Eine Chance, aber kein Selbstläufer

Doppelspitze Die SPD hat Nachholbedarf in puncto weibliches Spitzenpersonal und Gabriel zeigt sich offen. Doch das allein schützt die Partei nicht vor männlichen Machtansprüchen
Ausgabe 44/2015
SPD-Führungspersonal: Yasmin Fahimi (links) und Elke Ferne mit Sigmar Gabriel
SPD-Führungspersonal: Yasmin Fahimi (links) und Elke Ferne mit Sigmar Gabriel

Foto: Metodi Popow/Imago

Einen Überschuss an weiblichem Spitzenpersonal kann die SPD nicht beklagen. Zwar stellen die Sozialdemokraten in den Ländern mächtige Ministerpräsidentinnen, im Bund besetzen Genossinnen wichtige Ministerien – doch in Partei und Fraktion blieben die Chefsessel bislang stets den Männern vorbehalten. Da gibt es Nachholbedarf. Schließlich hatte sogar die FDP mal eine Fraktionsvorsitzende, und selbst die CDU wird ja bekanntlich seit 15 Jahren von einer Frau geführt.

Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (AsF) will an das Problem jetzt ran. Künftig sollen auf allen Parteiebenen Doppelspitzen aus Mann und Frau möglich sein – vom Ortsverein bis zur Bundespartei. Eine entsprechende Satzungsänderung soll der Parteitag im Dezember beschließen. SPD-Chef Sigmar Gabriel hat bereits Unterstützung angekündigt. Bricht die Partei also endlich „ins 21. Jahrhundert“ auf, wie Linken-Vorsitzende Katja Kipping spitz bemerkte?

Klar ist: Mehr weibliche Führungskräfte würden der SPD guttun. Die Partei leistet sich zu oft noch einen machohaften Habitus, daran konnte auch die parteiinterne Frauenquote nicht viel ändern. Doppelspitzen auch an der Parteibasis könnten hier helfen und wieder mehr Menschen davon überzeugen, bei der SPD mitzuarbeiten. Schließlich lastet bei einer Doppelspitze die ehrenamtliche Parteiarbeit, etwa im Ortsverband, auf mehreren Schultern.

Trotzdem ist die Doppelspitze kein Allheilmittel. Linke und Grüne können ein Lied davon singen. Erst im Sommer beklagte Grünen-Chef Cem Özdemir, die doppelte Doppelspitze in Partei und Fraktion mache es „nicht leichter, personelles Profil zu gewinnen und Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner zuzuspitzen“. Das Problem ist bekannt: Läuft es zwischen den Ko-Vorsitzenden nicht rund, agieren die Parteien gelähmt. Neid und Machtkämpfe sind keine Seltenheit. Da wird hinter vorgehaltener Hand gelästert und dem Ko-Chef beiläufig in Interviews einer mitgegeben. In dieser Disziplin braucht die SPD nun wirklich keine Nachhilfe.

Die Erfahrung zeigt zudem, dass Doppelspitzen allein nicht vor männlichen Machtansprüchen schützen. Joschka Fischer konnte es egal sein, wer unter ihm die grüne Parteispitze bildete. Auch Gregor Gysi ließ sich von seiner Parteiführung nichts vorschreiben. Trotz paritätischer Besetzung lag die eigentliche Macht in diesen Fällen bei den Männern. Sollte es bei der SPD ähnlich laufen, wäre auch durch eine weibliche Ko-Vorsitzende also nicht viel gewonnen.

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