Gerechtigkeit entsteht vor Gericht

Angriff bei Würzburg Renate Künast fragt, ob die tödlichen Schüsse auf den mutmaßlichen Täter unvermeidlich waren – und zieht damit Unmut auf sich. Dabei ist die Frage dringend notwendig
In einem Regionalzug in der Nähe von Würzburg hat ein junger Mann Fahrgäste mit einer Axt angegriffen
In einem Regionalzug in der Nähe von Würzburg hat ein junger Mann Fahrgäste mit einer Axt angegriffen

Bild: Daniel Roland/AFP/Getty Images

Die Grünen Politikerin Renate Künast hat den Unmut der Netzmeute auf sich gezogen, weil sie die Frage gestellt hat, ob die tödlichen Schüsse von Würzburg unvermeidlich waren.

Die Frage ist nicht nur erlaubt – sie ist notwendig und vorgesehen. Darum wird sie auch von Rechts wegen gestellt. Wir wissen, wie in den USA mit Tatverdächtigen umgegangen wird. Gegen diese Kultur der öffentlichen Gewalt sollten wir uns wehren – nicht im Interesse der Täter, sondern in unserem eigenen Interesse.

Eine brutalisierte Polizei kann für jeden einzelnen Bürger zur Gefahr werden. In Minnesota geriet ein harmloser Autofahrer an einen schießwütigen Polizisten und verlor sein Leben, als er seinen Führerschein aus der Jacke holen wollte.

Würzburg war nun das zweiten Mal in kurzer Zeit, dass die deutsche Polizei einen Tatverdächtigen erschossen hat. Erst im Juni war im hessischen Viernheim ein Mann, der nur mit Attrappen bewaffnet war, von den Einsatzkräften getötet worden.

Nach jedem tödlichen Waffeneinsatz muss die Frage gestellt werden, ob Ausbildung und Ausrüstung der Polizei ausreichen, um möglicherweise gefährlichen Verdächtigen mit nicht-tödlicher Gewalt zu begegnen.

Auch ein mutmaßlicher Täter, der noch die Waffe in der Hand hält, ist nur ein mutmaßlicher Täter, ein Tatverdächtiger. Er ist noch nicht verurteilt, nicht einmal angeklagt. Gerechtigkeit entsteht vor Gericht. Nicht durch tödliche Schüsse.

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Geschrieben von

Jakob Augstein

Journalist und Gärtner in Berlin

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