Jesus hatte es nicht leicht. Trotzdem spielen Christen seine Leiden Jahr um Jahr auf's Neue nach
Foto: Ronaldo Schemidt / AFP via Getty Images
Wir müssen uns das ja damals als sehr anstrengend vorstellen, die Zeit in der Jesus so aktiv war. Alles sehr ernst, in der Bibel liest man nichts darüber, dass mal Witze gemacht wurden, oder die Jungenclique um Jesus sich einen über den Durst getrunken und dann Mist gebaut hätte. Sehr ungewöhnlich für eine Männergang. Jesus hatte es von Beginn an nicht leicht, direkt zu Anfang hatte er mit bürokratischen Hindernissen zu kämpfen, mit dem Melderegister, das weit weg war und keinen Platz zum Übernachten für ihn hatte. Man könnte also sagen, gleich zum Lebensanfang Stress mit dem Staat und seinen Vertretern, die ihm auch noch sofort nach dem Leben trachteten.
Also Spaß war da nicht angesagt, auch später nicht, als Jesus zu so
esus zu so etwas wie einem Revolutionär wurde, der auf der Seite der Ärmsten und Schwächsten stand. Oder wollen wir mit Max Frisch fragen, warum Revolutionäre, den Humor scheuen? Scheuen ist nicht das richtige Wort, Humor war einfach nicht angesagt, dafür war alles zu kompliziert bei Jesus, von dem ich heute gar nicht sagen könnte, aus welcher Schicht er eigentlich kommt. Vater: Gott, Stiefvater: Handwerker, Mutter: ungelernt? Vielleicht ein Emporkömmling, so wie ich?Ärger gab es für ihn vor allen Dingen mit seinen zwölf Kollegen, die kamen ja nicht alle aus derselben Bubble. Heute würde man sagen, Jesus hat da mal ein soziologisches Experiment gewagt. Der Arbeiter mit dem Intellektuellen, und alle haben an Jesus herumgezogen und sahen ihn als ihren persönlichen Heilsbringer und wollten ihn auf ihrer Seite haben. Die einen dachten, er zieht mit ihnen in den bewaffneten Kampf gegen die herrschende Klasse und Jesus der Pazifist musste da ganz schnell ein paar heftige Stichverletzungen heilen, die liefen ja damals mit Schwertern rum, nicht mit Butterflys, da fiel schon mal das ein oder andere Ohr ab.Burnout aus reiner NächstenliebeUnd die Anderen merkten dann, dass er sie nicht aus ihrem irdischen Elend erlösen würde, und einer von ihnen war so wütend darüber, dass er Jesus an den Klassenfeind für dreißig Silberlinge verriet. Das sind zehntausend Euro. Heutzutage, bei der Inflation, nicht viel. Damals konnte man davon noch einen Acker kaufen. Judas verriet seinen besten Freund, weil er nicht das sein konnte, was Judas gerne gehabt hätte. Heute werden Menschen für viel weniger verraten.Erschöpfend war das Leben von Jesus würde man heute sagen. Er kämpfte bis zum Burnout für seine christlichen Grundsätze: Nächstenliebe, Frieden, Verzeihen, Gewaltlosigkeit (ok, einmal ist er ausgerastet!), Solidarität mit den Ärmsten, Schwächsten und Ausgestoßenen. Heute würde man ihn als Gutmenschen beschimpfen.Dann schleppten die, die ihn Wochen vorher noch bejubelt hatten, zum Feind und verlangten von dem Herrscher, dass er Jesus verurteilen möge. Der sah Jesus und darin einen Unschuldigen. Damals kannte man noch keine Petitionen, deshalb schrien die Leute vor dem Haus der Regierenden. Der Herrscher hatte Angst vor dem tobenden Mob und er versuchte sie damit zu beruhigen, dass er ihnen einen Schwerstkriminellen vorführte und ihn gegen Jesus austauschen wollte. Einer von beiden sollte die Freiheit bekommen. Er dachte sich, den krassen Kriminellen wollen die Leute bestimmt nicht in Freiheit sehen. Aber er hatte sich verrechnet. Die Elite rafft halt nie, wie das Volk tickt.Alles in allem, ein ziemlich heftiges LebenDas war also ein dummer Einfall von dem Oberen, aber jetzt konnte er nichts mehr machen. Jetzt ging es bei ihm ums Eingemachte. Um Macht und Kohle versteht sich. Und wenn die herrschende Klasse Angst um ihre Pfründe hat, dann hat sie schon immer auf Menschenrechte gepfiffen. Muss für Jesus auf jeden Fall ein schlimmes Gefühl gewesen sein, auf einmal so alleine zu sein. Und wahrscheinlich war er auch ziemlich traurig.Als ich mir inmitten von einem Pulk von Journalistenkollegen die Aussagen von Kardinal Woelki vor Gericht anhörte, fühlte ich mich auch einsam und traurig. Aber das ist was völlig anderes. Jesus: Das war seine vorausgesagte Geschichte. Selbst sein getreuester Gefährte Simon verriet ihn, bevor der Hahn dreimal krähte. Bevor wir den armen Kerl dafür verurteilen, sollten wir uns fragen, was wir machen würden, wenn wir eine solche Angst hätten. Alles in allem, ein ziemliches heftiges Leben, was Jesus da so geführt hat, kein Wunder, dass es ihn in jungen Jahren, mit dreiunddreißig schon in die Knie zwang.Nachdem man ihn gekreuzigt hatte, verfiel er vor lauter Erschöpfung in einen Totentiefschlaf, in einer Höhle. Der Dorfjugend war damals schon so langweilig wie heute und als sie den schlafenden Jesus sahen, sperrten sie den Zugang mit einer Felsplatte ab. Ganz schön kräftig diese Kerle. Die Jungens von Jesus hatten nur noch Angst, dass irgendeiner herausfinden würde, dass sie mal mit ihm herumgehangen hatten und es ihnen dann auch an den Kragen gehen würde. Sie versteckten sich schlotternd vor Angst. Aber das starke Geschlecht stritt sich mit dem Oberbürgermeister so lange, bis sie zur Höhle gehen durften und dort schafften sie es mit vereinter Frauenpower den Felsbrocken wegzurollen. Derweil weckte Gott seinen Sohn. Er sagte ihm, er solle sich nicht so anstellen, schließlich habe er Gott als Vater und damit Energie, die kein Burnout und keine Erschöpfung in die Knie zwingen würden. Außerdem wäre jetzt genug ausgeruht. Gott und Jesus würden da draußen noch gebraucht. Daran hat sich bis zum heutigen Tage ja nichts geändert.
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