Sei ein Tor

Überwachung The Onion Router: Den Überwachern in die Suppe spucken II. Der Tor-Browser anonymisiert einen Großteil der Daten zuverlässig. Und ist dabei mehr als mäßig komfortabel.

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Gestern ist das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung in Kraft getreten. Spätestens ab dem 1. Juli 2017 sind alle Internetdienstanbieter dazu verpflichtet – wenn sie dies nicht ohnehin bereits tun: Die Internetverbindungsdaten der Nutzer/Kunden müssen mindestens 10 Wochen lang gespeichert werden. Standortdaten (betrifft v.a. Smartphones/Handys) sollen vier Wochen gespeichert werden. Behörden und Strafverfolger haben darauf fast nach Gutdünken Zugriff.

Gegen die Erfassung der Standort- und Handydaten ist kaum ein Kraut gewachsen.

Gegen die Erfassung von Internetverbindungsdaten am Heimcomputer jedoch lässt sich sehr einfach und wirksam vorgehen. Indem man sich den für sein Computerbetriebssystem geeigneten Tor-Browser herunterlädt und installiert. Und sich angewöhnt, diesen standardmäßig im Surfalltag zu benutzen. So verschwindet man ad hoc als Internetsurfer in einem den Überwachern nicht ohne Weiteres zugänglichen Gefilde.

In der installierten Grundeinstellung kann man mit dem Tor-Browser sofort und anonym lossurfen. In der Regel werden alle angesurften Seiten klaglos angezeigt. Einige Seiten bocken allerdings, wenn sie bemerken, dass sie mit Tor angesurft werden, wie etwa die Preissuchmaschine idealo.de. Da es andere, gleichwertige Alternativen gibt, kann man ausweichen. Das trifft sicherlich nicht nur auf Preissuchmaschinen zu.

Manches Mal wird man beim Surfen mit dem Tor-Browser auch auf eine Seite gelenkt, die eine sogenannte CAPTCHA-Abfrage verlangt (bspw. kann das passieren, wenn man nachdenkseiten.de ansurft). Hier kommt der sogenannte Tor-Button ins Spiel, ein kleines grünes Zwiebel-Icon oben links im Tor-Browser-Fenster. Klickt man darauf, öffnet sich ein Menü, welches nicht nur die aktuell verwendete Serverkaskade anzeigt, sondern auch die Option bietet, für die gewählte Seite eine neue Kaskade (Kreislauf/“Circuit“) zu wählen. Meistens wird nach einem Klick und kurzer Wartezeit die betreffende Seite ohne CAPTCHA-Abfrage angezeigt. Ist dies nicht der Fall, sollte sich das aber spätestens nach dem zweiten Klicken einstellen.

Ebenfalls hilfreich ist die kleine grüne Zwiebel, der Tor-Button, wenn der Seitenaufbau mal lahmt oder das angezeigte Video ruckelt. Auch hier hilft meist sofort die Wahl eines „New Tor Circuit for this Site“.

Ein paar Sachen sollte man bei der Nutzung des Tor-Browsers allerdings jedoch unbedingt beachten. Der Tor-Browser ist in erster Linie ein Instrument, um sich Webinhalte anonym anzeigen zu lassen. Meistens will man genau das beim Surfen.

Angezeigte Updates sollte man unbedingt sofort einspielen.

Und: Es ist in der Regel keine gute Idee, sich mit dem Tor-Browser irgendwo privat einzuloggen, Dateien lokal herunterzuladen oder persönliche Kommentare zu posten. Dazu sollte der nicht so versierte Nutzer besser seinen „normalen“ Browser verwenden.

Die parallele Nutzung des Tor-Browsers und des „normalen“, gewohnten Browsers stellt für ein halbwegs aktuelles Betriebssystem und eine ebensolche Hardware allerdings kein Problem dar: Der Tor-Browser anonymisiert auch in solchem Parallelbetrieb zuverlässig. Links bspw. können bei Bedarf aus dem Tor-Browser kopiert und in den „normalen“ Browser übertragen werden.

Der Tor-Browser anonymisiert nicht nur alle Verbindungen, er verschlüsselt auch den gesamten Verkehr über diese Verbindungen standardmäßig Ende-zu-Ende – wenn die angesurfte Seite dies unterstützt (was ein Großteil der Gebräuchlichen durchaus auch tun).

Constanze Kurz, Informatikerin und Sprecherin des renommierten Chaos Computer Club, äußerte gegenüber dieser Zeitung vor nicht allzu langer Zeit, dass, würden nur etwa 15 Prozent der Internetnutzer Verschlüsselung und Anonymisierung nutzen, die Überwacher – die Staatlichen sowohl als auch die Privaten – eigentlich einpacken könnten.

Wer Tor nutzt, wer seine Emails und weitere Kommunikation via Internet verschlüsselt, hilft nicht nur sich selbst: sie oder er hilft auch anderen. Mehr, als sich normalerweise vermuten lässt.

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