Die Macht des Mainstreams

Italien Homophobe Äußerungen von Politikern der Lega kommen öfters vor. Der Rapper Fedez macht diese publik – und scheint damit etwas zu bewegen
Ausgabe 19/2021
Der Staatssender RAI legte Fedez nahe, bei einem Fernsehauftritt keine Politikernamen zu nennen
Der Staatssender RAI legte Fedez nahe, bei einem Fernsehauftritt keine Politikernamen zu nennen

Foto: ZUMA Wire/imago

Ein italienischer Rapper hat öffentlichkeitswirksam mit der Homophobie der Lega abgerechnet. Und damit politisch wirklich etwas bewegt. Seit Monaten blockiert die rechtspopulistische Partei im Senat ein Gesetz gegen Homo- und Transphobie. Fedez nutzte seinen Auftritt beim traditionellen 1.-Mai-Konzert der italienischen Gewerkschaften für einen Rundumschlag vor laufenden Kameras.

Dabei zitierte er unter anderem Giovanni De Paoli, der 2016 als damaliger Lega-Regionalrat bei einer öffentlichen Veranstaltung sagte: „Wenn mein Kind homosexuell wäre, ich würde es im Ofen verbrennen.“ Der Staatssender RAI, der das Konzert übertrug, hatte im Vorhinein versucht, den 31-jährigen Rapper davon zu überzeugen, in seinem Statement keine Politiker beim Namen zu nennen – Fedez sprach auf Twitter von Zensur. Italiens drei wichtigste Tageszeitungen griffen den Fall auf. Auch politisch schlug die Intervention des Musikers ein. Sowohl der linke Partito Democratico als auch die Fünf Sterne bekunden nun, das Gesetz gegen Homophobie schnell verabschieden zu wollen, und fordern einen Rücktritt des RAI-Vorstands.

Fedez ist alles andere als ein linker Underground-Künstler, er kommt aus dem Mainstream. Er war Juror der Castingshow X Factor Italia. Liiert ist er mit der Fashion-Bloggerin Chiara Ferragni. Das Paar inszeniert sein Privatleben auf Instagram, postet Fotos von den beiden Kindern. Engagement gehört bei ihnen aber auch zum Lebensstil. So sammelte das reichweitenstarke Paar Fedez-Ferragni etwa zu Beginn der Pandemie per Crowdfunding knapp 4,5 Millionen Euro für ein Krankenhaus in Mailand. Nun nutzt Fedez seine Prominenz für das Anti-Homophobie-Gesetz, das von der italienischen Abgeordnetenkammer bereits im November angenommen wurde und jetzt von der Lega im Senat ausgebremst wird. Es stellt Gewalt und Hasspropaganda gegen homosexuelle und trans Menschen unter Strafe und ergänzt bestehende Strafnormen für Propaganda und Anstiftung zur Gewalt aus rassistischen, ethnischen oder religiösen Motiven.

Der Rapper warb schon vor dem 1.-Mai-Auftritt auf Instagram für das Gesetz, es schütze „die Freiheit unserer Kinder“. Matteo Salvini, Chef der Lega, brachte ebenfalls Kinder ins Spiel. Auf Facebook schrieb er, er sei dagegen, dass „Sechsjährigen in der Klasse Gender-Ideologie beigebracht“ werde. Beim Gesetz sorgt er sich vor allem darum, dass man mit Aussagen, die sich gegen die Adoption durch Homosexuelle richten, einen Rechtsstreit riskiere. Fedez lud er nun dazu ein, einen Espresso mit ihm zu trinken und sich über „Freiheit und Rechte“ auszutauschen.

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