„Ohne Fleiß, kein Preis“: Die große Lüge des Kapitalismus

Essay Das kapitalistische Märchen, jeder Verdienst sei verdient und Glück notwendige Folge von Fleiß, führt ins Elend. Doch der Wunsch, sich einzubringen, steckt im Menschen – was nun?
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 40/2023
In der Leistungsgesellschaft verrenken sich alle, das tut nicht jedem gut. Manchen hilft es, sich auf den Kopf zu stellen
In der Leistungsgesellschaft verrenken sich alle, das tut nicht jedem gut. Manchen hilft es, sich auf den Kopf zu stellen

Foto: Melissa Schriek

Die Leistungsgesellschaft ist eine noch recht junge und ziemlich geniale Erfindung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft. Sie verschafft der allgegenwärtigen Ungleichheit ausreichend Akzeptanz und stiftet Vertrauen. Dieses Vertrauen baut darauf, dass alle, die etwas leisten, dafür belohnt werden. Der Glaube, der Lohn sei die Bezahlung für eine erbrachte Leistung, sitzt tief und ist schlecht zu erschüttern. Er ist für Gesellschaften so wichtig, wie für die Katholische Kirche das unerschütterliche Vertrauen auf Gott. Davon abzufallen wäre Frevel oder Anarchie.

Da nützt auch nicht die Erkenntnis, dass sich die Vorstellung von Leistung erst um 1900 zu wandeln begann. Noch im 18. Jahrhundert spielte der Begriff kaum eine normative Rolle. D