Russland: Umbau staatlicher Auslandsmedien

Objektiv oder Spam. Auf dem Weg zu neuen Ufern kommen Auslandspropagandisten ihrem Publikum näher, handeln sich aber auch Ärger vor Ort ein.

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Die englischsprachigen Zweige der "Stimme Russlands" (Voice of Russia) sowie von RIA Novosti wurden am Montag zu einer neuen Medienmarke unter dem Namen "Radio Sputnik" zusammengelegt, berichtete das RBB-Medienmagazin am gleichen Tag. Radio Sputnik soll vermutlich demnächst oder mittelfristig auch den deutschsprachigen Zweig der "Stimme Russlands" übernehmen und wäre damit nach der "Stimme" die zweite Nachfolge-"Marke" des früher einmal legendären sowjetischen Auslandsdienstes, Radio Moskau.

Die Veränderungen betreffen laut RBB nicht den Fernsehsender "Russia Today" (RT) und dessen deutschlandbasiertes Internetangebot, rtdeutsch.com.

Unverändert bleibt bei allen Projekten die Strategie, traditionelle Verbreitungswege - also insbesondere die »Kurzwelle - hinter sich zu lassen und zukünftig auf das Internet, Satellitenausstrahlung sowie auf Studios und Kabelnetze direkt im Land des Zielpublikums zu setzen.

Ein vollständiger Abriss sämtlicher über das Gebiet der Russischen Föderation verteilten Kurzwellensendeanlagen ist allerdings vermutlich nicht geplant. Auch Deutschland, dessen Auslandssender "Deutsche Welle" nur noch in Ruanda Kurzwellensender für seine afrikanischen Hörer betreibt, verfügt an der historischen Großfunkstelle Nauen weiterhin über eine - allerdings privatisierte - Kurzwellensender- und Antennenfarm. Frankreich betreibt Kurzwellensender im zentralfranzösischen Issoudun, und Großbritannien hält an einer Sendeanlage in Woofferton in der Grafschaft Shropshire fest. Sowohl Deutschland als auch Großbritannien haben allerdings in den vergangenen Jahren auch mehrere Stationen aufgegeben und abgebaut - in Deutschland betraf das die früheren DW-Sendestationen Jülich und Wertachtal.

Direkt im Land des Zielpublikums auf Sendung zu gehen birgt allerdings auch Risiken: die britische RT-Niederlassung stößt auf behördliche Schwierigkeiten, so ein Bericht des"Guardian". Der öffentliche Medienregulierer Ofcom habe am Montag vier Berichte der britischen RT gerügt, die alle die Ukraine betrafen und die Ofcom zufolge eine für Nachrichtensendungen gebührliche Objektivität ("due impartiality") vermissen ließen. In den neun Jahren, die RT in Großbritannien aktiv sei, habe Ofcom in zehn Fällen Probleme registriert, vom Werbeanteil in den Programmen bis hin zu Fragen der Objektivität und drastischen Bildern ("graphic images"). Im Wiederholungsfalle seien satzungsgemäß Sanktionen fällig, die im äußersten Fall auch den Entzug der britischen Sendelizenz für RT bedeuten könnten.

Und im Frühjahr 2014 strichen die russischen Behörden eine Mittelwellenfrequenz der "Voice of America", die vor allem im Großraum Moskau hörbar gewesen war. Die Entscheidung ging Berichten zufolge auf eine Entscheidung Dmitry Kiselyovs zurück. Kiselyov ist Chef der russischen Staatsinformationsagentur Rossiya Segodnya, die unter anderem für den Betrieb der z. B. in Deutschland und Großbritannien betriebenen RT-Sender zuständig ist. (Dass Rossiya Segodnya auf Englisch ebenfalls "Russia Today" bedeutet, ist offenbar Zufall.

Anders als Ofcom zur feinen englischen Art nicht verpflichtet, bekundete Kiselyov in schlichten Worten sein Missfallen am Programm: "Es ist, als sendeten sie [VoA und Radio Free Europe] aus der Unterwelt", ließ er wissen, "oder jedenfalls aus einer Welt, die es nicht mehr gibt". Es handle sich um "Spam auf unseren Funkwellen".

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