Die Wette gegen Trump

USA Allan J. Lichtman hat nicht nur die letzten acht Präsidenten richtig vorausgesagt. In seinem neuen Buch wird das Impeachment prophezeit
Ausgabe 23/2017
Wird Trump bald gedumped? Die Stimmen dafür werden lauter wie hier auf dem „March for Truth“ in Seattle
Wird Trump bald gedumped? Die Stimmen dafür werden lauter wie hier auf dem „March for Truth“ in Seattle

Foto: David Ryder/Getty Images

Immer öfter wird die Frage diskutiert, ob Donald Trump ein Amtsenthebungsverfahren, ein Impeachment, drohe. Lehrreich ist hier ein Blick auf das vor wenigen Wochen in den USA erschienene Buch The Case for Impeachment von Allan J. Lichtman. Der Autor, der in Washington Politik und Geschichte unterrichtet, gilt schon deshalb als gewichtige Stimme, weil er den Ausgang der letzten acht Präsidentschaftswahlen der USA richtig vorhergesagt hat. Für seine bis dato letzte richtige Prognose erhielt Lichtman sogar eine persönliche Nachricht von Trump mit den Worten: „Professor-Congrats-good call“, wobei Trump allerdings den zweiten Teil von Lichtmans Ankündigung ignoriert hatte. Diese besagte nämlich, dass Trump mit einem Impeachment-Verfahren rechnen müsse.

In seinem Buch nennt Lichtman zahlreiche Gründe, die Trump für ein solches Verfahren geradezu prädestinieren. Trumps Gesetzesübertretungen sind vielfältig, siehe etwa seine Steuerhinterziehungen. Ein umfangreiches Kapitel widmet sich natürlich den Russlandverbindungen Trumps und seines Teams. Gibt es Indizien für einen Hochverrat? Dazu muss gesagt werden, dass Lichtman in einem etwas befremdlichen, russophoben Ton schreibt. So behauptet er, dass Putin gängige Allianzen, die „seit dem Zweiten Weltkrieg gemeinsame Werte und die Freiheit der Welt stabilisiert und geschützt“ hätten, erfolgreich zerstört habe. Zwar distanziert sich Trump ja fast jeden Tag von Europa, aber ist das wirklich Putins Werk? Und konnte Russland wirklich das Vertrauen der Amerikaner in ihre althergebrachten Medien so erschüttern, dass sie nun zu den trübsten Quellen greifen?

Gewiss, Trump hat sich schon während des Wahlkampfs phasenweise in ein russlandfreundliches Licht gestellt, zum Beispiel durch seine Aussage, dass er hoffe, der russische Geheimdienst verfüge über Clintons „verloren gegangene E-Mails“. Obwohl diese Einladung an den russischen Geheimdienst, Clintons E-Mail-Account zu hacken, vermutlich Wahlkampfgetöse und nicht ernst zu nehmen war, hat er sich durch diese Aussage so verdächtig gemacht, dass das FBI Untersuchungen gegen Trump und sein Team wegen möglicher Konspiration aufnahm. Trumps Wahlkampfhaltung, die NATO für obsolet zu erklären, ein Ende der amerikanischen Sanktionen gegen Russland zu favorisieren, laut über einen gemeinsamen Kampf mit Russland gegen den Islamischen Staat nachzudenken und Putin im Vergleich mit Obama als die bessere Führungskraft zu loben, hat ebenfalls nicht dazu beigetragen, dass Trump in Bezug auf Russland als neutral wahrgenommen wird.

Dazu kommt: Trump hat über die Investmentgruppe Bayrock Group, die ihren Sitz im Trump Tower hat, indirekte Geschäftsbeziehungen nach Russland. Ein großer Teil des Bayrock-Kapitals wird in Russland und Kasachstan vermutet, einzelnen Managern werden Kontakte zur Mafia nachgesagt. Im Jahr 2005 wurde die Bayrock Group wegen Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Bestechung, Erpressung und Veruntreuung angeklagt. Trump konnte jedoch nicht nachgewiesen werden, dass er sich an diesen Verbrechen beteiligt hatte oder davon wusste.

Und so geht das weiter: Trumps Wirtschaftsminister, der Milliardär Wilbur Ross, besitzt als Leiter einer Investmentgruppe einen umfänglichen Anteil der zypriotischen Bank, die laut Lichtman für Geldwäsche russischer Vermögen bekannt sei. Auch Trumps ehemals offizieller, jetzt inoffizieller Berater, Paul Manafort, hat Russland-Deals, namentlich mit dem russischen Oligarchen Oleg Deripaska.

Obwohl mittlerweile auch die Russlandverbindungen von Michael Flynn und die von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner bekannt geworden sind, konnte Trump immer behaupten, dass er von Verbindungen seines Teams nach Russland nie etwas gewusst hat. Ob er damit durchkommt, scheint fraglich. Der Autor sieht dennoch eine Chance, dem Impeachment zu entgehen. Seine Tipps – „De-investieren Sie, ziehen Sie sich von Ihren Geschäften zurück“, „Respektieren Sie Frauen als gleichberechtigt“, „Setzen Sie sich für den Klimaschutz ein“ et cetera – wirken jedoch wenig erfolgversprechend, weil sie einer vollkommen konträren politischen Agenda folgen. Dennoch: Würde Trump, der ja nach eigenen Angaben kein Buch liest, wenigstens dieses lesen, würde er vielleicht das ihm prophezeite Impeachment-Verfahren noch abwenden können.

Info

The Case of Impeachment Allan J. Lichtman Harper Collins Publ. 2017, 290 S., 9,49 €

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