In Habemus Papam, Nanni Morettis Film von 2011, reißt der Papst aus, er flüchtet aus dem Vatikan, tauscht die Messgewänder gegen ein legeres Hemd und flaniert durch Rom. War das eine Prophezeiung? Drei Jahre später trat Papst Benedikt zurück, offiziell, und war damit Avantgardist. Denn vor kurzem hat auch Papst Franziskus erklärt, er klebe nicht am Heiligen Stuhl. Sein Pontifikat werde kurz sein, das ganze Reisen gefalle ihm nicht, er müsse auf seine Gesundheit achten. Doch noch jettet der Papst um die Welt und oft dahin, wo es wehtut. Gerade war er in Neapel. Nördlich der Stadt, in der Terra dei Fuochi, dem Land der Feuer, verbrennt die Mafia jede Nacht Giftmüll. Sie ist dort überall. Papst Francesco will sie bekämpfen, auf seine Weise. Er besuchte das Viertel Scampia, berüchtigt für die blutigen Bandenkriege zwischen den Clans.
Roberto Saviano hat diese Welt 2006 in seinem Buch Gomorrha enthüllt. Und der Papst legt nach: „So wie ein totes Tier stinkt, so stinkt die Korruption, so stinkt eine korrupte Gesellschaft“, rief er den Anwohnern zu. Sie sollten sich wehren und nicht abgleiten in den Sumpf. Jeder habe diese Chance. „Wer freiwillig den Weg des Bösen geht, raubt ein Stück Hoffnung.“ Nur Worte? Ja, aber es ist mutig, sie auszusprechen, an diesem Ort. Und sie sind ein starkes Zeichen, in einer Phase, in der Italien vom organisierten Verbrechen wieder heimgesucht wird. Ein Skandal um die Expo 2015 in Mailand hat das Land erschüttert: Die ’Ndrangheta aus Kalabrien, die wohl mächtigste Mafia der Welt, ist mit mehr als 50 Milliarden Euro Jahresumsatz ein Weltkonzern.Durch die Operation Quadrifoglio (Kleeblatt) deckte die Staatsanwaltschaft Mailand auf: Mitglieder des Clans sollen sich Ausschreibungen der Expo gesichert haben, im Wert von 450.000 Euro. Dabei soll die Messe Prestige bringen und die Wirtschaft stärken.
Der Papst hat gezeigt, dass er mehr kann und will als nur reden. Er hat im vergangenen Sommer Mitglieder der ’Ndrangheta exkommuniziert, die während einer Marienprozession in Kalabrien den Mafiaboss ehrten. Statt an den Glauben hält man sich im Süden an eine bizarre Form des Aberglaubens. Es ist eine eigene Gemeinschaft, mit eigenen Regeln und (auch religiösen) Riten.
Zuletzt hat sich der Papst, wie sein fiktiver Vorgänger bei Nanni Moretti, etwas Einfaches gewünscht. Er wollte endlich mal Pizza essen gehen, aber er fuhr im Papamobil. Ein Pizzabäcker aus Neapel hat ihm eine Margherita al Volo hinaufgereicht mit der Aufschrift Viva il Papa, aus Dank für seinen Mut.
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