Mit dem Phänomen erst, mit dem Kandidaten dann und schließlich mit dem gewählten Präsidenten Donald Trump umzugehen, fällt zunehmend schwer. Was mit einer politischen Person anfangen, deren Amtszeit noch nicht einmal begonnen hat, aber schon jetzt stark belastet ist? Zu den Interessenskollisionen zwischen dem Geschäfts- und dem Amtsinhaber stellt sich wenige Tage vor dem Einzug ins Weiße Haus eine neue, ebenso gewichtige Frage: Ob Trump erpressbar sein könnte.
Bei dem Versuch, den neuen starken Mann einzuordnen, ist ein nicht unwesentlicher Teil der US-Medien in Italien fündig geworden, bei Silvio Berlusconi. Die Parallelen zwischen Werdegang und Auftritt, Anspruch und vorgegaukelter Wirklichkeit sind tatsächlich verblüffend. Berlusconi hat sein erstes großes Geld mit Immobilien gemacht, seinen Reichtum hat er erfolgreich in politische Münze umgewandelt. Beide lieben das Bad in der Menge, Trump sogar so sehr, dass er an den Wahlkampf eine ebenso bombastische Dankestour anschloss. Und beide haben keine Frauen geheiratet, sondern Covergirls.
Seitdem das Webzine Buzzfeed ein Dossier veröffentlicht hat, in dem unter anderem von Sexkapaden des President-elected die Rede ist, fallen zu "Pussygate" spontan "Rubygate" und bei den kolportierten Szenen in russischen Hotels das berüchtigte "Bunga-Bunga" ein. Auch da war der größte Teil der italienischen Presse weniger skandalisiert, sondern eher besorgt, wer was dabei in Erfahrung gebracht und aufgezeichnet haben könnte. Eine begründete Sorge: Die Veröffentlichung von verdeckten Tonbandaufnahmen des Callgirls Patrizia D'Addario bewiesen alleine durch ihre Existenz die Angreifbarkeit des italienischen Ministerpräsidenten.
Im November 2016 berief sich die Washington Post auf die Expertise des britisch-italienischen Historikers Paul Ginsborg. Der hatte 2005 in einer Biographie geschrieben: "Berlusconi ist sicher ein mit allen Wassern gewaschener Geschäftsmann. Aber er ist auch und vielleicht hauptsächlich ein Einkäufer von Gütern und Dienstleistungen, von Villen und Fußballspielern, von Fernsehkanälen und Entertainern, von Supermärkten und Verlagen und vielen anderen Dingen mehr. Er hat einen Instinkt, der auf Vermögen und Erwerb ausgelegt und der genauso befeuert ist von der Herstellung und dem Gebrauch von Vermögen wie von dem Drang, mit seinem Namen und Gesicht allgegenwärtig zu sein. In dieser Hinsicht kann er mit einer Figur wie Donald Trump verglichen werden, der damit geprahlt hat, er besitze das größte Wohnzimmer in New York und den spektakulärsten Ausblick auf die Stadt."
Der Vergleich zwischen Männern ersetzt nicht den zwischen den Systemen
Nachträglich, so Ginsborg gegenüber dem Blatt, sei er überrascht, wie ähnlich beide Männer ihr Vermögen eingesetzt hätten, um politische Macht zu erlangen. Eine gemeinsame Motivation könne darin liegen, "dass sie sich selbst durch den Machtwechsel innerhalb der Demokratie beschützen wollen, um so aus der italienischen oder amerikanischen eine Autokratie zu machen".
Bei gleicher Prämisse ("Ich habe den Film bereits gesehen, in der Hauptrolle besetzt mit Silvio Berlusconi") verfolgt Luigi Zingales einen anderen Ansatz. In der New York Times räsonierte er ebenfalls im November über "die richtige Art, Trump zu widerstehen", indem er vor der Wiederholung des Kardinalfehlers der italienischen Oppositionellen in neun Jahren mit Berlusconi als Regierungschef warnt. Berlusconi und Trump verbinde, dass sie als Outsider des üblichen politischen Betriebs angesehen würden. Eine zu große Konzentration auf das Persönliche würde Trump als "Führer des Volkes in seinem Kampf gegen die Washingtoner Kaste krönen". Die einzigen Wahlniederlagen, die Berlusconi beigebracht wurden, gründeten sich dagegen auf der Auseinandersetzung bei Sachthemen.
Bemerkenswert ist, dass in diesen auch aus europäischer Sicht sehr nachvollziehbaren Argumentationen eines keinen Platz zu haben scheint: Der große Unterschied zwischen den beiden autokratisch auftretenden Männer, der sich aus der Einbindung in die jeweilige Parteienlandschaft und die staatlichen Institutionen ergibt. Denn wo Berlusconi zunächst mit der Bewegung Forza Italia und dann mit der Partei Popolo della Libertà eigene politische Subjekte gründete, leitete, über seine TV-Kanäle bewarb und maßgeblich finanzierte, steht Trump mit wesentlichen Teilen der Republikaner auf Kriegsfuß. Und sein Wille, sich durchzusetzen, ist umso maßloser, als er höchster Vertreter seines Landes und Chef der Exekutive in einem ist - eine symbolische wie eine Konzentration der Macht, die Berlusconi zwar angestrebt, die ihm aber das Parlament in Rom schlussendlich verweigert hat.
Wie wackelig Trumps Parteifundament ist, war nicht nur im Vorfeld, insbesondere bei den Primaries zu besichtigen, als sich Leitfiguren der Grand Ol' Party im Kongress gegen den künftigen Präsidenten stellten. Sondern es zeigt sich aktuell bei der Anhörung künftiger Kabinettsmitglieder vor dem US-Senat, dass mehr als nur ein Kandidat deutlichen inhaltlichen Abstand zu seinem künftigen Chef einnimmt. Vieles davon klingt nach Kreidefressen und Eigenwerbung, wenn etwa der frühere Vorstand von ExxonMobil, Rex Tillerson, den Klimawandel durch Menscheneinwirkung sehr ernst nimmt, während Trump sich von seinem Ausspruch, es handele sich um einen Hoax, noch immer nicht verabschiedet hat.
Am deutlichsten aber wird die persönliche wie inhaltliche Distanz dadurch, dass das von BuzzFeed veröffentlichte Dossier schon sehr früh in Auftrag gegeben wurde und zwar, bisher unwidersprochen: von einer Gruppe aus Demokraten und Republikanern. Es war der republikanische Senator John McCain, der schärfste parteiinterne Widersacher von Trump, der vergangenen Mittwoch das Dossier dem FBI zu weiteren Ermittlungen übergeben und damit offizialisiert hat. Der Inhalt des Papiers soll sogar bereits seit Oktober vergangenen Jahres bekannt gewesen sein. Immer mehr Redaktionen der US-Medien geben zu, dass es dort ganz offen zirkulierte. Dass jetzt, und zwar mit dem letzten großen Auftritt des scheidenden Präsidenten Obama und der ersten Pressekonferenz von Trump nach seiner Wahl, das FBI eingeschaltet und der Originalwortlaut veröffentlicht wurde, zeigt eine Entwicklung: Wenn der neue Präsident demnächst in das Weiße Haus zieht, wird aus dem Parteizwist ein institutioneller.
Mit der Angelobung wird in den USA der innerparteiliche zum institutionellen Streit
Es geht ab der Amtseinführung am kommenden 20. Januar um das Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative. Dort konkretisieren sich nicht nur andere Vorstellungen der Republikaner in Bezug auf den Patient Protection and Affordable Care Act, besser bekannt als Obamacare, sondern auch zu Steuergesetzgebung, Umwelt- und Energiefragen. Die Sache wird nicht dadurch erleichtert, dass mit Stephen K. Bannon als "Counselor to the President" und damit Chefberater knapp unterhalb eines Kabinettsrangs ein Mann ins Weiße Haus einzieht, der als Demagoge gilt und bei dem nur das Adjektiv "faschistisch" noch nicht leicht fällt. Seine Beratung in Richtung Spaltung der Republikanischen Partei und damit der Fraktionen im Capitol wird jetzt erst recht ein Gradmesser.
Das Dossier gegen Trump kann als langfristig angelegter Disziplinierungsversuch der Legislative gegen den künftig mächtigsten Mann der Welt angesehen werden. Es enthält neben der sexuellen auch die geschäftliche Komponente und die der Interessenskollision; eine thematisch breite Aufstellung. Glenn Greenwald hat das für the Intercept als "Kriegserklärung des tiefen Staates" gegen den gewählten Präsidenten gedeutet. Richtig erscheint daran, dass mit dem Dossier ein sehr polyvalentes Kapitel aufgeschlagen wird: Das des unbestätigten Gerüchts, das der Fabrikation im Dunklen, was sich "im Gegensatz zum offenen Wahlgang, zum Bestätigungsverfahren, juristischem Procedere" (Greenwald) verhält. Andererseits ist nicht alles, was sich hinter verschlossenen Türen als Strategie entwickelt, ausschließlich Sache der Geheimdienste.
Die Verfahren gegen Bill Clinton zeigen das für die Vergangenheit sehr eindrucksvoll. Angefangen beim sogenannten Whitewater-Skandal (die Ermittlungen begannen offiziell im August 1994) bis zur sogenannten Lewinsky-Affäre, die bis einschließlich 1999 in einem Amtsenthebungsverfahren gipfelte, wurde der 42. Präsident der USA auf ein verbindliches Maß reduziert: Durch eine Kombination der Kräfte aus Judikative und Legislative. Das Dossier gegen Trump eignet sich sehr wohl, allein schon mit den nun beginnenden Ermittlungen der Bundespolizei FBI, als Damokles-Schwert über dem Haupt des Präsidenten zu schweben. Wenn und soweit er weiter den Versuch unternehmen sollte, seine bisherige Divide-et-impera-Politik auch auf den Kongress, das Parlament anzuwenden, könnte der Faden, an dem das Schwert hängt, schnell in seiner Länge verändert werden.
Die personalisierte Sichtweise stärkt nur die Exekutive und damit "den Mann an der Spitze"
Die Personalisierung aber hat noch einen anderen negativen Aspekt, und das ist dann eine sehr europäische Lektion. Durch die permanente Konzentration auf die Person an der Spitze der Exekutive werden nicht nur deren Entscheidungen und Handlungen in den Vordergrund geschoben, wodurch die Parlamente auch in der Wahrnehmung ins Hintertreffen geraten, obwohl dort der Sitz der politischen Vertretung ist. Sondern es werden einem Führungsprinzip Wege und Inhalte geebnet und damit dem eigentlichen Populismus Vorschub geleistet. Die ebenso markige wie entscheidungsfreudige "Person an der Spitze" kann leicht zum Autokraten werden und von dort zum "Führer einer Nation", wenn die Einbindung in das System der Checks & Balances versagt. Silvio Berlusconi hat eine solche Änderung des italienischen Verfassungssystems angestrebt und dabei stets das US-amerikanische und französische Präsidialsystem als Vorbild genannt. Derzeit wird es in der Türkei von Recep Tayyip Erdoğan und AKP in die Verfassungswirklichkeit umgesetzt: Die markige und entscheidungsfreudige Person an der Spitze erhält eine eigene Legitimation durch direkte Wahl.
Lange, eigentlich zu lange wurde Berlusconi insbesondere von deutschen Medien und hiesigen Politikern als "Clown" bezeichnet, ohne dessen Politik der dramatischen öffentlichen Verschuldung, der völligen Liberalsierung des Arbeitsmarktes und der Unfähigkeit zur Bewältigung der Flüchtlingsfrage zu thematisieren. Es war ein Verhalten, das 20 Jahre gedauert hat. Das wird bei Trump so nicht passieren. Wer sich auch immer was aus den USA erwartet, ob Investitionen, militärischen Beistand oder Politikweisung: Den reichen Onkel aus Amerika verärgert man besser nicht.
Aber der Unterton der Unterbewertung hat sich bereits eingeschlichen. Die Karikierung der Person, kombiniert mit der derzeit sehr beliebten Zitierung seiner Tweets als "Politik der 140 Zeichen" klammert sein Umfeld, seine Berater, vor allem die tatsächliche Politik aus.
Der differenzierte Blick auf die US-amerikanische Innenpolitik wird ab sofort wesentlich wichtiger als bislang. Sie ist ein Gradmesser dafür, wie weit es Trump gelingt, den persönlichen Machtbereich tatsächlich auszudehnen. Und damit den einiger der gefährlichsten Demagogen, die je ins Weiße Haus eingezogen sind.
Kommentare 27
Danke sehr für die Links!
Als Abschluss und auch mit einer gewissen Schadenfreunde muss ich noch was los werden.
Ich weiß jetzt warum die Salon Kapitalisten und Antikommunisten so ein Bammel vor Trump haben, der Kapitallistensohn Friedrich Engels hat sich ja auch entwickelt … man soll die Hoffnung nicht aufgeben!
Ein sehr gut geschriebener und inhaltsreicher Beitrag, Herr Seidl. Vielen Dank dafür.
Was in der Aufzählung der "Trumpusconi"- Persönlichkeit und der sehr eigenen Vorstellung davon was richtig ist, vielleicht noch fehlt, ist beider Hang zu ungesetzlichem Handeln und zu harten Geschäftspraktiken gegen schwächere Vertragspartner. Trumps und Berlusconis Unternehmungen zeichnen sich durch eine Vielzahl von dubiosen Praktiken aus. Beide häuften Prozesse, Vergleiche und Pleiten. Beide kalkulierten Gesetzesverstöße, wie das mittlerweile bei der großen Wirtschaft und Finanzwirtschaft offensichtlich Usus ist, ein. Sogar mögliche Straf- oder Vergleichszahlungen, werden mit eingepreist.
Trump geht über Berlusconi noch hinaus, indem er beharrlich versucht, auch seine Familie offziell und an erster Stelle in das Regierungshandeln einzubinden.
Bei den bisherigen Anhörungen seiner wichtigsten Mitarbeiter im Kongress, blieben diese geschmeidig unverbindlich und distanzierten sich von Trum und von eigenen Absichten und Meinungen der Vergangenheit. - Das ist aber das übliche Geschäft, um in die Position zu gelangen. Der Widerstand der völlig von den Republikanern beherrschten Häuser des Kongresses, ist eher pro forma, denn man will durchregieren. Ja, ein größerer Teil der Rep.- Senatoren und Repräsentanten, ist sogar noch radikaler konservativ, als der gewählte Präsident. - Insofern glaube ich derzeit nicht, dass D.T. in der ersten Amtszeit und in den ersten zwei Jahren seiner Präsidentschaft, viel Gegenwind aus seiner, nur halbherzig hinter ihm stehenden, von ihm fast willkürlich gewählten Partei erhalten wird.
So gerne ich Glen Greenwald lese und seinen Thesen folge, aber einen "tiefen Staat" gibt es in den USA nicht. Es braucht ihn, anders als in der Türkei, anders als in Ungarn, anders als in Russland und China, gar nicht. Die Betonung von Geheimdiensten und deren Bedeutung, die Anerkenntnis selbst schwach begründeter Thesen aus diesem Sektor, sind US- Tradition, so, wie die, über Parteigrenzen hinweg bestehende Achtung für hohe Militärs und den Militärapparat, nebst Waffenindustrie. Jeder, auch fast jeder schlecht informierte Amerikaner, weiß es und nur wenige stört es.
Die Vorwürfe gegen H. Clinton waren übrigens, bezüglich angeblich krimineller Handlungen, genauso wenig haltbar, wie nun die "Einmischungen" Russlands und diese Dosiers des CIA mit zu vielen Andeutungen und Vermutungen arbeiten. - Clinton verlor ja die Wahl, neben ihrer falschen Strategie, vor allem auch wegen des Eingriffs der FBI- Führung, die selbst Obama nicht verhindern konnte.
Ich finde es gefährlich, wenn anerkannte und gute Journalisten anfangen, um im öffentlichen Gespräch zu bleiben, sehr spezifische Vokabeln, wie eben die des "tiefen Staates" für die USA zu gebrauchen. Die Staaten haben ja eher, im Verhältnis Bund- Bundestaaten und Kommunen, im Bereich innere Sicherheit und Gefängnis, im Bereich soziale Versorgung, einen zu wenig durchgreifenden Bund. Das Federal Government kann sich zum Beispiel, was die teilweise unsäglichen Haftbedingungen und die fehlgeleitete Privatiserung der Gefängnisse angeht, nicht gegen die Einzelstaaten durchsetzen. Es gelingt nicht, für Polizisten aller Ebenen qualitativ hochwertige und einheitliche Ausbildungsgänge einzuführen. Der Bund kann nicht einmal seine eigenen Territorien im Land gegen lokale und einzelstaatliche Übergriffe absichern. "Obamacare" wurde und wird vielfältig auf Einzelstaatsebene behindert. - Alle diese Sachverhalte tragen übrigens zu den Unterschieden bei den Lebens- und Sozialverhältnissen im Land nicht unwesentlich bei.
Trump möchte im sozialen und gesellschaftlichen noch mehr Kompetenzen an die Einzelstaaten zurückgeben. Das wird, kommt er durch, zur Vermehrung des Chaos noch beitragen. Man denke nur einmal an die unterschiedlichsten Regelungen, was in manchen Staaten bezüglich Waffen, Drogen, Gender, Schwangerschaftsabbrüchen, Schulen erlaubt ist und was nicht. Die USA sind ein Flickenteppich in diesen, ganz entscheidenden, staatlichen Dingen. - Bei uns will das niemand wissen und Glen Greenwald ist zu prominent und zu wichtig als Aufklärer, um zumindest ein paar Zweifel zu hegen, ob stimmt, was er schreibt.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Vielen Dank.
Zum Thema Einbindung: Wenn Trump so auf Kriegsfuß steht mit seiner eigenen Partei, frage ich mich generell, was sein Umfeld, was sein "Hinterland" ist, wenn er so weit kommen konnte.
Aber der Unterton der Unterbewertung hat sich bereits eingeschlichen. Die Karikierung der Person, kombiniert mit der derzeit sehr beliebten Zitierung seiner Tweets als "Politik der 140 Zeichen" klammert sein Umfeld, seine Berater, vor allem die tatsächliche Politik aus.
Ich denke an andere entsetzliche historische Personen, die in diesem Unterton der Veralberung kommentiert wurden. Aber, - Trump ist nun wirklich einer, der das selbst mit befördert.
>>...der Kapitalistensohn Friedrich Engels hat sich ja auch entwickelt...<<
Na ja, da gibt es aber einen wesentlichen Unterschied: Friedrich war jung, als er vom Vater nach England gesickt wurde, um dort "moderne Betriebsführung" kennenzulernen. Und war noch imstande, entsetzt zu sein über die Verhältnisse in den Betrieben des "Manchester-Kapitalismus". Was ihn motivierte, in London einen Vortrag eines gewissen Karl Marx zu besuchen...
Trump hat jahrzehntelang sein Erbe auf z. T. recht abenteuerliche Weise für seine Bereicherung eingesetzt nach dem Prinzip: "Ich bin ein Kapitalist und will meinen Spass davon haben*".
Jetzt ist er 70 und hat offenbar immer noch viel Spass. Dass er nun plötzlich die Kehre macht kann bezweifelt werden.
Natürlich herrscht Aufregung, wenn Änderungen auf dem Markt des Profitshareholding anstehen ("Apple abstossen, EXXON kaufen"), aber das wird sich bald legen.
* Das hab ich jetzt abgeleitet von Bismarck: "Ich bin ein Junker und will meinen Vorteil davon haben"
Man muß das Volk vor sich selbst erschrecken lehren, um ihm Courage zu machen.
Karl Marx
Leider, weil wir alle nur zeitweise zur Konzentration fähig sind, entgehen uns Entwicklungen. Gerade jene, die fernab geschehen.
Trump war schon lange vorher nicht unpolitisch.
Dazu hat er in den letzten, entscheidenden Jahren grundsätzlich Positionen seiner Schicht (Geldadel) und der rechten und radikalen Republikaner, z.B., betreibe alles, auch die Politik, wie ein Geschäft, ein Brokering, in dem man sich mit Übertreibungen, falschen Versprechungen und äußerlichem Pomp, um Eindruck zu schinden, sowie mit Härte gegen Geschäftspartner- vor allem wenn man merkt, sie sind schwächer- und mit dem schon einkalkulierten Gesetzes- und Tabubruch durchsetzt, gefördert, es sogar zu einer verkäuflichen und medialen Ware gemacht. - Daher stieg auch sein Bekanntheitsgrad mit "You are fired" in "The Apprentice".
Seine Verzahnung mit der konservativen Politik, ist nur die Inversion der Verzahnung der konservativen Politiker, z.B. der Bush-Familie, mit der neokonservativen Wirtschaftselite. So sitzt Big Oil wieder mit am politischen Tisch. So ist die Wall Street bestens vertreten. So haben nun die "Lebensschützer" Einfluss, das Militär Macht und die NRA regiert durch. Das sind alles erzkonservative und republikanische Positionen, die dieser Präsident erstmals auch umfänglich durchsetzen will. Warum sollte es eine tiefe Spaltung zwischen GOP und Trump&Family, Inc. im Weißen Haus und seiner Administration geben?- Nein. Hält die von Obama angekurbelte Konjunktur und der von seinen Maßnahmen eingeleitete Jobaufbau an, wird Trump dxer Verwirklicher der feuchtesten GOP- Träume.
Noch immer glauben viele Beobachter, Trump werde durch seine wichtigsten Mitarbeiter und die GOPs im Senat oder Repräsentantenhaus ausreichend eingebremst. Dabei ist es eher umgekehrt!
Der Mann suchte sich unter den vielfach noch radikaleren Kräften in dieser Wahlvereinigung, die als Partei durchgeht, jene die schon mehrfach während des Wahlkampfes umfielen, ganz nach Stimmungs- und Erfolgslage, sowie jene, die aus der Vergangenheit genügend rechtskonservative Ausdauer bewiesen haben, um sich ihm und seinen Tabubrüchen verpflichtet zu fühlen. So läuft das z.B. mit Jeff Sessions, so geht das mit Steve Bannon und dem erzkonservativen Tom Price (Gegen die Gesundheit der Armen).
Die Washington Post bezeichnete diese Art Politik treffend mit dem Malmot: "No money, no mercy" - Leider glauben auch manche arme Weiße, meist jedoch die situierten Weißen, Rentner, Pensionäre in den Flächenstaaten und ein paar Blue Collars im Rust belt, an dieses Motto.
Dawei und gutes Restwochenende
Christoph Leusch
... die Politik holt sich Rat bei McKinsey und beschränkt sich zunehmend auf wirtschaftliche Belange ...
Insofern sollte es doch nicht verwundern, wenn in einer Gesellschaft, welche wie keine andere, das Credo hochhält Jeder ist seines Glückes Schmied , konsequenterweise gleich der CEO eines Mischkonzerns (bekannt aus Funk und Fernsehen) berufen wird one nation under God als 'erfolgreiches kleines Familienunternehmen' weiterzuführen.
Und beide haben keine Frauen geheiratet, sondern Covergirls.
Frauen, welche nicht in das selber bevorzugte Schema passen, das Frau-Sein abzusprechen, ist dumm und herablassend.
Diese Haltung findet man eigentlich eher bei Rechten gegenüber erfolgreichen oder feministisch gesinnten Frauen. Linke sollten sich solche Abwertungen nicht zu eigen machen.
Grashalm: Vielen Danke für Ihren Hinweis.
Mit "Covergirl" habe ich die Sichtweise der Herren Trump und Berlusconi wiedergegeben, z.B. hier http://www.dailymail.co.uk/news/article-3828997/Donald-Trump-called-pregnant-wife-Melania-monster-blimp-just-two-months-grab-p-y-comments.html
Auch ohne Link sollte das aus dem Kontext ersichtlich gewesen sein.
Ich habe meinen Kommentar bewusst nicht als Vorwurf an Sie formuliert, weil ich nicht sicher war, wie die Äußerung zu verstehen ist.
Aber einfach so stehen lassen wollte ich den Satz nicht.
„So gerne ich Glen Greenwald lese und seinen Thesen folge, aber einen "tiefen Staat" gibt es in den USA nicht.“
Greenwald ist bei weitem nicht der einzige, der so argumentiert, und er ist auch nicht der erste. Der amerikanische Soziologe Charles Wright Mills schrieb in seinem Buch The Power Elite (deutsch: „Die amerikanische Elite: Gesellschaft und Macht in den Vereinigten Staaten“) 1956 als erster davon. Der scheidende Präsident Eisenhower warnte dann 1961 explizit vor dem Militärisch-industriellen Komplex.
Was mich aber in steigendem Maße verwundert, ist die Tatsache, dass Spekulationen über eine unbestimmte Zukunft nicht nur in Ihrem Beitrag zu Tatsachen verändert werden. Warum kann man Trump nicht erst einmal die ersten 100 Tage gönnen und dann den Stab über ihn brechen? Was motiviert Sie dazu? Berlusconi kann man mehr oder weniger zuverlässig über seine Handlungen definieren. Trump ist doch noch gar nicht im Amt.
"Seitdem das Webzine Buzzfeed ein Dossier veröffentlicht hat, in dem unter anderem von Sexkapaden des President-elected die Rede ist, fallen zu "Pussygate" spontan "Rubygate" und bei den kolportierten Szenen in russischen Hotels das berüchtigte "Bunga-Bunga" ein."
Im Übrigen finde ich es maximal unfair, bloße Gerüchte als Grundlage für die Bewertung einer Person heranzuziehen. Damit geben Sie den Urhebern recht, irgendetwas wird immer hängen bleiben.
Ja, Grenzpunkt O, Eisenhowers "Valediction" zum militärisch- industriellen Komplex und Mills kenne ich doch, habe Eisenhauer sogar jüngst zitiert. - Aber der militärisch- industrielle Komplex ist nicht der "tiefe Staat"!
Damit meint man nämlich die Durchdringung und Kontrolle einer Gesellschaft, auf allen wesentlichen Ebenen, vor allem auch mit der beständigen Androhung von Gewalt, durch interne, eng miteinander arbeitende Kreise, die sich unangreifbar machen und systematisch mit Verbrechen auf allen Ebenen arbeiten, um die Macht in ihrem Kreis zu halten.
Die Aufhebung der Gewaltenteilung, die Beeinflussung der Erziehung und Bildung auf jeder Ebene, die völlige Kontrolle der Presse und der Medien, im Sinne der Herrschenden, gehören dazu. So wie das ehemals die türkischen Militärs und einst Gülen forderten und planten, so wie es Erdogan nun für seine Herrschaft erneut einzurichten versucht.
So etwas, gibt es in den USA nicht, wie sie schon relativ einfach an der wenig formatierten und wenig formierten Gesellschaft und den großen bundesstaatlichen Unterschieden in den USA erkennen können.
Wenn sie die USA heute als ein System des tiefen Staates bezeichnen wollen, gilt das auch für Russland, China und Brasilien. - Es bringt nichts, den Begriff und seine Bedeutung auf die Staaten anzuwenden, weil er einfach nicht zutrifft. Dann wird alles ein begriffliches Wischiwaschi, beliebig.
Wie dem auch sei, es bleiben ja trotzdem die gravierenden Demokratie- und Gerechtigkeitsmängel und das Überwiegen der Wünsche der Hochfinanz und der reichen Eliten, sowie eben der "Komplex" der allergrößten Militärmacht der Welt. - Das reicht vollkommen, um es nicht gut zu finden.
Guten Abend
Christoph Leusch
Warum geben Sie Adolf Hitler nicht erst einmal eine Chance? Und beurteilen den Mann anhand seiner Taten – zum Beispiel dem Vorhaben, die Arbeitslosigkeit abzuschaffen? Oder auch die Handlungsunfähigkeit und Zerstrittenheit innerhalb des demokratischen Parteiensystems?
Ehrlich gestanden machen die Chance-geben-Einwürfe umso fassungsloser, je dichter die Eindrücke werden, dass DT nicht mehr alle Tassen im Schrank hat und seine Regierung das reaktionärste Oligarchen- und Kalte-Krieger-Kabinett ist, dass in den USA seit dem Ende des Bürgerkriegs zusammengestellt wurde. Welche Chance genau soll man geben? Die zum Atomkrieg mit China, die zum Bau der Mexiko-Grenzmauer – oder beide Chancen zusammen? Soll man dreimal auf Holz klopfen, dass der große (politisch äußerst rationale, berechnende) Putin dem kleinen Bub Trump anerkennend über den Kopf streicht und im Anschluss Frieden in der Welt einkehrt? (Und was passiert, wenn nicht?) Soll man die Chance geben, dass er keine Internierungslager baut, keine Handelskriege vom Zaun bricht oder nicht die (sowieso schon lausige) Krankenversicherung seines Vorgängers kassiert?
Kurzum: DT steht erst im Vorzimmer der Macht. Und schon hat man den Eindruck, bei dem Mann handele es sich um eine Art Inkarnation von Jesus Christus. Obwohl die Vita dieses neuartigen politischen Erlösers aus nichts anderem besteht als Hass, Voreingenommenheit, grandioser Dummheit, grandioser Egomanie, Bereicherung ohne jedes Maß und Ziel, Lügen sowie anderen-Leuten-nach-dem-Mund-Reden, so wie er es gerade braucht.
"Eisenhauer"/ Eisenhower, der General, der mit dem "Komplex" zum Glück den Weltkrieg entschied und an seinem Amtsende als Präsident entdeckte, dass da ein schwer zähmbares Gebilde entstanden war. Der Mann hatte es aber auch schwer, weil der "Komplex" auch einen Teil der ökonomischen Basis der sogenannten "Affluent Society" lieferte, in der für einen Zeitraum vom Kriegsende, bis in die späten 70er Jahre unter Jimmy Carter, die soziale Spreizung der Massengesellschaft in Grenzen blieb und tatsächlich Massen, wie im deutschen Wirtschaftswunder, an Einkommenszuwächsen und Vermögen partizipierten.
Das Modell will Trump wiederbeleben, so wie manche bei uns zu Adenauer und Erhard zurück wollen. Aber die Verhältnisse sind heute völlig andere.
Beste Grüße
Christoph Leusch
Nur noch 5 Tage bis zum Weltuntergang.
"Wenn sie die USA heute als ein System des tiefen Staates bezeichnen wollen..."
Das will ich beileibe nicht. Die beiden Autoren haben das auch nicht behauptet. Aber es gibt formelle und informelle Strukturen, die sich über all die eigentlichen Organisationformen des Staates legen. Die äußern sich nicht unbedingt in Gewalt. Es gibt eine Elite, die die Richtung bestimmt.
"Aber es gibt formelle und informelle Strukturen, die sich über all die eigentlichen Organisationformen des Staates legen." - Völlig einverstanden!
Die gibt es. Brasilien: Da wirken Konzerne, wie Petrobras, in und über die eigentlichen, staatlichen Organisationsformen. In China und Russland, in den USA, führen Konzerne der staatsnahen Oligarchie, sowie die allgegenwärtigen "Dienste", durchaus ein Eigenleben und in den USA treten noch mächtige Konzerne und Superreiche hinzu, die nach sehr eigenen Vorstellungen agieren und es oft ungehindert so halten dürfen.
Nur den tiefen Staat, der ja mit allen Mitteln die Gesellschaft in seinem Sinne manipulieren und formieren will, den gibt es nicht. Angesichts der anderen Möglichkeiten, ist der fortgesetzte Streit um die Wortwahl eher akademisch. Ich bin eben für Genauigkeit und gegen Vermengung spezifischer Begriffe.
Mahlzeit und gute Woche
Christoph Leusch
Man sollte die Vereinigten Staaten nicht auf Personen reduzieren. Sie sind nur deren gesamtgesellschaftliche Widerspiegelung und Ausfluss. Allerdings liegt hier die Gefahr für die weitere Existenz der Menschheit. Besteht doch in den Vereinigten Staaten nicht nur bei den Trägern ideologischer und politökonomischer Macht eine tiefe neurotisch-psychologische Verbundenheit zum Militärwesen und gegebenenfalls zum (weltweiten) Einsatz der Nuklearwaffe.
>>Man sollte die Vereinigten Staaten nicht auf Personen reduzieren.<<
Richtig. Auch Donald Trump ist ein Produkt des Kapitalismus. Der wird nicht kritisiert. Kritisiert wird nur dass er nicht die Fassade vor sich herträgt, die man von Politikern der Terrororganisation Kapitalistischer Staat gewohnt ist.
Man darf in Deutschland Trump kaum verteidigen, sonst gibt's auf die Nuss. Deshalb mach ich das nicht. Verweisen möchte ich trotzdem auf den Obama-Abschied. So viel Heuchelei war selten bei diesem Drohnenkrieger, der vom Westen 2009 mit dem Friedensnobelpreis für seine "außergewöhnlichen Bemühungen für die Zusammenarbeit zwischen den Völkern" ausgestattet worden ist. Hinter den üblichen lähmenden diplomatischen Gepflogenheiten des "so tun als ob" hat sich Trump bisher nicht verschanzt. Ist etwa Steinmeier der ehrlichere Politiker, weil er so redet, dass man es vornehmlich als nichtssagend bezeichnen kann. Was ist mit der Kanzlerin, deren öffentliche Auftritte fast immer die Kühle des Vagen und Nebulösen ausstrahlen? Man schaue sich ihr letztes Werk, die Neujahrsansprache, an. Ist dies seriöser als das, was Trump von sich gibt, nur weil es sich an der üblichen Art der öffentlichen Nicht-Kommunikation orientiert?
Man darf in Deutschland Trump kaum verteidigen, sonst gibt's auf die Nuss. Deshalb mach ich das nicht.
(Beispiele Obama, Steinmeier und Merkel)
Ist dies seriöser als das, was Trump von sich gibt, nur weil es sich an der üblichen Art der öffentlichen Nicht-Kommunikation orientiert?
Kurzzeitgedächtnis kaputt?
ja, historisch-materielle zustände
auf personen zu reduzieren:
sollte sich verbieten.
trump ist eine schlechte reaktion
der us-wähler auf ihre zugespitzte
ausbeutungs-situation. erklärt
der marxistische ökonom richard d.wolff(-->wiki)
empfehle seinen clip auf -->youtube:
das system hat keine lösung.über die krise
in den usa und europa. 15 klärende min. !
>>Ist dies seriöser als das, was Trump von sich gibt,...<<
Nein. Aber das heisst nicht, dass ein paar Kapitalisten und CEO's als Staatshäuptlinge die für die Mehrheit bessere Variante wären.
Allerdings ist es in den USA entschieden und ich denke, es wäre konstruktiver darüber nachzudenken, was das für uns bedeutet.
Die US-Amerikaner haben nach dortigem Recht einen milliardenschweren Baumogul zu ihrem Präsidenten erkoren. Dieser hat ganz folgerichtig Milliardäre und Multimillionäre in sein Kabinett berufen. Die Wirtschaftsoberen, die sowieso schon über großen Einfluss verfügen, stellen von nun an zusätzlich die Regierung.
Das deutsche System ist mit dem amerikanischen nur bedingt zu vergleichen, aber wir sehen, die Politiker, wie etwa der ehemalige Bundeskanzler Schröder, gehen nach der Politik in die Wirtschaft. Da dürfte er für seine jetzigen Gehalts- und Bonispender in seinem vormaligen Job nicht so viel falsch gemacht haben. Oder nehmen wir den ehemaligen Entwicklungshilfeminister und früheren Soldaten Niebel, der nach dem Ausscheiden seiner Partei aus dem Bundestag nun als Rüstungslobbyist tätig ist. Gewisse Parallelen in hochentwickelten kapitalistisch organisierten Staaten sind offensichtlich.
Ich meinte, was die Regierungsänderung in den USA für Europa bedeuten könnte.
Zum Beispiel:
Trump hat auch ein paar Militärhäuptlinge in seinem Team. Und er erklärt die NATO für obsolet. Daraus wäre zu schliessen, dass die US-Regierung ihr Militärpotential aus Europa zurückziehen wollen, um es anderswo einzusetzen.
Denkbar wäre zum Beispiel, dass sie versuchen, die neue ökonomische Weltmacht China mit einem gigantischen Wettrüsten in die Knie zu zwingen. Dafür brauchen sie Europa nicht, sondern eher asiatische Länder, in denen sie ihr Drohpotential ausbauen.
Was auch immer sie vorhaben, ein Rückzug der USA aus Europa könnte bedeuten, dass europäische Regierungen, getrieben von ihren Lobbyisten, ihre Kriegsrüstungsausgaben drastisch erhöhen wollen werden.
Vielen Dank für den Beitrag, war sehr schön zu lesen.