Man sollte sich die Formulierung der Anwaltskanzlei Schertz Bergmann ganz genau anschauen, in der sie erklärt, die Vertretung von Till Lindemann übernommen zu haben. In der Presseerklärung heißt es, Vorwürfe seien unwahr, in den behauptet würde, Frauen seien bei Konzerten von Rammstein „mithilfe von K.O.-Tropfen bzw. Alkohol betäubt worden, um unserem Mandanten zu ermöglichen, sexuelle Handlungen an ihnen vornehmen zu können.“ Es geht darin um diese Kausalität. Es geht also nicht darum, ob der Mandant Alkohol oder Betäubungsmittel verabreicht hat, es geht auch nicht darum, ob er sexuelle Handlungen vorgenommen hat. Es geht einzig um den Vorwurf, er habe Substanzen verabreicht, UM Sex zu haben.
Ist die Band schlau, gibt sie n
ob er sexuelle Handlungen vorgenommen hat. Es geht einzig um den Vorwurf, er habe Substanzen verabreicht, UM Sex zu haben.Ist die Band schlau, gibt sie nach der Tour ihr Ende bekanntSeitdem sich die Anwälte auf diesen Zusammenhang berufen, ist eigentlich klar, dass rein rechtlich in der Causa Rammstein nicht viel zu holen ist derzeit. Denn dieser Zusammenhang wäre wohl nur nachzuweisen, wenn mehrere Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter dazu aussagen und die Vorwürfe bekräftigen würden. Solange den Mitgliedern der Band nichts justiziables nachgewiesen wird, wird man auch weiterhin damit umgehen müssen, dass für Menschen, denen keine strafbare Handlung nachgewiesen wird, eine Unschuldsvermutung gilt. Und wenn man mit dem Kopf denkt und nicht mit dem Bauch, dann kommt einem das sogar richtig vor.Lindemann wird also auch weiterhin schlechte Reime schreiben, und beweisen, dass wir in Deutschland die Poesie haben, die wir verdienen. Mitglieder der Band hängen auch weiter auf Berliner Dachterrassen ab und feiern mit anderen erfolgreichen Musikern. Der Sänger geht vermutlich weiterhin mit seiner Tochter in Sexclubs. Und der ein oder andere einflussreiche Medienmann wird auch weiterhin zu Flake nach Brandenburg fahren. Wenn wir Glück haben – und wenn die Band schlau ist (in den letzten Jahren hatte man nicht unbedingt den Eindruck), wird sie nach der Tour ihr Ende bekannt geben, weil man „in diesem Klima der Lügen keine Kunst machen könne, blabla“. Aber die erhoffte Erleichterung, diese irgendwie Bestrafung für jahrelange frauenfeindliche Musik, Werbung, Verhalten wird es wohl erstmal nicht geben.Es wird weitere Konzerte geben. Es wird weiter merkwürdig realitätsferne Auslassungen geben, wo von „bösen Zungen“ und der „Wahrheit“, die ans Licht komme, gefaselt wird. Wo doch nicht mal die Anwälte bestreiten, dass es ein Casting-System gibt, dass es unter der Bühne die sogenannte „Suck-Box“ (Kotz-Emoji) gibt, ordentlich Alk auf den Vor- und Nachpartys gereicht wird. Es werden auch weiterhin viel zu viele Fotos des Sängers in den Medien genutzt, die selbst für Unbeteiligte mittlerweile traumatisierend wirken. Und es werden auch weiterhin Rammstein-Fans und Artverwandte, die Debatte über die Band nutzen, um sich abzugrenzen gegen die neue Welt, gegen Wokistan oder Hexenjagd oder wie sie sonst so sagen. Fans und Demonstrantinnen werden sich weiterhin mit Schimpfwörtern beschreien – und bringen wird das nix.Eine ganz großartige Möglichkeit gibt es jetztAlso alles schlimm, ungerecht, furchtbar kaputt? Naja, nur teils. Denn es gibt jetzt hier und heute eine ganz großartige Möglichkeit: Wir können endlich allen und jedem weiter erzählen, dass es nicht in Ordnung ist, sexuelle Handlungen an zu besoffenen Menschen vorzunehmen. Nicht in Ordnung, Schlafende zu ficken. Nicht richtig, dass manche Menschen mehr zählen, weil sie viele Follower bei Insta haben oder Stadien ausverkaufen.Wenn wir jeden Nachbarn, jede Freundin, jeden Anwalt, jeden Rammstein-Fan ganz freundlich darauf hinweisen, dass es nicht in Ordnung ist, Sex zu haben mit Menschen, die nicht mehr kommunizieren können, ganz egal, ob sie nicht mehr kommunizieren können, weil wir ihnen was gegeben haben, damit wir sexuelle Handlungen an ihnen vornehmen können, sondern einzig und allein, weil sie nicht mehr kommunizieren können, dann haben wir schon eine Menge erreicht.