Sexualstraftaten: Im Zweifel für den Angeklagten! Oder soll man es lassen?

Schuld Jeder gilt als unschuldig, bis das Gegenteil bewiesen ist. Zugleich fordert die MeToo-Bewegung: Glaubt den Opfern. Wie lässt sich der Widerspruch auflösen? Über eine Debatte, die alle Seiten überfordert – und doch geführt werden muss
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 26/2023
Sexualstraftaten: Im Zweifel für den Angeklagten! Oder soll man es lassen?

Illustration: der Freitag/Getty Images

Als der schöne Satz „in dubio pro reo iudicandum est“ zum ersten Mal niedergeschrieben wurde, gab es die deutsche Rockband Rammstein noch nicht. Oder die Rockmusik. Oder Deutschland. Im Zweifel ist für den Angeklagten zu entscheiden, schrieben Rechtsgelehrte im 16. Jahrhundert im damals üblichen Latein. Aus dem Zweifelssatz spricht die Unschuldsvermutung, er ist die prozessuale Konsequenz von „innocent until proven guilty“. Für ein rechtsstaatliches Verfahren sind diese Prinzipien unverzichtbar, sie stehen in der Menschenrechtskonvention, die Verfassung schützt sie. Mancher, der den Diskurs um Rammstein-Frontmann Till Lindemann verfolgt, hat den Eindruck, wir werfen sie gerade über Bord.

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