Die Taliban sind Überzeugungstäter, seit jeher fühlen sie sich dazu berufen, in ihrem Land ein Kalifat, sprich: einen Gottesstaat, zu errichten, um einer religiösen Mission zu genügen. Sie werden danach streben als Untergrundkämpfer wie als Unterhändler, als designierte wie direkte Regierungspartner. Sie stehen seit mehr als 40 Jahren in einem Guerilla-Krieg gegen das Militärrepertoire von Weltmächten. Den können sie so wenig gewinnen wie verlieren, aber stets von Neuem führen und führen können als Vollstrecker des selbst auferlegten Mandats.
Das sollte wissen, wer mit ihnen verhandelt, wie das die US-Regierung seit Monaten im Golfstaat Katar tut. Das Ergebnis sollte ein Vertragsfrieden sein, den man treffender hätte Waffenstillstand nennen müssen. Dabei war von vornherein klar, dass den die Taliban nur einhalten würden, wenn ihnen das nützlich erschien oder die Stärke der Gegner sie dazu zwingen sollte. Nur wer wird das künftig sein, sollte sich die US-Armee schrittweise zurückziehen, wie das Donald Trump bis vor Kurzem vorschwebte? Ihn nun aber nicht nur zaudern, sondern die Notbremse ziehen und die Verhandlungen bis auf weiteres stornieren lässt.
Es war nur eine Frage der Zeit, dass sich der US-Präsident der Risiken eines Agreements mit den Taliban bewusst werden musste, bei dem als Gegenleistung für eine Feuerpause und die klare Distanzierung der Aufständischen von al-Qaida und dem Islamischen Staat (IS) das US-Korps von derzeit 14.000 Soldaten merklich reduziert werden sollte. Natürlich schien die Aussicht für Trump verlockend, auf der Schwelle zum Wahljahr 2020 den Einstieg zum Ausstieg der USA aus einem Krieg zu verkünden, der im Oktober 18 Jahre alt wird. Kein Waffengang, zu dem man seit 1945 antrat, dauerte länger und kostete mehr – bisher über 1.000 Milliarden Dollar. Trump wollte wenigstens einen Teil der Soldaten endlich nach Hause holen, zumal seit geraumer Zeit kein Monat mehr vergeht, ohne dass die US-Armee Todesopfer zu beklagen hat.
War es das wert, dürfte Trump nun gefragt worden sein, falls dank seines Deals demnächst die Taliban mit oder allein regieren. Man denke an den September 1996, als sie Kabul eroberten. Diesem Vormarsch gingen ein Bürgerkrieg und der Versuch eines Vertragsfriedens voraus, den im April 1988 die damalige Besatzungsmacht Sowjetunion zu finden suchte, um ihre Truppen abziehen zu können. Was seinerzeit fehlte (und woran sich bis heute nichts geändert hat), ist innerer Frieden, die Bereitschaft der Konfliktparteien, auf die vereinnahmende, zerstörerische Ambition im Umgang miteinander zu verzichten. Lange genug waren die USA am Hindukusch selbst davon beseelt – als Gewalt- statt Friedensstifter, wovon sich die Taliban im Willen und Weg zur Macht stets bestätigt sahen. Dass sie auch während der jetzigen Verhandlungen weiter Attentate verübten und sich dazu bekannten, ist dafür Indiz genug.
Kommentare 7
die taliban kämpfen so wenig mit eigen-hergestellten waffen
wie die afghanischen staats-truppen durch westliche ersetzt sind.
Zu viel mystik und zu viel weltpolitische anmassung - Afghanistan ist einerseits zu unbedeutend und andererseits zu wichtig.
Es ist zu unbedeutend, um die notwendige militärische entschlossenheit (und den dafür notwendigen konsequenten einsatz militärischer mittel) an den tag zu legen (mit dem ziel es wirklich zu beherrschen). Gleichzeitig ist es zu wichtig, weil es als zentralasiatisches aufmarschgebiet gegen Russland unverzichtbar ist.
Folglich ist es egal, wer in Kabul regiert, solange das land nicht unter die kontrolle Russlands fällt. Ein "geschäft" mit den Taliban ist daher immer eine option gewesen - und aus sicht DTs ein guter deal ... und wo der grosse Donald recht hat, hat er recht...
Die Taliban kämpfen, sie kämpften und sie werden kämpfen, ganz egal was da passieren wird. Taliban sind Afghanen, Afghanistan zählte 1950 etwa 8 Mio Einwohner, die das Land eher schlecht als recht ernähren konnte. Heute, trotz 40 Jahren Krieg gibt es ca. 40 Mio Afghanen, das Durchschnittsalter ist in etwa gleich geblieben, liegt bei 18,5 Jahren (!) die Frauen kriegten 1950 7,7 Kinder, heute etwas mehr wie 6. Ja, bitte schön, was sollen die denn machen außer kämpfen? Das Land bestellen, das kaum die 8 Mio ernähren konnte? Mit ihrem Steinzeit Islam das Land entwickeln, Rohstoffe fördern und verscherbeln, Opium produzieren? Die werden kämpfen.
es wäre nicht gut,
wenn eine taliban-regierung zugang zu atom-waffen hätte.
versuche, sie über pakistan. vermittler zu bekommen, gab es.
--->wikip.:abdul kadir khan.
Nachhilfe für den deutschen Kapitalismus
Welche afghanische Regierung auch immer, die VR China ist bereits seit Jahren im friedlichen Rohstoff- und Milliardengeschäft mit und in Afghanistan.
Trotz ihrer guten Wirtschaftsbeziehungen mit China, die deutsche Bundesregierung bemüht sich zusammen mit den USA und anderen NATO-Staaten, um einen militärischen Zugang zu den Rohstoffen Afghanistans. – Offiziell natürlich um einen humanistischen Einsatz von BND und ''Bundeswehr'' – für den Bau von ''Mädchenschulen'' und die ''Gleichstellung der Frau''.
Könnte sich die bürgerliche Parteienlandschaft, die Parlamentsmehrheit und die deutsche Bundesregierung, von den nordamerikanischen Wirtschafts- und deren Regierungslobbyisten abnabeln und zu einer eigenständigen wirtschaftspolitischen Position zu Chinas ''Seitenstraßenprojekt'' finden, dann wäre sie auch ohne den wirtschafts- und geopolitischen Einsatz von BND und Bundeswehr im Rohstoffgeschäft mit Afghanistan – und dabei auch noch verstärkt in ihrer wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der VR China.
08.09.2019, R.S.
Nordkorea, Iran, Afghanistan, nirgendwo kommt Trump wirklich voran, dass kann 2020 bei den Wahlen auch von Nachteil sein. Irgendetwas wird passieren.