lage. Ja ich bin ein Versager, mein Autismus und mein Elternhaus stehen mir im Weg. Aber die Hauptschuld trage ich trotzdem nicht.
Also reduziere ich es auf ein paar Fragen: Wie kriegen wir, ohne politische Bemühungen die Sie für unnötig halten, die Armut in D weg? Was sollen Arbeitslose, Obdachlose, Alleinerziehende tun? Sich selbst reflektieren. Und danach? Wie verändert das dann deren und meine Situation?
"Du wirst halt nur, kleiner Hinweis zum Abschluss, mit dieser (ausschließlichen) Erklärweise hier auf etwas Gegenwind stoßen."
Ist mir klar, ich führe diese Diskussionen ja nicht erst seit gestern und diskutiere nicht nur beim Freitag. Darum interessieren mich auch diese persönlichen Aspekte weniger, sondern mich interessiert, wie es eigentlich dazu gekommen ist, dass die Innerlichkeit auf der Strecke geblieben ist. Das war ja der eigentliche Ausgangspunkt, für dieses Intermezzo und da kommt man dann in den historischen und philosophischen Bereich hinein.
Deshalb bin ich ja beim Naturalismus gelandet, dem Weltbild hinter der modernen Wissenschaft & Technik, die ihren Punch vor allem in der industriellen Revolution entfaltet hat. Wegweisend ein Zitat von Russell:
„In seiner ganzen Auffassung von der materiellen Welt ist der Cartesianismus streng deterministisch. Lebende Organismen unterliegen genau wie die tote Materie physikalischen Gesetzen; zur Erklärung des Wachstums der Organismen und der tierischen Bewegungen bedurfte es nicht länger wie in der aristotelischen Philosophie einer Entelechie oder Seele. Descartes selbst ließ nur eine geringfügige Ausnahme zu: die menschliche Seele kann willentlich die Richtung, nicht aber die Quantität der Bewegung der Lebensgeister ändern. Dies aber widersprach dem Geist des Systems, und da sich herausstellte, dass es auch im Widerspruch zu den Gesetzen der Mechanik stand, wurde es fallengelassen. Daraus ergab sich, dass alle Bewegungen der Materie durch physikalische Gesetze bestimmt wurden und dass infolge ihres Parallelismus geistige Vorgänge in gleicher Weise bestimmbar sein müssen. Aus diesem Grunde hatten die Cartesianer Schwierigkeiten wegen der Willensfreiheit. Und so war es für alle, denen Descartes‘ Naturwissenschaft wichtiger erschien als seine Erkenntnistheorie ein leichtes, die Auffassung, dass Tiere Automaten seien, zu erweitern: warum sollte man nicht auch dasselbe vom Menschen behaupten? Warum nicht das ganze System zum konsequenten Materialismus vereinfachen? Im achtzehnten Jahrhundert hat man diesen Schritt dann tatsächlich getan.“ (Bertrand Russell, „Philosophie des Abendlandes“, Europa Verlag 1999, Original 1945, S. 577)
"... denn Sie implizieren damit, dass ich selbst schuld bin an meiner Lage."
Nein, das wäre ein grobes Missverständnis, für das Sie aber nichts können, da der Weg dorthin üblich ist: Wenn ich was ändern kann, bin ich auch schuld, wenn ich nicht schuld bin, kann ich auch nichts ändern.
"Wie kriegen wir, ohne politische Bemühungen die Sie für unnötig halten, die Armut in D weg?"
Gar nicht. Wir brauchen m.E. eine soziale Unterstützung die ein Dach überm Kopf, genug zu Essen und die Möglichkeit zur kulturellen Teilhabe beinhaltet. Dann - wenn man mich fragt - einen hinreichend großen Abstand, das 1,5 fache, für die arbeitetenden, zu den nicht arbeitenden Teilen der Gesellschaft.
"Was sollen Arbeitslose, Obdachlose, Alleinerziehende tun? Sich selbst reflektieren. Und danach? Wie verändert das dann deren und meine Situation?"
Auf jeden Fall, wenn das möglich ist. Dem geht doch oft eine Menge Leid voraus, bei Alleinerziehenden oft eine Scheidung, oft ein sozialer Abstieg, Angst, Scham. In jedem Fall könnte ein Mensch, der so etwas erlebt hat, von einer Therapie profitieren.
Oft auch, weil gerade die, die es besonders hart getroffen hat, von wiederholten schlimmen Ereignissen verfolgt werden und sich dadurch (oft von der Kindheit an) unbewusste (= dazu kann man eben nichts) Muster in die Psyche einbrennen, die dann das eigene Weltbild und die Beziehungen zu anderen Menschen dominant prägen.
Dieses Wissen allein bringt einem aber nichts, dass muss man wirklich therapeutisch bearbeiten. Im besten, aber nicht mal seltenen Fall, ist danach alles anders.
Ich habe in Ingolstadt bereits, angeschlossen an meine Reha-Berufsausbildung der katholischen Jugendfürsorge, 3 Jahre Psychotherapie (1-mal im Monat eine Stunde) gemacht. Die Lehren daraus: Ich kann nichts für meine Situation und sollte mehr auf mich selbst achten (völlig richtig, hätte ich aber auch selbst gewusst). Desweiteren hieß es, ich muss unbedingt die Lehre abschließen, weil Arbeit ablenkt (halte ich persönlich für Quatsch, da Arbeit um der Arbeit willen keinen Sinn macht und sie davon ablenkt, das herrschende System zu hinterfragen). Und meine Vergangenheit wurde halt besprochen und ich gefragt, an welche Situationen von früher mich aktuelle Situationen erinnern.
Dann kommen wir dazu, dass es insbesondere Obdachlosen, aber auch Arbeitslosen kaum möglich ist, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Aus Scham oder auch weil sie nicht wissen dass sie ein Recht darauf hätten. Vielleicht vertrauen sie auch keinem mehr. Um die mitzunehmen braucht es eben doch politische Ansätze, keiner wird freiwillig alle Obdachlosen und Depressiven generell aufspüren und zum Psychiater schleifen. Kann er auch gar nicht
Und schön, dass Sie sich für Psychologie und Philosophie so begeistern können wie ich für Politik. Aber Psychologie als Antwort auf politisch gemachte Missstände und eine Epidemie finde ich als gute Ergänzung, aber doch zu wenig.
P.S.: warum sollen Arbeiter zu Arbeitslosen einen Abstand halten (jetzt Corona-bereinigt gedacht)? Sind die weniger wert als Arbeiter? Sollen diese sich nicht mit dem "Abschaum" abgeben müssen?
Eine Durchmischung von Arbeitern, Arbeitslosen, Asylanten etc. wäre doch wünschenswert um diese Parallelgesellschaften in einer Stadt zu vermeiden
„Und schön, dass Sie sich für Psychologie und Philosophie so begeistern können wie ich für Politik. Aber Psychologie als Antwort auf politisch gemachte Missstände und eine Epidemie finde ich als gute Ergänzung, aber doch zu wenig.“
Mein Punkt an der Stelle ist der: Welt ist das, was ich (jeder, aber eben auch ich) als Welt erlebe. Und wie ich sie erlebe. Erlebe ich Menschen als an sich gut, Welt als einen Ort, der an sich in Ordnung ist, gibt es etwas, für das ich mich begeistern kann – bei Ihnen ist es Politik, bei mir eben Philosophie und Psychologie – oder sehe ich Menschen als an sich verlogen, durchtrieben und berechnend an, die Welt als einen an sich schlechten Ort usw.
Was immer man denkt, man ist überzeugt, die Welt (und die anderen) seien ja tatsächlich so. Das hat seinen Grund, seine Geschichte, aber es ist Welt, wie ich sie sehe. Versteht man, dass und warum man die Welt so sieht und für eine Zeit sehen muss(te), hat man schon wieder einen anderen Standpunkt. Darum ist für mich, Psyche nicht irgendein Teil des Lebens, beschränkt auf irgendeine Region im Kopf, sondern der äußerste Rahmen meines (Welt- und Beziehungs-)Erlebens.
„Eine Durchmischung von Arbeitern, Arbeitslosen, Asylanten etc. wäre doch wünschenswert um diese Parallelgesellschaften in einer Stadt zu vermeiden“
Sicher, wenn man ein berechnender Zyniker ist. Sind 'die Menschen' alle so? Ist es wünschenswert in einer Welt zu leben, in der Menschen berechnende Zyniker sind? Oft, sagt man, man sei selbst natürlich nicht so, aber es sei nun mal leider so, da müsse man nun Realist sein und dürfe sich nichts vormachen, dass die meisten Menschen ganz einfach so sind. Da sind wir dann mitten im Herz der Projektion (vermutlich eher der projektiven Identifikation), die von den selbst ernannten 'Realisten' natürlich nicht so gesehen wird. Die denken ja wirklich, alle anderen seien Traumtänzer.
nun ich denke nur wenige Menschen sind schlecht, die Mehrheit wünscht sich einfach nur, ein auskömmliches Leben zu haben fernab von philosophischen und politischen Debatten. Da gibt es aber immer eine kleine Mehrheit Privilegierter, die meint, die Armen, den Sozialstaat ausbeuten zu müssen, und zwar soweit, dass er einer Pandemie wie Corona nicht mehr gewachsen ist (wie Spanien und Italien). Wie ist so ein Standpunkt denn vertretbar? Und wie soll ich diesen Standpunkt je verstehen, wenn ich ihn doch nie einnehmen kann?
Vielleicht setzen wir auch falsch an, eventuell brauchen diese Privilegierten ja die Therapie :) ich mein Sie haben offenbar mehr Ahnung von Psychologie als ich. Was treibt also diese Leute an? Profitgier? Erhalt ihrer Privilegien? Misanthropie? Oder sind sie sich gar nicht bewusst, welche Konsequenzen ihr Handeln hat? (das bezweifle ich aber, sowas wie die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft gründet man nur mit dem Ziel, Sozialstaat zu zerstören und Rechte von Benachteiligten zu schleifen.)
Was ist daran zynisch, wenn ein arbeitender Asylant sich mit einem arbeitslosen Deutschen anfreundet? Oder ein Mindestlöhner sich mit Arbeitslosen? (Ich habe als Angestellter mehrere arbeitslose Freunde, auch wenn die BILD-Zeitung und Konsorten stets bemüht sind, Mindestlöhner gegen Arbeitslose aufzustacheln und Arbeitslose als Schmarotzer darzustellen.)
„nun ich denke nur wenige Menschen sind schlecht, die Mehrheit wünscht sich einfach nur, ein auskömmliches Leben zu haben fernab von philosophischen und politischen Debatten.“
Ja, vermutlich stimmt das. Mich interessiert die Frage, was kommt, wenn man genug hat. Genug ist bei mir vermutlich anders bemessen, als beim Durchschnitt, ich bin vollkommen zufrieden mit dem was ich aktuell habe, aber wahrscheinlich äußerlich bedürfnisarm. Ohne Philosophie und Co. würde ich aber vermutlich leiden, wobei das ja glücklicherweise etwas ist, was einem niemand nehmen kann.
„Da gibt es aber immer eine kleine Mehrheit Privilegierter, die meint, die Armen, den Sozialstaat ausbeuten zu müssen, und zwar soweit, dass er einer Pandemie wie Corona nicht mehr gewachsen ist (wie Spanien und Italien). Wie ist so ein Standpunkt denn vertretbar? Und wie soll ich diesen Standpunkt je verstehen, wenn ich ihn doch nie einnehmen kann?“
Man kann ihn doch einnehmen, spielend. Schaffen Sie es nicht, die Welt, wie ein kalter Zyniker zu sehen? Sie sind dann keiner, höchstens zu einem Bruchteil, hätten diesen Bereichen dann aber auch nicht verdrängt. Zurücklehnen, Zigarre an, bisschen Koks in die Nase und schauen, wie man aus dem Leid der anderen maximalen Profit ziehen kann. Kann ich mir vorstellen, ich muss ja nicht so sein. Ich kann mir auch vorstellen, selbstlos zu helfen, oder vor Angst zitternd in der Ecke zu sitzen, auch, das alles nicht so verstehen und fröhlich unbedarft alles in den Wind zu schießen, ich kann mir vorstellen, dass alles für eine Verschwörung zu halten von den Chinesen/Amis/Reichen/Außerirdischen … und so weiter. All das habe ich schon mal nicht verdrängt.
„Vielleicht setzen wir auch falsch an, eventuell brauchen diese Privilegierten ja die Therapie :) ich mein Sie haben offenbar mehr Ahnung von Psychologie als ich. Was treibt also diese Leute an? Profitgier? Erhalt ihrer Privilegien? Misanthropie? Oder sind sie sich gar nicht bewusst, welche Konsequenzen ihr Handeln hat? (das bezweifle ich aber, sowas wie die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft gründet man nur mit dem Ziel, Sozialstaat zu zerstören und Rechte von Benachteiligten zu schleifen.)“
Verschieden, aber ich denke, man rutscht auch da so rein und passt sich den dortigen Gewohnheiten immer mehr an, wird bestätigt, wenn man mitmacht, ist ne Pussy, wenn man kneift, bisschen Lachs und Schampus oder Koks, Überlegenheitsgefühle, Triumph, es läuft, man macht einfach weiter, alles egal … wie bei anderen auch.
Man redet sich die eigene Lebensweise als die beste schön, solange man es noch kann, man will ja kein Loser sein. Frau, Kind, Auto, Hund, Pool und dann der Webergrill. Läuft, nur ne Etage tiefer bezogen auf Kohle und Prestige. Also, kann man schon verstehen.
Ah okay, habe ich falsch verstanden. Sehen Sie, meine Projektion.
Nein, ist völlig in Ordnung, wünschenswert und gut, wenn man einander versteht und durchmischt, das baut Berührungsängste ab.
SIE wollten mir doch schon lange nicht mehr antworten, Herr "Denk"zone. Doch anders überlegt?
ich bin Minimalist, die Dinge die ich habe reichen mir auch. Allerdings wird es am Monatsende stets knapp (Essen und so) und der Job macht auch keinen Spaß, ich habe nur 20 Tage Urlaub und wie gesagt Mindestlohn, das ist enormes Schleifen der Arbeitsrechte. Deswegen auch mein Interesse daran, solche Dinge zu ändern. Mir und auch 99,9% der Menschheit ist mein Leben egal, aber ich kann zumindest versuchen, mein Leben dazu zu nutzen, die Missstände zu benennen und zu bekämpfen, mit meiner Stimme, mit sozialem Engagement das ich bei der katholischen Jugendfürsorge betreibe. Ich hätte genug, wenn am Monatsende vllt auch mal was zum sparen übrig bleiben würde. Fällt mein 9 Jahre alter PC oder mein Smartphone von 2014 aus, ist Feierabend. Auto oder Führerschein? Nie gemacht, kein Geld, aber auch nicht nötig in der momentanen Situation. Urlaub? Würde ich gern, letztes Mal war 2009. Es sind solche im Vergleich zum Prassen der Elite Dinge, die sich ein Arbeitsloser oder Mindestlöhner einmal im Jahr wünscht. und nichtmal das bekommt er, obwohl er Monat für Monat sich durchhangelt, Spart wo es geht und die Umwelt dabei mehr schont als die Reichen weil er eben nicht prassen kann.
Sehr gute Gedanken die sie da anführen. Aber ob diese Elite dann auch jemals meinen Standpunkt annimmt? Wahrscheinlich eher nicht, denn in Armut hat sie ja nie gelebt. Außerdem unterscheidet mich und die Elite, dass meine Lebensweise niemanden schadet, ihre aber schon und sie das vielleicht nicht wahrhaben wollen und deshalb auch kein Interesse haben, dass meine "Klasse" ihnen ihre Verfehlungen aufzeigt.
:-). ich gehöre auch zur gleichen Spezies, säge aber nur im Notfall ... bevorzuge Stift, Papier, PC und Buch ...
Wer ist kein Opfer von Corona?- Aber gesellschaftliche Fehlentwicklungen und Ungerechtugkeiten verstärken sich. Corona als Brandbeschleuniger ...
»(…) Darum interessieren mich auch diese persönlichen Aspekte weniger, sondern mich interessiert, wie es eigentlich dazu gekommen ist, dass die Innerlichkeit auf der Strecke geblieben ist.«
Bei mir ist ganz viel Innerlichkeit; die Herrschenden sollen froh sein, dass sie selbige nicht spüren :-(. Statt über den Cartesianismus würde ich lieber über das alleraktuellste Knirschen in den Corona-Gebälken sprechen. Seit WoE gibt es keinerlei Zahlen mehr im Hinblick darauf, inwieweit die verhängten Maßnahmen im Hinblick auf das »Flatten the Curve« zu greifen beginnen – da kann jede(r) dann selbst 2 + 2 zusammenzählen. »Extra«-Ausgaben der Haupt-Nachrichtensendungen: vermutlich aus selbem Grund gecancelt. In AUS hat Kurz aktuell Schutzmaskenpflicht beim Einkaufen verordnet; wo die Leute die Masken herkriegen sollen: unklar. Orban in HUN dreht komplett am Rad, und ob die Jobcenter in Germany nicht die Gunst der Stunde ergreifen, den einen und die andere aus ihrer Neu- oder auch Langzeitkundschaft in den sozialen Orbit zu schießen, steht aktuell – Genaueres wird man zu Ostern hin erfahren – in den Sternen.
Ich weiß nicht, ob »denen da oben« in Gänze klar ist, dass wir auf einem sozialen Pulverfass sitzen. Ich gebe der Sache noch drei, vier Wochen (oder: zwei, drei gravierende Fehlentscheidungen) – dann wird es mit der sozialen Ruhe hierzulande mit Sicherheit vorbei sein. Aus dem Grund: Philosophie ist erst mal hintangestellt. Alles weitere (Unterhaltung ausgenommen): wird man sehen.
Danke für Ihre Erläuterung. Ich verstehe, dass wir ein unterschiedliches Menschenbild haben.
Ich komme mit der Menschheit so klar, wie sie in ihrem Sein und in der Vielfalt gleich ist. Für mich bestimmt kein Geschlecht den Menschen, so dass ich auch keine "diverse" Probleme habe. Ich bin ein denkender Mensch und benötige keine Wissenschaft, die mir erklärt was das Menschsein bedeutet oder bewirkt. Ich fühle mich als Mensch nicht insgeheim, sondern selbstverständlich als Mitglied der Menschheit. Ihre Gedankenwelt ist die Ihrer Artgenossen. Grundsätzlich sind in allen Genossenschaften auch alle Arten zu finden. Aus dieser Perspektive betrachtet ist dieser Diskurs nicht uninteressant. Warum sollte ich mich echauffiert "fühlen"?
Mir gefallen Ihren Gedanken auch gut.
Sie kommen ganz gut klar, oder? Sie scheinen mir nicht verbittert. Das ist wichtig, wäre es für mich zumindest. So weit ich das gemessen an reiner Lebenserfahrung beurteilen kann, ist auch das eine Eigenschaft, die vergleichsweise unabhängig von den äußeren Umständen ist. Soll heißen, ich kenne Menschen, die arm sind, aber zufrieden wirken, andere wiederum hätten eigentlich mehr als genug, aber man kann ihnen nichts recht machen. Gedrillt darauf, das eine Haar in 100 Litern Suppe zu finden, ziehen die immer eine Böseguckfresse. Vom Leben enttäuscht, vielleicht von sich selbst, aber zu faul, zu fein, zu feige, was daran zu ändern.
Ob die Eliten auch an andere denken? Nein, glaube ich, aber auch das scheint mir kein Sonderfall zu sein. Die meisten Menschen leben in ihrer eigenen Welt, was gar nicht mal schlecht ist, wenn man das begreift. Ohne, dass sie dabei boshaft sind, einfach nur ausgelastet. Bei uns oft bemüht zu beweisen, dass sie nützlich sind und arbeiten. Das ist auch nicht so meins, weil es zu dem Gefühl führt, nur nützlich zu sein, wenn man Arbeit hat.
Missstände bekämpfen, will ich durchaus auch, ich bin da einfach nur an einen anderen Platz gestellt, ob ich mir den ausgesucht habe, ob das Neigung ist, oder Schicksal, das weiß ich nicht. Wenn einfach nur hängen bleibt, dass man einander nicht dämlich finden und auf den eigenen Kurs zwingen muss, wo man irgendwo doch was Ähnliches möchte, hätte sich der Austausch für mich schon gelohnt.
War zwar damals eher ironisch gemeint, mit dem Opfer, aber Sie haben das schon verstanden. Wer Hölderlin versteht ...
Sie versuchen immer Dinge gegen einander auszuspielen, die m.E. nicht von einander getrennt sind.
Ist aber letztlich egal, nur endet für uns beide das Interesse immer an der Stelle, die der andere spannend oder bedeutsam finden, zumindest, wenn es ums große Ganze geht.
Ist aber wurscht, weil es in meinem Leben ja auch nicht den ganzen Tag um alles geht, die Teilnahme mittendrin, finde ich durchaus spannend. Da begegnen wir uns sicher noch öfter, die Enden müssen wir ausklammern.
Nein ich bin nicht verbittert. Aber auch nicht übermäßig optimistisch und finde nicht das es gut ist wie es ist. Mir liegt am Herzen ddie Demokratie zu bewahren. Vor Neoliberalen, Rechten und anderen zerstörerischen Elementen. Den Armen denen es noch dreckiger geht als mir eine Stimme zu geben. Und spätestens seit der Treuhand sind die neoliberalen Zerstörer an der Macht. Deren Verfehlungen wurden in der Finanzkrise klar und jetzt bei Corona durch das unsägliche Spardiktat insbesondere in Spanien und Italien. Das war und ist unnötig und kostet Menschenleben. Ich bin bereit, jede Meinung auszuhalten, auch die Neoliberale. Aber diese berufen sich stets auf die Meinungsfreiheit solange sie selbst dabei nicht kritisiert werden. Kritische Stimmen werden zu oft in die AfD-Ecke gestellt. Ich muss nicht der Meinung von Trump, Putin, Xi Jinping, Friedrich Merz oder Sarah Wagenknecht sein. Aber ich sollte diese Meinung aushalten, ob sie von Russia Today oder der FAZ kommt. Argumente wahrnehmen von allen Seiten und sich dann die Meinung bilden. Nicht von vornherein alles ausschließen nur weil mir der Diskussionspartner nicht passt.
„Nicht von vornherein alles ausschließen nur weil mir der Diskussionspartner nicht passt.“
Ja, damit habe ich auch Erfahrungen gemacht. Irgendwie unfreiwillig und vermutlich von der anderen Seite her, als Sie. Familiär war ich frei von Einstellungen, ich musste erst später lernen, dass das nicht normal ist und ebenfalls, mir erst mal eine Meinung zu bilden. Ich hatte immer Probleme damit zu verstehen, warum irgendwer irgendwen nicht verstehen kann. Mir fiel es immer leicht, mir die exotischsten Meinungen anzuhören und innerlich nachvollziehen zu können.
Schwer fiel es mir hingegen, eine eigene Einstellung zu etwas zu gewinnen, gerade weil ich jeden verstehen konnte. So hat man im Grunde nie Reibereien, was ganz gut ist, wird aber mit der Zeit auch etwas konturlos, was nicht so gut ist. Musste ich dann nachholen.
In Ihrer und meiner Meinung zeigt sich die Gleichheit der Menschen in ihrer Vielfalt des Denkens und der Sprache. Das Auge sieht, was der Verstand ihm sagt.
Das Menschsein ist kein Status, sondern ein Naturgesetz. Welche Klassifizierung gilt einer Familie, auf dem Boden der Gleichberechtigung, in der sich soziale Verantwortung als "Gen"ossenschaft versteht? In der Vielzahl der Persönlichkeiten.
In der Familie, als kleinste Zelle der Menschheit zeigen sich durchaus eigenwillige Konstellationen, diktatorisch, demokratisch, egoistisch, brutal, sanft etc.. Nicht nur in unserer Sprache bieten sich dementsprechend viele Formulierungen, die in den ebenso vielen Varianten selbstverständliche Interpretationen zulassen, aber die Tatsachen nicht ändern, sondern verdeutlichen oder verschleiern können.
Die Tragweite der Interpretation lässt sich beim Lesen eines Bildes spannend erleben. Beispiel, das Abendmahl von Leonardo da vinci.
Z. Z. diktiert die Natur uns Menschen eine notwendige soziale Genossenschaft gegen die Diktatur eines klitzekleinen Coronar-virus.
Ja, es gibt keine vereinfachte Familie.
Bei mir war das bis zum 19. Lebensjahr ähnlich. Politisch gesehen vielleicht eine linksliberale Denkweise. Doch wenn mein Vater, vom Mauerfall enttäuscht und großer Verlierer, im Suff rief, die Mauer wieder aufzubauen weil das jetzige System unfair ist, habe ich mich zuerst geärgert, aber dann überlegt, warum er so enttäuscht ist. Nur weil er sich ein autoritäres System zurückwünscht und die Vergangenheit romantisiert? Vielleicht auch das, dennoch merkte ich natürlich während meiner Ausbildung als ich noch zuhause war, dass es uns nicht gut ging. Früher dafür geschämt, dass beide Elternteile langzeitarbeitslos sind und ich in meiner Jugend kaum etwas besaß. Aber halt damit aufgewachsen.
Vorher war mir das auch alles egal, anscheinend musste es so sein, solange ich mich am Wochenende selbst verwirklichen konnte. Ich träumte von Amerika und diesem amerikanischen Traum, dass ich es soviel besser haben werde, wenn ich nur die Ausbildung abschließe. Haus, Auto, Familie würde ich alles mit genügend Einsatz bekommen. Aber falsch gedacht. Was man sich früher leisten konnte, wenn nur ein Partner arbeiten geht, ist heute ferner denn je, die Arbeitnehmerrechte aufs Äußerste geschliffen, die Mieten übertrieben, die Renten lächerlich gering. Es wird von Unten nach Oben verteilt, und zwar schon seit ich denken kann. Durch das Internet werden diese Missstände nun einer breiterern Öffentlichkeit zugänglich. Der Missmut wächst, rechte und rechtsextreme Parteien haben wieder Zulauf, obwohl die wenigsten enttäuschten Menschen sich eine faschistische Regierung wie '33 zurückwünschen. Die Priviligierten machen sich die Taschen mithilfe der Volksvertreter voll, die eigentlich für die Rechte ihrer Bürger einzustehen haben
„Doch wenn mein Vater, vom Mauerfall enttäuscht und großer Verlierer, im Suff rief, die Mauer wieder aufzubauen weil das jetzige System unfair ist, habe ich mich zuerst geärgert, aber dann überlegt, warum er so enttäuscht ist. Nur weil er sich ein autoritäres System zurückwünscht und die Vergangenheit romantisiert? Vielleicht auch das, dennoch merkte ich natürlich während meiner Ausbildung als ich noch zuhause war, dass es uns nicht gut ging.“
Ja, kann ich aus diversen Gründen gut nachvollziehen. Die Annäherung ist schwer genug, was für viele im Osten schwer ist, ist zu sehen, dass auch „der Westen“ nach 89 nicht mit dem von vor 89 identisch ist, oft nicht einmal besonders gut vergleichbar. Die Wiedervereinigung ist voll in einen westdeutschen Niedergang und Stimmungsumschwung reingebrochen und „die Ossis“ waren da die ersten Schuldigen (ohne es tatsächlich zu sein). Der Rest ist bekannt.
„Vorher war mir das auch alles egal, anscheinend musste es so sein, solange ich mich am Wochenende selbst verwirklichen konnte. Ich träumte von Amerika und diesem amerikanischen Traum, dass ich es soviel besser haben werde, wenn ich nur die Ausbildung abschließe. Haus, Auto, Familie würde ich alles mit genügend Einsatz bekommen. Aber falsch gedacht. Was man sich früher leisten konnte, wenn nur ein Partner arbeiten geht, ist heute ferner denn je, die Arbeitnehmerrechte aufs Äußerste geschliffen, die Mieten übertrieben, die Renten lächerlich gering.“
So isses und im Westen war das tatsächlich Realität, ich bin so aufgewachsen, samt entsprechender grundoptimistischer Stimmung, nur dass hier niemand mehr von Amerika geträumt hat, das war er die Generation die in der 50ern sozialisiert wurde. Die Leichtitgkeit, Coolness, Kaugummis und Zigaretten, der Jazz und Swing, Hollywood, bei uns sind davon gerade noch die ersten McD Fressketten geblieben, so als Attraktion, das gelobte Land war das schon längst nicht mehr.
„Es wird von Unten nach Oben verteilt, und zwar schon seit ich denken kann. Durch das Internet werden diese Missstände nun einer breiterern Öffentlichkeit zugänglich. Der Missmut wächst, rechte und rechtsextreme Parteien haben wieder Zulauf, obwohl die wenigsten enttäuschten Menschen sich eine faschistische Regierung wie '33 zurückwünschen. Die Priviligierten machen sich die Taschen mithilfe der Volksvertreter voll, die eigentlich für die Rechte ihrer Bürger einzustehen haben.“
Ja, die große Gegenwartsdiskussion. 'Ihr' habt das den Vorteil, Euch an früher erinnern zu können, wo man doch immer schon gesagt hat, dass vom Ami nix Gutes kommt, das führt zu diesem stark rechts angehauchten Retroputinismus, wo alt'linke' und neurechte Ideen zusammenfließen, bei uns scheint es da mehrere Spielarten zu geben, es gibt auch Linien mit originärem harten Rechtsextremismus, viele, denen es noch gut genug geht, manche davon sind grün, was ich aber auch bei uns beobachte ist eine massiv kritische Einstellung gegenüber Migranten, explizit auch aus Bereichen, die sich früher nie im Leben auch nur entfernt rechts geäußert hätten. Darunter auch sehr viele Frauen, bei denen es bei vielen normal zu sein scheint, Äußerungen, die als sehr weit rechts angesehen werden, sorglos offen auszusprechen, soweit ich da einen Einblick habe, quer durch viele Schichten. Das ist natürlich nicht repräsentativ, aber wer das politisch unterschätzt, wird m.E. Probleme bekommen.
Stimmt, das darf man keinesfalls unterschätzen. Lustigerweise beobachte ich das auch, das gute Freundinnen, die eigentlich sanft und einfühlsam sind, unverhohlen rassistische Äußerungen nachplappern was man ihnen nie zugetraut hätte. Oft haben sie von Mami und Papi gleich zum Führerschein ein Auto bekommen (es sei ihnen gegönnt) und die AfD vertritt diese Fraktion ja, auch dem Klimawandel stehen sie skeptisch gegenüber. Weiß nicht ob das zusammenhängt aber bei den jungen Frauen die ich kenne ist das überwiegend so.
Neurechten Putinismus unterstütze ich jetzt nicht, wobei man bei Putin neben all seinen Fehlern und schmutzigen Geschäften auch sehen muss, dass unter Boris Jelzin ein Ausverkauf und Privatisierungswahn nach dem Zerfall der Sowjetunion ausbrach, wie im guten alten Europa. Putin möchte, denke ich, sein Land vor diesen neoliberalen Auswüchsen schützen. Gleichzeitig macht er aber natürlich mit diesen Neoliberalen legale und wahrscheinlich auch illegale Geschäfte, wie sie die USA auch mit China betreiben. Die haben alle Dreck am Stecken, die geben sich nicht viel. Aber bei Bush, den Clintons, Obama und Trump ist eine Arroganz, ein Denken vorhanden, dass Amerika die einzige Weltmacht ist, die Institution, die entscheidet, wer demokratisch und menschenfreund ist und wer nicht.
Altlinks lasse ich mir schon unterstellen, denn vom Ami kommt auch seit 1945 nichts gutes mehr. In die Präsidentschaftswahlen muss man sich einkaufen um Chancen zu haben, das System mit den Wahlmännern hat auch nicht viel mit der eigentlichen Demokratie gemein, Demokraten und Republikaner sind mittlerweile fast gleich (russophob, künstlicher Erhalt der Rüstungsindustrie und "America first!") und dieses ewige Aufspielen als Weltpolizei obwohl man nur Rohstoffe ausbeuten will, um den ungehemmten Konsum zu ermöglichen wird stets mit völkerrechtswidrigen Angriffskriegen und Regime-Changes durchgesetzt. Ein Land, dass ohne Europa heute noch von Indigenen besiedelt wäre, die vermutlich vernünftiger gelebt hätten. Wenn der von ihnen angeführte "Wertewesten" so demokratisch, frei und menschenfreundlich ist, warum wird dann nicht abgerüstet? Oder die Sanktionen gegen Staaten aufgehoben, die man zuvor noch angegriffen hat? Oder mal beim eigenen Volk in eine Krankenversicherung und Rente investiert und dafür gesorgt das man nicht 2 Jobs braucht um überhaupt zu überleben. Haben doch grade 2 Billionen Dollar bereitgestellt, das Geld war wie bei uns immer da.
Bei uns konnte man sich in meiner Generation vermutlich eher und leichter/bequemer eine unpolitische Haltung leisten. Es lief einfach eine ganze Zeit sehr gut, eine aufstrebende Mittelschicht entstand, die kaum noch körperlich arbeiten musste, man stand vor Problemen, die mit etwas Grips und Geld spielend zu lösen zu sein schienen und es gab die gefühlte Selbstverständlichkeit, dass die nächste Generation es besser haben wird, sowie wenig Zeitdruck. Man würde gut durchkommen, das war gewiss. Das wurde auf mehreren Ebenen enttäuscht, mitten in diese Enttäuschung fiel die Wende und ihr wart die Bösen, die Undankbaren, die man aus dem Käfig lies und die dann nicht mal artig danke sagten.
Putin öffnete sich gegenüber dem Westen, das sehe ich auch so, man versuchte aber ihn zu dominieren und Obamas Worte von der Regionalmacht waren ein schlimmer Fehler, das war dieser Präsident, von dem die Europäer annahmen, er könne übers Wasser gehen. Die Bush-Administration war in Teilen zum Kotzen, Trump ist dann wohl der Präsident, den das Land verdient hat, die Analyse, dass Putin eine radikale Kehrtwende vollzogen hat, teile ich, da agiert er sehr intelligent und strategisch klug, das ist nicht unbedingt der Vorteil Europas.
Ich glaube mit Habermas, dass Amerika erst ab dem Irakkrieg moralisch diskreditiert ist, weiß aber, dass Altlinke, auch bei uns das anders sehen, kann ich mit leben, da ich wie erwähnt zu denen zähle, die nicht sehr politisch sind. Was aber für mich ausdrücklich nicht bedeutet, dass ich nicht an einer intakten Gesellschaft interessiert bin.
Die amerikanischen Bürger meine ich damit auch nicht, da gibt es wie bei uns oder in Russland vernünftige und Idionten. Aber die Elite in Amerika, das fängt ja schon bei Skull & Bones (eine elitäre Studentenvereinigung, aus der die Clintons und Bushs stammen) an, die vererben nur ihre Priviligen, sehen in allem was nicht ihrer Meinung entspricht Kommunisten und/oder Verschwörungstheoretiker. Das Regime eines Landes passt nicht? Schnell völkerrechtswidrig mit der NATO einfallen, einen Krieg anzetteln und dann dieses Land sanktionieren, inklusive der Staaten mit denen dieses Land eine Abmachung hat (z.B. Syrien und Russland. Putin hat von Assad, ob man den jetzt mag oder nicht, die Vereinbarung, ihn mit der russischen Armee zu unterstützen. Die NATO hat da NICHTS verloren, das gilt ebenso für den Jemen, Afghanistan etc.)
Ja Obama hat die meisten Drohnenmorde auf dem Konto. Da wird einfach aus dem bloßen Verdacht, jemand könnte ein Terrorist sein, auf Häuser in Afghanistan oder Syrien geschossen. Diese werden teilweise auch aus Ramstein in D gesteuert. Und dann wird da mit viel Aufwand eine Desinformationskampagne aufgefahren, in der gesamten westlichen Welt, wo Russland, China, Syrien, Venezuela, der Iran und viele mehr die Kriegsverbrecher sein sollen. Widerlegt man das mit Beweisen wie Julian Assange, hängt man diesem eine Vergewaltigung an und terrorisiert ihn psychisch. Ihm drohen 175 Jahre Haft nur für den Beweis der Wahrheit. Nichtmal Putin oder Xi Jinping verfolgen Whistleblower so gnadenlos.
In Amerika werden immer Abraham Lincoln, George Washington etc. beschworen und sich mit ihnen identifiziert. Große Männer, keine Frage, aber die Werte dieser Vordenker scheinen dem gemeinen Amerikaner heutzutage nicht merh geläufig zu sein. Auch das Christentum wird in den USA pervertiert, siehe "Evangelikale" was einfach nur ein anderes Wort für Rassist ist. Während die Kirchen in D zur NS wenigstens vereinzelt Widerstand leisteten, darf der mit den USA sympathisierende brasilianische Präsident Bolsonaro, der von den Evangelikalen zum Messias erklärt wurde, den Regenwald abbrennen und auf Indigene schießen. Und was macht die EU? Alles Speichellecker der Amis, seit 1945. Mit Ausnahme von Willy Brandt vielleicht.
Ich habe auch viele solcher Bücher gelesen, einfach weil ich dieses ganze Feld von Geheimdiensten, -politik, Verschwörungstheorien (und der Frage, wo sie beginnen und enden), dem Zusammenwirken von Politik, Wirtschaft und mafiösen Strukturen und anderes Abseitiges sehr spannend finde.
Auch Fragen wie die, ob wir alle manipuliert sind und was das überhaupt heißt (also wann genau ist man eigentlich manipuliert) finde ich super, aber es gehen zu wenige der Frage nach, sie starten gleich mit der fertigen Diagnose d a s s wir alle manipuliert sind und dann kommt das Übliche.
Die Philosophie ist auch voll von sogenannten Gedankenexperimenten, die ein 'was wäre, wenn …' Szenario darstellen. Also einer der moderner Klassiker: Kann ich frei sein/ noch von Freiheit sprechen, wenn ich determiniert bin? Oder könnte die Welt, wie wir sie erleben, nur ein vorgetäuschtes Szenario sein, ausgedacht von einem bösen Dämon, der uns an der Nase herum führt (oder als Hirn im Tank, das an einer Supercomputer angeschlossen ist).
Klingt weit weg, ist aber nur eine Zuspitzung der Frage, was denn wäre, wenn wir alle gedrillt sind und 'umerzogen', von Geheimdienst, 'Mainstream'presse und so weiter. An sich total super, nur dann nicht, wenn man zu früh aufhört und sich exakt mit dem begnügt, was man immer schon gewusst/geahnt hat. Dann wird das zu einer großen Selbstbestätigungsmaschine, man sammelt immer mehr 'Beweise' für das, was man bereits als richtig annimmt. Da legt schon die Wissenschaftstheorie ihr Veto ein, andere Formen der Philosophie dann erst recht.
Aber das ist der Bereich in dem letztlich jeder selbst seine Antwort finden muss, es gibt bestimmte Momente, in denen sich Fenster auf tun und jemand reif und bereit für Neues ist, aber es gibt auch weite Strecken, in denen das nicht der Fall ist und man muss zudem anerkennen, das irgendwann das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Es ist vermutlich öfter besser mit einem weniger komplexen Weltbild halbwegs glücklich zu werden, als an steter Überforderung im Leben zu scheitern.
Mir haben bei stark von der eingeübten Norm (mehr ist es ja oft auch nicht) abweichenden Ansichten immer die praktischen Aspekte interessiert. Gesetzt, es sei so, was folgt dann für mich und mein Leben daraus? Das interessante dabei ist, dass oft die sagenhaft groß wirkenden Szenarien (meinetwegen, dass die gesamte Welt nur irgendeine Art der Illusion ist), oft die geringsten praktischen Auswirkungen haben. Wenn wir in einer Illusion leben, die eine mächtige Instanz ändern kann, der böse Dämon, die Forscher mit dem Supercomputer, wir aber gar nicht, dann bedeutet das für uns … genau, nichts. Wir können ja eh nichts ändern. Es braucht uns also nicht zu interessieren.
Interessieren kann uns nur, was wir ändern können. Dann können wir es eben auch ändern. Je nach dem, mal als Einzelner, mal in besonderen Gruppen, mal als Gesellschaft.
Das stimmt, man ist immer voreingenommen und sucht automatisch dass, was man hören bzw. lesen will (ich schließe mich da selbst nicht aus). Und insbesondere im Zeitalter des Internet findet man da immer jemanden oder etwas, der das genauso sieht.
Aber ich denke, nur weil ein Krieg in Syrien oder das Elend in Venezuela mich nicht betreffen, kann es mich trotzdem interessieren. Und mit dem Engagement in der katholischen Jugendfürsorge und der Linkspartei (in meinem Fall) kann man wenn auch nur indirekt Einfluss nehmen (offene Briefe an den Bundestag oder Spendenaufrufe).
Aber es geht ja auch mehr als nur um den Menschen. Wir können Millionen von Lichtjahren ins Universum blicken (Astronomie ist auch ein Hobby von mir) und wissen bis jetzt nichts von einem Planeten, der nur annähernd so lebensfreundlich ist, eine so famose Artenvielfalt hervorgebracht hat. Und wenn es doch einen habitablen Exo-Planeten gibt, so ist er noch für Hunderte von Jahren unerreichbar. Oder es hätte sich mal einer bilden können, hatte aber nicht das Glück, wurde von Kometen oder seinem Stern zerstört ehe das Leben beginnen konnte. Das solch ein oder ähnlicher Planet wie die Erde entsteht, diese Chance ist so unwahrscheinlich. Und unser System vernichtet diesen Planeten, der sich Milliarden Jahre formen musste, durch ebenso unwahrscheinliche Zufälle, im Zeitraffer. Es muss gegengelenkt werden. Aber diese Gefahr erscheint abstrakt, insbesondere in einem Zeitalter des Überflusses.
Egal ob man jetzt an Gott glaubt oder nicht, Sinn des Lebens kann nicht sein, im Endeffekt alles Leben, das man kennt, mit der eigenen Spezies auszurotten. Es muss mich also nicht nur interessieren, was jetzt läuft, sondern auch, wie spätere Generationen des Menschen und andere Lebewesen leben können. Und eine Person muss das immer in Gang bringen (Greta Thunberg mit dem Klima oder Willy Brandt mit der Entspannungspolitik). Aber es formt sich insbesondere aus den Kreisen der Elite und anderen stets eine Gegenöffentlichkeit, die das verhindern will. Obwohl sie sonst auch die Wissenschaft und Gesetze der Physik etc. kennen und auch täglich bewusst oder unbewusst anwenden. Dagegen reden, nur um des Dagegenredens willen oder Ignorieren, ist doch stumpf und zieht im schlimmsten Fall grausame Konsequenzen nach sich. Dagegen reden kann ich wenn der Andere und ich meine Fakten vorgebracht haben.
„Aber ich denke, nur weil ein Krieg in Syrien oder das Elend in Venezuela mich nicht betreffen, kann es mich trotzdem interessieren.“
Klar, finde ich sogar super, ganz ehrlich. Weniger gut finde ich dann den Rattenschwanz, der oft dran hängt, dass Syrien oder was auch immer ja auch wieder nur ein Beweis usw. und dann geht es fröhlich weiter, in gewohnter Weise. Klar, wenn es regnet, wird es nass, das ist zwar unoriginell, aber tatsächlich immer so, aber mir imponiert immer, wie schnell Menschen, bei etwas, was sie eben noch kaum kannten, von Venezuela über die Linguistik bis zu subtilsten Feinheiten von Atemschutzmasken, über Nacht zu Experten mutieren und genau 'wissen', wer recht hat.
Finde ich immer spannend, wo doch in meiner kleinen Welt Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Richtigkeit, Geltung, derer Zusammenhänge und Bedingungen eher sehr schwierige und unklare Punkte sind, beachtlich die Ideologen, die das alles prima wissen.
„Aber es geht ja auch mehr als nur um den Menschen.“
Glaube ich nicht. Sie doch auch nicht, alles was kommt ist doch ein Plädoyer für den hohen Sonderstatus des Menschen, sofern wir es bislang wissen.
„Egal ob man jetzt an Gott glaubt oder nicht, Sinn des Lebens kann nicht sein, im Endeffekt alles Leben, das man kennt, mit der eigenen Spezies auszurotten.“
Eben.
„Es muss mich also nicht nur interessieren, was jetzt läuft, sondern auch, wie spätere Generationen des Menschen und andere Lebewesen leben können. Und eine Person muss das immer in Gang bringen (Greta Thunberg mit dem Klima oder Willy Brandt mit der Entspannungspolitik).“
Oder Hans Jonas: „Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.“
„Aber es formt sich insbesondere aus den Kreisen der Elite und anderen stets eine Gegenöffentlichkeit, die das verhindern will. Obwohl sie sonst auch die Wissenschaft und Gesetze der Physik etc. kennen und auch täglich bewusst oder unbewusst anwenden. Dagegen reden, nur um des Dagegenredens willen oder Ignorieren, ist doch stumpf und zieht im schlimmsten Fall grausame Konsequenzen nach sich. Dagegen reden kann ich wenn der Andere und ich meine Fakten vorgebracht haben.“
Ob sie das verhindern will, glaube ich nicht, ich denke, es ist Gleichgültigkeit, verbunden mit der Hochrechnung, ob es mich wohl treffen wird. Usern, die eben die Sorgen der Jugend um das Klima verhöhnt haben, weil sie doch schon im Rentenalter sind und sich dachten, dass es sie nicht treffen wird, geht jetzt wegen Corona der Arsch auf Grundeis, weil sie doch schon im Rentenalter sind. Die Jugend ist recht unbekümmert, so schnell werden die Karten manchmal neu gemischt.
Was Sie aber beschreiben, dieses kühle Hochrechnen, ob ich wohl selbst betroffen sein werde, oder nicht, das ändert man nicht mit Appellen ans Gewissen, denn dazu muss erst mal eines da sein. Was viele Leute lernen ist Opportunismus. Korrektsprech hier, Betroffenheit dort, gerade so, wie es aktuell erwünscht ist, ansonsten macht man, was gefordert ist, man passt sich an und kommt überall zurecht. Ohne Prinzipien geht es sehr gut. Es ist einem einfach vollkommen egal, was verlangt wird und sagt, das, von dem man meint, dass die anderen es hören wollen. Das ist dann der Bereich der mich interessiert, etwa die Frage, was diese Gewissenlosigkeit ist, wo sie herkommt, ob man was dran ändern kann.
Also das ich ideologisch eingestellt bin gebe ich zu und alles genau wissen, über jeden Staat, wo es kriselt, dass kann keiner. Jeder zieht sein Wissen aus Publikationen, Medien, Gesprächen, Büchern und Blogs, die von ganz wenigen verfasst und geführt wurden, die vor Ort sind, und von denen waren die wenigsten von Anfang an dabei. Dennoch, in den letzten Jahrzehnten, war immer wieder die NATO, trotz geltendem Rechts, woran die meisten NATO-Staaten ja mitgearbeitet haben, dabei. Dafür muss ich kein Experte sein, dass kann man belegen. Ebenso kann man belegen, dass Russland bei der Unterstützung Syriens mittlerweile auch übers Ziel hinausschießt. Ich maße mir aber nicht an, anderen Leuten das einzutrichtern und möchte nicht so wirken, als wären damit alle anderen Argumente von vornherein ungültig. Ich weiß dass mir das beim Kommentar schreiben nicht immer gelingt. :)
Das Krisen nur aktuelle Beispiele sind, die schnell wieder weggewischt werden sobald das System, das man kritisiert, sich geändert hat oder verschwunden ist stimmt auch. Deswegen nutze ich auch keine der (a)sozialen Medien. Man gibt einen kurzen Einzeiler zu etwas ab und zack wird es auf dem Smartphone weggewischt und das nächste Thema angegangen. Kaum einer, der jetzt über die griechischen Zäunen diskutiert, denkt an das Elend im Jemen, in Somalia, in Brasilien etc. Die Presseagenturen und Medien dürfen nicht immer nur am Puls der Zeit sein (das ist eminent wichtig, aber nicht alles), sondern müssen auch immer wieder aufzeigen, wie es mittlerweile in anderen Krisenherden läuft, was der Abzug von Truppen bedeutete, wer jetzt an der Macht ist etc.
Ob es wirklich nur um den Menschen geht, bezweifle ich. So würde bei einem Aussterben aller Bienen alle anderen intelligenten Lebewesen auf der Erde in vier Jahren sterben, wie es Einstein mal richtig feststellte. Wir müssen schon auch versuchen, anderen Lebensformen und der Natur ebenso den Raum zu gewähren, denn auch Technologie oder Wissenschaft kann kein Methan speichern, wie es das Eis an den Polen kann. Nichts vom Menschen Geschaffenes kann den Regenwald ersetzen. Gerade weil wir so etwas wissen, sehen wir uns als die "Krone der Schöpfung". Diesen Status verliert man aber meines Erachtens, wenn man gegen dieses Wissen handelt. Aber natürlich denkt jede Lebensform zuallererst an den Erhalt ihrer selbst. Nur weil wir eben das intelligenteste Lebewesen auf dem Planeten sind, wissen wir, dass wir diesen Planeten schützen müssen für unseren Arterhalt.
„Also das ich ideologisch eingestellt bin gebe ich zu und alles genau wissen, über jeden Staat, wo es kriselt, dass kann keiner.“
Ja, da bleibt ein großer Rest an Meinung, die zu haben ich vollkommen in Ordnung finde, nur sind es eben auch Meinungen. Oft werden sie aber gerade auf Gebieten, wo sich im Grunde niemand genau auskennt (und vermulich auch genau deshalb, da fällt es dann nicht so auf) als Fakten, Wahrheiten und so weiter deklariert, gar nicht so selten wir ein und dasselbe Ereignis von A dazu verwenden es als Beleg für seine These zu sehen, während B, der das exakte Gegenteil glaubt, das Ereignis als Beleg für seine These sieht. Meinungen sind in Ordnung, solange sie nicht als Wahrheiten verkauft werden, genau das ist der Fall, in der Politik überhäufig.
„Ob es wirklich nur um den Menschen geht, bezweifle ich. So würde bei einem Aussterben aller Bienen alle anderen intelligenten Lebewesen auf der Erde in vier Jahren sterben, wie es Einstein mal richtig feststellte.“
Das wäre ja dann auch wieder auf den Menschen gerichtet. Schützt die Bienen, damit wir leben. (Tatsächlich werden aber nicht alle Blüten allein von Bienen bestäubt.)
„Wir müssen schon auch versuchen, anderen Lebensformen und der Natur ebenso den Raum zu gewähren, denn auch Technologie oder Wissenschaft kann kein Methan speichern, wie es das Eis an den Polen kann. Nichts vom Menschen Geschaffenes kann den Regenwald ersetzen. Gerade weil wir so etwas wissen, sehen wir uns als die "Krone der Schöpfung"“
Ja, mittels unserer Vernunft sollten wir einsehen können, dass es dumm ist, an dem Ast zu sägen, auf dem man sitzt. Sieht vermutlich jedes Schulkind in 3 Minuten ein.
„Aber natürlich denkt jede Lebensform zuallererst an den Erhalt ihrer selbst. Nur weil wir eben das intelligenteste Lebewesen auf dem Planeten sind, wissen wir, dass wir diesen Planeten schützen müssen für unseren Arterhalt.“
Vermutlich denken nur wir über sowas nach. Wir zerstören zwar die Umwelt, kümmern uns aber auch um Umweltschutz und so, der Mensch ist schon nicht schlecht. Man kann lange über unsere Unsinnigkeiten reden, aber ebenso lange über das, was wirklich nur wir machen und können.