Darf man hier Zwei und Zwei zusammenzählen?

Zeitgleicher Zufall. Die Aufforderung erschien wie verabredet in beinahe allen Netzmedien am gleichen Tag. Ein "Anti-Adblocker-Kartell" hätte sich gegründet, hieß es mancherorten dazu.

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Als Student hatte ich Jobs, bei denen man vorrübergehend die Gelegenheit bekam, während der Arbeitszeit willkürlich ausgewählte Telefongespräche mitzuhören. So nebenbei, statt Radio-Geplapper sozusagen. Ich hatte damals einen Eid geleistet, über das Mitgehörte Stillschweigen zu bewahren.

Unbeabsichtigt bekam ich so eines Tages die Verabredung von zwei Bäckern mit, die ab dem folgenden Montag die Brötchenpreise heraufsetzen wollten. Ich war zwar überrascht, habe jedoch selbstverständlich dazu geschwiegen. Die Brötchen waren am Montag dann tatsächlich teurer. Es hatten sich also wohl alle Bäcker des Ortes an die Verabredungen gehalten.

Ich bin bis heute nicht sicher, ob man in so einem Fall von einem Preiskartell sprechen könnte, oder aber ob das „nur“ Wettbewerbsabreden waren. Oder ob das eventuell beides das Gleiche ist.

Zufällig tauchte nun kürzlich bei fast allen großen Online-Medien der besagte halbseitige Hinweis auf, doch bitte den Werbeblocker „Adblock“ abzuschalten. Die Aufforderung erschien ziemlich zeitgleich. Ein Kartell hätte sich gebildet, hieß es dazu stellenweise im Internet.

"Kartellbildung" war im vergangenen Jahr auch für einige Verleger ein Thema. Auf einer interessanten Diskussionsveranstaltung auf SPIEGEL.TV (Untertitel:“ Bedroht das Netz oder hilft es dem Journalismus[…]“), wurde kurz darüber gesprochen.

Giovanni di Lorenzos Aussage (ca. 16. bis 19. Min.) zur Problemlösung der Finanzierung von Onlinemedien mittels einer "Paywall", erschien erst einmal irgendwie naheliegend: „[…] wir haben nur Zusammen, in einer intelligenten Verschränkung, eine Option auf wirtschaftliches Überleben […]zehn große Verlage" sollten sich einig sein […]" und etwas später: „Ich sage nicht, dass sich alle zehn großen Medienhäuser absprechen sollten[…] wenn es jedoch einer alleine macht, hat er keine Chance […]“

Die Frage des Moderators:“ Ist das ein Aufruf zum Kartell?“ beantwortete Giovanni di Lorenzo mit den Worten: „Äh, Kartelle gibt es in Deutschland bekanntlich nicht und sie sind in keiner Form zugelassen. Selbst wenn beabsichtigt, sind sie nicht durchsetzbar“.

Das die „Kartellbildung von Verlagen! “ eine Schlagzeile wert wäre, darüber herrschte fröhliche Einigkeit in der Runde.

Vermutlich musste ich gerade in diesem Zusammenhang an die alte „Bäckergeschichte im Telefonnetz“ denken, weil auch in der Diskussionsrunde "Bäcker und Brötchen" als vergleichende Beispiele für Journalistische Leistungen herhalten mussten.

Nachtrag: Habe gerade auf DLF gehört, dass die Verlage in 2012 Umsatzrenditen von weit über Zwölf Prozent eingefahren haben: "Die "Zeit" hat 2012 ihr Rekordjahr gehabt, so gut haben die noch nie verdient, die Rendite ist gut zweistellig, "sehr kommod" nennt das der Geschäftsführer. Der "Spiegel"-Verlag bedauerte, dass er nur 15 Prozent statt wie im Vorjahr 20 Prozent Umsatzrendite gemacht hat."

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Geschrieben von

Meyko

Mein BUCH DES JAHRES 2018 "Happen" wurde durch den weiteren Band "Happen II"ergänzt. (Homepagelink unten - Meyko 2018)

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