Weihnachten 1914: An der Westfront feiern die Feinde gemeinsam

Zeitgeschichte Eine Verbrüderung, mit der keiner rechnete. Unglaubliches geschieht an der Westfront – über die Gräben hinweg wird Weihnachten gefeiert. Es gibt das kleine Innehalten beim großen Sterben
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 50/2023
Feldpostkarte „Der Weihnachtsmann an der Westfront“: Er bringt Munition, Granaten und einen Weihnachtsbaum
Feldpostkarte „Der Weihnachtsmann an der Westfront“: Er bringt Munition, Granaten und einen Weihnachtsbaum

Foto: Stefan Sauer/ZB/dpa

„Stille Nacht! Heilige Nacht! Die der Welt Heil gebracht, aus des Himmels goldenen Höhn ...“ Es mutet an wie surreales Theater, was am 24. Dezember 1914 an der Westfront passiert. Der Kammersänger Walter Kirchhoff beschwört mit heller Stimme, wie sich um diese Stunde „alle Macht väterlicher Liebe“ ergießt und „als Bruder huldvoll umschloss Jesus die Völker der Welt“. Allerdings bleiben die gerade jeden Liebesbeweis schuldig. Die Heilige Nacht liegt über Schützengräben, Granattrichtern und den gebrochenen Augen der nicht geborgenen Toten zwischen den Linien. „Schlaf in himmlischer Ruh“ schwebt das Lied über zerwühlter Erde.

Kammersänger Walter Kirchhoff wagt sich aus dem Schützeng