Pizza to go gegen die Camorra

Mutig Papst Franziskus geht oft dahin, wo es wehtut. Nun war er in Neapel, um ein Zeichen gegen Korruption und die Mafia zu setzen
Ausgabe 13/2015
Papa Francesco in Neapel: „Wer freiwillig den Weg des Bösen geht, raubt ein Stück Hoffnung“
Papa Francesco in Neapel: „Wer freiwillig den Weg des Bösen geht, raubt ein Stück Hoffnung“

Foto: Filippo Montefort/AFP/Getty Images

In Habemus Papam, Nanni Morettis Film von 2011, reißt der Papst aus, er flüchtet aus dem Vatikan, tauscht die Messgewänder gegen ein legeres Hemd und flaniert durch Rom. War das eine Prophezeiung? Drei Jahre später trat Papst Benedikt zurück, offiziell, und war damit Avantgardist. Denn vor kurzem hat auch Papst Franziskus erklärt, er klebe nicht am Heiligen Stuhl. Sein Pontifikat werde kurz sein, das ganze Reisen gefalle ihm nicht, er müsse auf seine Gesundheit achten. Doch noch jettet der Papst um die Welt und oft dahin, wo es wehtut. Gerade war er in Neapel. Nördlich der Stadt, in der Terra dei Fuochi, dem Land der Feuer, verbrennt die Mafia jede Nacht Giftmüll. Sie ist dort überall. Papst Francesco will sie bekämpfen, auf seine Weise. Er besuchte das Viertel Scampia, berüchtigt für die blutigen Bandenkriege zwischen den Clans.

Roberto Saviano hat diese Welt 2006 in seinem Buch Gomorrha enthüllt. Und der Papst legt nach: „So wie ein totes Tier stinkt, so stinkt die Korruption, so stinkt eine korrupte Gesellschaft“, rief er den Anwohnern zu. Sie sollten sich wehren und nicht abgleiten in den Sumpf. Jeder habe diese Chance. „Wer freiwillig den Weg des Bösen geht, raubt ein Stück Hoffnung.“ Nur Worte? Ja, aber es ist mutig, sie auszusprechen, an diesem Ort. Und sie sind ein starkes Zeichen, in einer Phase, in der Italien vom organisierten Verbrechen wieder heimgesucht wird. Ein Skandal um die Expo 2015 in Mailand hat das Land erschüttert: Die ’Ndrangheta aus Kalabrien, die wohl mächtigste Mafia der Welt, ist mit mehr als 50 Milliarden Euro Jahresumsatz ein Weltkonzern.Durch die Operation Quadrifoglio (Kleeblatt) deckte die Staatsanwaltschaft Mailand auf: Mitglieder des Clans sollen sich Ausschreibungen der Expo gesichert haben, im Wert von 450.000 Euro. Dabei soll die Messe Prestige bringen und die Wirtschaft stärken.

Der Papst hat gezeigt, dass er mehr kann und will als nur reden. Er hat im vergangenen Sommer Mitglieder der ’Ndrangheta exkommuniziert, die während einer Marienprozession in Kalabrien den Mafiaboss ehrten. Statt an den Glauben hält man sich im Süden an eine bizarre Form des Aberglaubens. Es ist eine eigene Gemeinschaft, mit eigenen Regeln und (auch religiösen) Riten.

Zuletzt hat sich der Papst, wie sein fiktiver Vorgänger bei Nanni Moretti, etwas Einfaches gewünscht. Er wollte endlich mal Pizza essen gehen, aber er fuhr im Papamobil. Ein Pizzabäcker aus Neapel hat ihm eine Margherita al Volo hinaufgereicht mit der Aufschrift Viva il Papa, aus Dank für seinen Mut.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Maxi Leinkauf

Redakteurin „Kultur“

Maxi Leinkauf studierte Politikwissenschaften in Berlin und Paris. Sie absolvierte ein Volontariat beim Tagesspiegel. Anschließend schrieb sie als freie Autorin u.a. für Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel und Das Magazin. 2010 kam sie als Redakteurin zum Freitag und war dort im Gesellschaftsressort Alltag tätig. Sie hat dort regelmäßig Persönlichkeiten aus Kultur und Zeitgeschichte interviewt und porträtiert. Seit 2020 ist sie Redakteurin in der Kultur. Sie beschäftigt sich mit ostdeutschen Biografien sowie mit italienischer Kultur und Gesellschaft.

Maxi Leinkauf

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden