"Die Täter – Heute ist nicht alle Tage"

ARD- NSU- Film Teil I „Man muss bei denen schon das Menschliche suchen.", zitiert Sven Goldmann im Tagesspiegel Actors des Films, gemeint sind Beate Zschäpe, die Uwes, Mundlos, Böhnhardt.

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„Man muss bei denen schon das Menschliche suchen.", zitiert Sven Goldmann gestern im Tagesspiegel Actors in der ARD- NSU- Triologie, gemeint sind Beate Zschäpe, die beiden Uwes, Mundlos, Böhnhardt.

Die ARD versucht sich an einer vorauseilenden Aufarbeitung von zehn NSU-Morden, noch bevor im Prozess gegen Beate Zschäpe ein Urteil verkündet ist – mit Anna-Maria Mühe, Jahrgang 1985, Tochter des 2007 mit 54 Jahren verstorbenen Schaupspielers Ulrich Mühe, als Beate Zschäpe in drei Teilen -

Warum diese Hast, diese unstete Eile, nachdem vor Monaten ebenfalls in der ARD der Semi- Doku- Dreh zum NSU- Komplex lief "Letzte Ausfahrt - Gera" seine Urständ feierte..

Baut sich der öffentlich- rechltiche Medien- Sektor hierzulande mit der ARD als Speerspitze als Vierte Macht gegen oder als Hilfsorgan der Judikative (Gerichtsbarlkeit) auf, wenn ja, zu wessen Behufe, zu welchem Zweck von öffentlichem Interesse?

Bei dieser ARD- Triologie geht es, neben der Pressefreiheit, um die Freiheit der Kunst zur Unzeit, nämlich vor Abschluss des NSU- Prozesses am Münchner Oberlandesgericht

Eine heikle Sache. Selbstverständlich sind Pressefreiheit, und Kunstfreiheit unveräußerlicher Bestandteil des Grundgesetzes, wie das Persönlichkeitsrecht, auf das Prozessbeteiligte, Angeklagte, Opfer, deren Hinterbliebene als Nebenkläger ihren Anspruch antragsweise geltend machen können.

Das gilt auch für die Angeklagte Beate Zschäpe, gleich wie sie selber zum Grundgesetz, der Freiheitlichen Grundordnung (FDGO) in Deutschland steht.

Warum befrachtet die ARD mit ihrer Triologie das Wahrnehmungsvermögen der Öffentlichkeit, voran der Prozessbeteiligten zur Unzeit mit diesem neuen Schauplatz des "Unausgewogenen, der Unwägbarkeit" , denn ein solcher ist dieser ARD- Film in drei Teilen.

Da heißt es schon in den Medien, bisher unwidersprcochen, die ARD habe mit diesem 10 Millionen € schweren Projekt aus öffentlichen Mitteln Mediengeschichte geschrieben (Sven Goldmann im Tagesspiegel 30.3.2016).

Die ARD mag wohl bis zuletzt um ihr Projekt gebibbert und gebangt haben „Mitten in Deutschland: NSU“. Drei Filme, die sich aus verschiedenen Perspektiven dem Thema NSU widmen.

Die beiden Uwes, Böhnhardt und Mundlos, sind tot. Beate Zschäpe lebt, ihr wird seit fast drei Jahren in München mit einem ungeheuren Aufwand an Pflichtverteidigern für sie der Prozess gemacht, ihre Anwälte gelten unterschiedlich streitbar, was überhaupt und sonders Befangenheitsanträge bei Gericht betrifft..

Ob das mutig von der ARD war, wie gestern im Tagesspiegel zu lesen war, in diese juristische Gemengelage hinein zum NSU- Prozess- Thema auf Sendung zu gehen, in Ton und Bild drauf los zu agieren, wenn ja, aus welchem Kalkül? Da bleiben viele Fragen offen, wir schauen betroffen, Zweifel sind angebracht


Die Furcht, Zschäpes Anwälte könnten per einstweiliger Verfügung dazwischengrätschen, muss groß gewesen sein. Vorab-Vorführungen gab es unter konspirativen Bedingungen, die Schauspieler bekamen für den Fall von Anfragen Sprechblasen zugewiesen, schreibt Sven Goldmann im Tagesspiegel.

Schon der Titel ist provokativ. „Heute ist nicht alle Tage“ ist ein Zitat aus der Zeichentrick-Serie „Rosaroter Panther“. Ein harmloser Kinderspaß, der heute keiner mehr ist, seitdem sich der NSU auf den sogenannten Paulchen-Panther-Videos an seinen Morden ergötzte. „Heute ist nicht alle Tage, ich komm’ wieder Kinder, keine Frage.“ (Zitat- Ende)

Die fiktive Darstellung von Zeitgeschichte allein ist schon ein Balanceakt, dazu die persönliche unausgeleuchtete Geschichte von Beate Zschäpe, den beiden Uwes, Mundlos, Böhnhardt seit etwa 1990 kann nur als kühne Seiltanzakrobatik ohne Netz und doppelten Boden bezeichnet werden.

Z. B., wenn Beate Zschäpe und Freundin, laut Drehbuch, in Wirklichkeit unbelegt, das zudringlich werbende Antanzen von Scientologen mit Geschenken in Jena erleben, die nur nicht mit dem unterwegs sind, was Scientologen an sich ständig als freie Gabe anbieten, ihr Buch "Dianetik"

Selbst die Frage, ob der ARD- Film zumindest als Erkenntnisgewinn taugt, „dass der NSU nicht ein losgelöstes Phänomen von drei Durchgeknallten war, sondern Teil einer Gesellschaft, in der es einen gut gedüngten rassistischen Nährboden gab, der sich sehr schwer tat mit Integration, wie es im Tagesspiegel steht, bleibt unbeantwortet.

Was allerdings dunkel in diesem ARD Film aufleuchtet, ist, dass in Deutschland, Europa, Ost wie West, noch jeder Irrsinn, politisch, spirituell, rechts ob links aufbereitet, von staatsnaher Seite zu unsichtbarem Behufe bewaffnet und grenzüberschreitend aufgeblasen in Dienst gestellt wurde und wird.

So wie Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos. Es gibt im ersten Teil der NSU-Trilogie Szenen, die verstören. Böhnhardt und Mundlos in braunen Uniformen in der Gedenkstätte Buchenwald, mit erhobenem rechten Arm vorm Lagertor. Oder wie die drei am Tisch sitzen und „Pogromly“ spielen, ein mutmaßlich von Zschäpe entwickeltes Gegenstück zu Monopoly. Böhnhardt liest eine Ereigniskarte vor: „Du hast auf ein Judengrab gekackt. Leider hast du dir eine Infektion zugezogen, zahle tausend Reichsmark an die Reichskrankenkasse.“

Da ist es wieder dieses "mutmaßlich" im Begleittext der ARD auf Beate Zschäpe gemünzt und doch erscheint der erste ARD- Fillm der Triologie auf bemerkenswerte Art und Weise dem Skript der Verteidigungslinie Beate Zschäpes zu folgen. So als ob es der ARD "selbstermächitgt" wichtig ist, die Öffentlichkeit auf ein kommendes Urteil vorzubereiten, in dem, dank struktureller Gewalt in unserem Staat in Gestalt von Staastversagen, nicht einmal Ansätze von Mittäterschaft Beates Zschäpes von Belang sein werden.

Der Eindruck wird auch dadurch keinesweg gemindert, dass Beate Zschäpe im Drehbuch fiktiv Mittäterschaften zugeschrieben werden, die bisher unbewiesen, von Beate Zschäpe im Prozess vor dem Münchner Oberöandesgericht bestritten sind.

Dazu schreibt die ARD in ihrem Begleittext: zum Film tendenziös gefärbt und verallgemeinernd:

http://www.daserste.de/unterhaltung/film/mitten-in-deutschland-nsu/sendungen/die-taeter-heute-ist-nicht-alle-tage-100.html
Die Täter – Heute ist nicht alle Tage
PlayUwe Mundlos (Albrecht Schuch. Mitte.), Beate Zschäpe (Anna Maria Mühe, re.) und Uwe Böhnhardt (Sebastian Urzendowsky, li.).
Die Täter - Heute ist nicht alle Tage | Video verfügbar bis 30.06.2016
Fernsehfilm Deutschland 2016

"Jena 1990. Seit dem Zweiten Weltkrieg gibt es keine ähnliche Situation in Deutschland, in der in so kurzer Zeit so viele Menschen gleichzeitig ihre Arbeit verlieren. Viele Jugendliche in Ostdeutschland erleben ihre verunsicherten Eltern und Lehrer, spüren die Machtlosigkeit der Polizei und des Staates. Sie fühlen sich orientierungslos, ungeliebt und gekränkt.

Instinktiv ordnen sie sich als Menschen zweiter Klasse ein, versuchen sich anzupassen und lernen in kürzester Zeit, dass von Seiten der Gesellschaft keine oder wenig Hilfe zu erwarten ist. Reihenweise driften junge Leute von der Schule in die Arbeitslosigkeit. Manche schaffen den Sprung, indem sie in die alten Bundesländer wechseln. Doch der Film wendet sich jenen zu, die bleiben – und wütend anfangen zu rebellieren.

Eine von ihnen ist Beate Zschäpe, die in den Bann junger Rechtsradikaler in Jena-Winzerla gerät. Sie freundet sich mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt an. Aus den drei Freunden wird schnell eine verschworene Gemeinschaft. Ihr Gefühl der Ohnmacht und Unsicherheit ist das grundlegende Erfahrungsmuster, das sie mit tausenden jungen Menschen in Ostdeutschland teilen. Bei den dreien aber setzt eine eigene Entwicklung ein: Wut und Rebellion werden in Hass und Gewalt verkehrt. Sie suchen nach Wahrheit und werden entsetzlich fündig.

Sie radikalisieren sich -

Dieser ARD- Film suggeriert, dass der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) eine übersichtlich reine Ossi- "Bonnie & Clyde" Geschichte sei. ohne auch nur ansatzweise auszuloten, ob es sich beim NSU um ein gesamteuropäisch dienstbares Kleinstzellen- Vehikle rechtsextremistischer Strömungen bis hinein in staatliche Strukturen handeln könnte

Dazu passt, dass Christian Schwochow, Regiesseur dieses Teils der ARD- Triologie, meint, er sei genau der richtige, diesen Dreh zu machen, weil er in der DDR 1978 geboren, aufgewachsen ist.

Ihm sei darum zu tun gewesen, meint Schwochow im Deutschlandfunk Gespräch, Beate Zschäpe, die beiden Uwes, Mundlos und Böhnhardt ohne Wertung darzustellen, als Gemeinschaftsbund, der die völkische Utopie vorwegnehmen wolle. Zu diesem Zweck, so Schwochow, habe er sich dem Trio "infernal" genähert wie etwa alten Klassenkameraden

Christian Schwochow war Regisseur des Films "Der Turm" nach dem gleichnamigen Roman von Uwe Tellkamp.

Steht diese Methode der Fragmentierung von ontogenetiisch polygenetisch historischer Zusammenhänge, sei es durch theophrastisch- bombastische NS- Sprechfetzen, Rülpsblasen, NS- Jargon- Geschwurbel, Rucki- Zucki- Kack- Gegröhle und braunes Knallchargen Pogrom- Gejohle, brachial frivole SA- Kostümierung in der KZ- Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar, statt SS- Uniformierung, die in KZs zu Gaskammer- , Wach- und Schießkommendos gehörte, gilt die SS doch bis heute als deutscher Waffenträger Güte- Klasse 1 A mit Veteranengesang, Alltagsgelümmel "Oh! Mein Führer! Her mit Deinem Ordnungspimmel" , "Eva! Mach nicht so ein Gewese! Her mit Deiner Möse!" im Kracher- Lacher Disco- Getümmel, in diesem "Herrgott im Himmel" ARD- NSU- Film Teil I

"Die Täter- Heute ist nicht alle Tage"

nicht in unseliger Tradition der angeblich unerschrocken durch den Militaria- Händler und Kunstfälscher Konrad Kujau investigativ hervorgezauberten "Hitler Tagebücher" des Wochenmagazins Stern im Jahr 1983 ?

Der Kieler Professor Rainer Mausfeld weiß das Fragmentieren von Zusammnehängen, in anderweitige Zusammenhänge zu setzen, auf die Medien gemünzt, in seinen Abhandlungen und Seminaren pointiert zu beschreiben.

JP


http://www.tagesspiegel.de/medien/filme-zu-uwe-boehnhardt-mundlos-und-beate-zschaepe-die-nsu-morde-in-der-ard/13376860.html
30.3.2016. 19:43 Uhr
Filme zu Uwe, Böhnhardt, Mundlos und Beate Zschäpe
Die NSU-Morde in der ARD, Sven Goldmann

http://www.deutschlandradiokultur.de/ard-trilogie-ueber-nsu-terror-wir-gehoeren-einer-generation.2168.de.html?dram:article_id=349420
Beitrag vom 26.03.2016
ARD-Trilogie über NSU-Terror
"Wir gehören einer Generation an"
Filmregisseur Christian Schwochow im Gespräch mit Susanne Burg

https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/urteil-vs-zschaepe-als-vorstellung-und-wille
JOACHIM PETRICK 27.01.2016 | 01:52 6
Urteil vs Zschäpe als Vorstellung und Wille
Letzte Ausfahrt Gera R. Leys Film ist eine gewagte Annäherung an die mutmaßliche NSU-Terroristin B. Zschäpe und das während eines "Schwebenden Verfahrens", das seit 2013 gegen sie läuft

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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