Stefan Heyms Buch „5 Tage im Juni“: Auf dem Index der DDR

Zeitgeschichte Stefan Heym schildert in „5 Tage im Juni“, wie in Ostberlin ein Gewerkschafter und ein Dreher durch den 17. Juni 1953 schrammen. Er bedient zwar das DDR-Narrativ vom „konterrevolutionären Putsch“, benennt aber auch Fehler der SED
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 25/2023
Wenn schon Reis, Butter und Zigaretten nicht mehr zu retten sind, dann wenigstens ein Teil des Sektorenbegrenzungsschilds
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Foto: Ullstein Bild

Nichts kann Martin Witte mehr aufhalten. Arbeiter strömen aus den Hallen sieben und neun, wollen zum Werktor, hinaus aus dem Betrieb. So sehr er auch auf sie einredet, sie bittet und beschwört, an ihre Werkbänke zurückzukehren – umso mehr lassen sie ihn zurück. Es ist eine Schlüsselszene in Stefan Heyms (1913 – 2001) Roman 5 Tage im Juni.

Arbeiter aus dem VEB Merkur tief im Osten Berlins ziehen am frühen Morgen des 17. Juni 1953 zum Tor hinaus. Wohin genau, wissen sie nicht, wofür und wogegen schon. Brüder, zur Sonne, zur Freiheit wird angestimmt, das Lied hängt schräg und zerknittert in der Luft wie lange nicht entrolltes Fahnentuch. Martin Witte, Chef der Betriebsgewerkschaftsleitung, wird überrannt, überrollt