Wärmepumpe: Die wichtigsten Antworten zu Funktion, Kosten und Kontroverse
Wärmewende Vier Monate Heizungszoff und immer noch schlägt Meinung das Fachwissen zum Thema Wärmepumpe: Deshalb liefern wir hier Antworten auf die sieben drängendsten Fragen. Wie funktionieren Wärmepumpen? Und wieso gibt es darum so viel Streit?
Eine Wärmepumpe arbeitet im Prinzip wie eine Elektroheizung. „Anders als der gewöhnliche Heizlüfter nutzt die Wärmepumpe aber auch noch die Energie der Umgebung“, sagt Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW). So können aus einer Kilowattstunde Strom mittels Wärmepumpe drei bis vier Kilowattstunden Wärme erzeugt werden. Quaschning nennt die Wärmepumpe für den Klimaschutz deshalb „ideal“: „Wer Strom aus Sonnen- oder Windkraft nutzt, heizt mit ihr emissionsfrei und sehr effizient.“ Die Kilowattstunde Solarstrom vom eigenen Dach wird aktuell mit 8,2 Cent vergütet – währe
#252;tet – während der Strommix aus der Steckdose um die 40 Cent kostet. Die Wärmepumpe biete dadurch im Betrieb enorme ökonomische Vorteile.2. Welche Anlagentypen gibt es?Die Art der Umgebungswärme, die genutzt wird, bestimmt den Typ der Wärmepumpe. Man kann aus der Luft, aus dem Erdreich, aus Abwasser oder dem Eis „Umgebungsenergie“ gewinnen, sogar Sonnenenergie oder Flusswasser lassen sich nutzen. Die häufigste Variante für den Einbau in Einfamilienhäusern ist die Luftwärmepumpe, die bei Temperaturen von bis zu minus 20 Grad Celsius heizt. Das liegt daran, dass selbst bei solch tiefer Temperatur das eingesetzte Kältemittel verdampft und so Wärme erzeugt. Ein Ventilator saugt die Luft an, was gleichzeitig das Problem der Luftwärmepumpe ist: Sie macht Geräusche. Vorgeschrieben ist ein Grenzwert von 35 Dezibel in der Nacht, weshalb Experten einen Abstand von bis zu drei Metern zum nächsten Wohnhaus anraten.Eine Erdwärmepumpe lohnt sich bei hohem Heizbedarf, also beispielsweise im Mehrfamilienhaus: Ihr Wirkungsgrad ist höher, dadurch sind die Betriebskosten im Verhältnis zur Luftwärmepumpe deutlich niedriger. Allerdings sind die Anschaffungskosten höher. Bei der Abwasserwärmepumpe wird die Kanalisation angezapft, um die thermische Energie im Abwasser zu nutzen. Solche Heizungen lohnen sich vor allem in sehr großen Häusern, in Industriebetrieben oder kommunalen Einrichtungen. Der Eisspeicher ist eine alternative Energiequelle für Wärmepumpen. Wenn Wasser gefriert, wird Kristallisationsenergie frei, die die Wärmepumpe nutzt. Um diesen Prozess zu wiederholen, muss das gefrorene Wasser wieder aufgetaut werden – etwa mithilfe einer Solarthermieanlage auf dem Dach. Solche Heizungen sind beispielsweise ideal für Hotels.Jüngst entwickelt wurde eine Wärmepumpe, die mit einer PV-Anlage gekoppelt ist: Werden Solarzellen zu heiß, sinkt ihr Wirkungsgrad. Kühlt man sie, wird der Ertrag gesteigert. Was tun mit der Energie, die beim Kühlen anfällt? Ideal für eine Wärmepumpe. „Wir produzieren Strom und Wärme gleichzeitig“, sagt Barbara Schilling von der Firma Consolar. Tatsächlich sieht die Solarzelle ihrer Firma auf der Vorderseite aus wie eine normale Solarzelle. „Auf der Rückseite aber erkennt man die gerippte Struktur eines Wärmetauschers“, sagt Schilling. Wie vielfältig die Wärmequellen sind, mit denen Wärmepumpen arbeiten, zeigt die Flusswärmepumpe in Mannheim: Dort wird der Rhein „angezapft“, um 3.500 Haushalte mit Fernwärme zu versorgen.3. In welchen Gebäuden kann die Wärmepumpe eingesetzt werden?„Fast überall“, sagt Professor Quaschning. Eine Regel sei: Je niedriger die notwendige Temperatur ist, die eine Heizung braucht, desto effizienter arbeitet die Wärmepumpe. Quaschning: „Deshalb sind vor allem Fußbodenheizungen besonders gut geeignet, weil sie schon ab etwa 30 Grad Vorlauftemperatur funktionieren.“ Als Vorlauftemperatur einer Heizung wird jene Temperatur bezeichnet, die das Heizwasser, bevor es den Heizköper erreicht, haben muss, um eine Wohnung warm zu bekommen. Vereinfacht kann man sagen: Je schlechter gedämmt eine Wohnung ist, desto höher muss die Vorlauftemperatur sein.„Moderne Wärmepumpen können aber auch 50 oder 60 Grad erreichen und so auch klassische Heizungen ersetzen“, sagt Quaschning. Allerdings bräuchten sie in diesem Fall etwas mehr Strom – und sind deshalb weniger effizient. Prinzipiell aber sei die Umrüstung auf Wärmepumpe im ungedämmten Altbau kein Problem. Der Professor für Regenerative Energiesysteme verweist auf ein Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts für solare Energiesysteme ISE: „Das hat ergeben, dass sich Wärmepumpen in den meisten Gebäuden relativ problemlos nutzen lassen, wenn man einige Anpassungen wie beispielsweise besser gedämmte Fenster vornimmt.“4. Ist das nicht ein bisschen zu optimistisch?Marek Miara ist einer der Studienautoren des ISE, seit 2014 untersuchten er und sein Team Dutzende Wärmepumpen in allen nur denkbaren Wohn- oder Büroräumen. „Prinzipiell einsetzbar sind Wärmepumpen bis zu einer Vorlauftemperatur von 70 Grad“, sagt Miara. Allerdings fanden die Freiburger Forscher in ihrer jahrelangen Arbeit keine Wohnung, in der solch eine hohe Vorlauftemperatur notwendig gewesen sei. „Ist aber, was technisch machbar ist, auch immer technisch sinnvoll?“, fragt Miara. Um dann zu antworten: „Ökologisch betrachtet auf jeden Fall: Selbst mit dem Strom aus dem Netz, der ja nur zur Hälfte regenerativ ist, wird das Klima mehr geschont, als wenn jemand mit Erdgas oder gar Öl heizt.“5. Aber ist das nicht viel zu teuer für Mieter oder Eigenheimbesitzer?„Nehmen wir eine 150 Quadratmeter große Wohnung: Der Preisvorteil der Wärmepumpe gegenüber einer Gastherme – Preise des Monats August zugrunde gelegt – lag 2022 bei 4.000 Euro.“ Marek Miara räumt ein, dass dies ein Extremjahr war, der russische Angriffskrieg führte zur Gasknappheit, was die Preise explodieren ließ. „Aber glaubt wirklich jemand ernsthaft daran, dass wir je wieder so billiges Erdgas beziehen werden wie das aus Russland vor dem Krieg?“ Miara verweist auf den CO2-Preis, der politisch gewollt fossile Energieträger verteuert. Derzeit liegt er bei 30 Euro je Tonne CO2, 2024 steigt er auf 35 Euro je Tonne, 2025 auf 45 Euro.„Die Schwierigkeit der Wärmepumpe ist: Es lässt sich schwer kalkulieren, wann sie sich im Vergleich beispielsweise zu einer Gasheizung amortisiert“, sagt der Freiburger Forscher. Grundlage für eine solche Berechnung wäre nämlich, die Entwicklung des Strompreises zu kennen. Auch der war in der Folge des russischen Angriffs stark gestiegen. Allerdings habe der Staat hier anders als beim Erdgas Möglichkeiten, preisdämpfend einzugreifen, „etwa indem er Steuern oder Abgaben senkt“. Jedenfalls sei es blanker Unsinn, sich jetzt noch eine neue Gasheizung aufschwatzen zu lassen: „Auch bei der kann kein Anbieter seriös kalkulieren, wie hoch die Betriebskosten sind.“ Wichtig sei, die Wärmepumpe exakt zu dimensionieren. Wenn sie mehr Leistung habe als zum Beheizen eines Objektes nötig, verringere sich die Lebensdauer. „Was sich mit Sicherheit sagen lässt: Wird die Wärmepumpe mit dem Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage betrieben, ist sie unschlagbar günstig.“6. Nahezu überall einsetzbar, „unschlagbar günstig“ – wieso gibt es dann so ein Geschrei um die Wärmepumpe?„Weil die Politik zu lange geschlafen hat“, sagt Marek Miara. In Norwegen werden bereits zwei Drittel aller Haushalte mit Wärmepumpen beheizt, in Schweden sind es knapp 40 Prozent, in Dänemark knapp 30. In Deutschland waren es 2021 dagegen lediglich 5,8 Prozent aller Haushalte. Miara: „Jetzt soll es plötzlich ganz schnell gehen, und das überfordere viele Menschen.“Zudem muss die Gasbranche um ihr Geschäft fürchten, weshalb deren Lobbyisten gegen die Technologie der Wärmepumpe vorgehen. Das Wissen, dass Heizen klimafreundlich mit der Wärmepumpe machbar ist, sei noch nicht in die Gesellschaft vorgedrungen, „weshalb die Lobbyisten einfaches Spiel haben“.7. Also einfach eine bessere Vermittlung – und dann klappt’s auch mit der Wärmewende?„Natürlich nicht“, sagt Miara. Derzeit gebe es wegen der hohen Nachfrage nach Geräten lange Wartezeiten, auch die Installationspreise seien stark gestiegen. Eine neue Gasheizung ist in ein, zwei Tagen eingebaut, für die Wärmepumpe brauche es hingegen mehr Personal und eine volle Woche – falls alle Teile da sind. „Ein Problem ist, dass viele Handwerker ausschließlich Gasheizung ‚können‘ “, sagt Volker Quaschning von der HTW Berlin. Die müssten jetzt im Expresstempo auf Wärmepumpen umgeschult werden. ISE-Forscher Miara beschreibt die aktuelle Situation als „Übergangsphase“ von der fossilen Welt in die klimafreundliche Zukunft: „Da gibt es Schmerzen. Deshalb auch der Aufschrei.“