Willkommen in Gucci Town: Wie Paris Hilton und andere Stars das Metaverse zu Geld machen
Sprung ins Virtuelle Paris Hilton, Lady Gaga und Snoop Dogg: Sie alle tummeln sich im Metaverse. Dort veranstalten sie digitale Konzerte und verkaufen Kindern ihre Fanartikel. Tiktok und andere Plattformen wirken winzig neben dem gigantischen fiktiven Universum
So sieht der Avatar von Paris Hilton in ihrem Mini-Game „Slivingland“ aus
Foto: Roblox/2024 Hilton
Pink. Glitzer. Einhörner. Klingt nach Zuckerwatten-Traum geschlechterstereotyper Prinzessinnen-Kindheiten. Ist aber die Welt von dem It-Girl der 2000er-Jahre: Paris Hilton. Die mittlerweile 43-jährige Hotelerbin wurde durch trashige Reality-Shows wie The Simple Life bekannt und begründete mit 1 Night in Paris ungewollt das Celebrity-Porno-Phänomen. Ihre Bekanntheit nutzt sie seitdem, um quasi aus allem Geld zu machen. So verkauft sie pinkfarbene Trainingsanzüge mit dem Satz „That´s hot“ darauf, Gläser in Diamantenform, Bandanas für Hunde oder Katzen – natürlich ebenfalls in Pink. Für satte 270 US-Dollar kann man einen bodenlangen, überdimensionierten Mantel für seinen Chihuahua kaufen. Oder eine goldpinke Glitzer
en, überdimensionierten Mantel für seinen Chihuahua kaufen. Oder eine goldpinke Glitzerkrone – „empfohlen von führenden Petfluencer:innen“.Jetzt nutzt Hilton die jüngste Vision von Tech-Giganten wie Mark Zuckerberg: das Metaverse. Dabei handelt es sich um einen virtuellen Raum, in dem sich Menschen begegnen können. Natürlich ist Hilton nicht der erste Promi, der wittert: Hier ist Geld zu machen.Im August 2023 startete ihre neueste Kooperation mit Roblox, einer der weltweit einflussreichsten Online-Spieleplattformen. Über 216 Millionen aktive Nutzer:innen zählt Roblox im Monat, insgesamt sind fast fünf Milliarden Konten registriert. Der große Teil der User:innen sind minderjährig. Ganze 42,3 Prozent sind unter 13 Jahre alt. Genau die richtige Zielgruppe also, um unüberlegte Kaufentscheidungen zu treffen.„Slivingland“ heißt Hiltons neues Ding. Eine Wortneuschöpfung aus den beiden Worten „slay“ und „live“. Was wohl so viel bedeuten soll wie: Das Leben rocken. In Slivingland gibt es alles, was man so braucht im Leben: Knuffige Haustiere, einen Nachtclub für lange Partynächte und jede Menge Musik oder Podcasts mit und von Marken, mit denen die Hilton ebenfalls kooperiert.Mittlerweile tummeln sich über 70 Marken im MetaverseWer sich dann aufmacht ins pinke Hiltonversum, wird zuallererst begrüßt mit den Worten: „Do you slay? Do you live? Do you sliv?“ Und los geht's. Spielziel: Ausgestattet mit einer Kamera steuert man den Avatar durch die grellbunte Welt, schießt Fotos, etwa von schicken, dicken Autos, und sammelt dadurch Ressourcen, mit denen man Sachen kaufen kann. Oder putzige Hündchen, die einem hinterherlaufen. Das große Ding soll hier wohl sein, irgendwo in dieser Welt auf den offiziellen Paris Hilton-Avatar zu treffen. Man trifft aber vor allem mal auf andere Avatare, die ebenso wie man selbst umherirren und Sachen kaufen. Allerdings wirkt die virtuelle Welt insgesamt ziemlich verlassen. So richtig durchzuschlagen scheint das Ganze nicht. Und das, obwohl es nicht Hiltons erster Ausflug ins Metaverse ist.Zuvor hat sie sich schon mit dem Blockchain-Metaverse The Sandbox zusammengetan, um dort ein Dating-Gamesevent mit viel digitalem Pomp zu vermarkten. Davor gab es schon die „Paris World“ – ebenfalls auf Roblox. Da ging es vor allem um Mode und Haustiere und die Kombination von beidem. Diese Welt ist aber mittlerweile ziemlich ausgestorben. Gerade mal drei aktive Spieler:innen verirren sich im Schnitt noch in Paris World. Macht aber nichts, Hilton ist ja längst weitergezogen ins Slivingland. Immerhin: Das zieht besser. Bis Februar 2024 verzeichnet es fast dreieinhalb Millionen Besucher:innen. Elf Minuten verbringen die im Durchschnitt am Tag in Hiltons pinker Bubble. Die ist damit schon jetzt erfolgreicher, als Paris World je war.Aber Hilton ist nicht die Einzige, die auf den Metaverse-Zug aufspringt.Laut Datenplattform GEEIQ tummeln sich mittlerweile über 700 Marken im Metaverse. 2021 waren es gerade mal 28. Allein zwischen 2023 und 2024 ist ein Anstieg von 110 Prozent zu verzeichnen. Das Metaverse sei die „immersive Evolution der sozialen Netzwerke“ – heißt es beim Branchenexperten GEEIQ. Heißt: eine potenzielle Goldgrube. Bis 2027 werden vor allem die jüngeren Generationen noch mehr Zeit mit virtuellen Spielen verbringen – zwei Stunden am Tag, so die Prognose. Die Nutzung herkömmlicher sozialer Netzwerke stagniert währenddessen. Im Metaverse und Online-Gaming versammelt sich vor allem das junge Publikum und ist damit so gut erreichbar wie nirgendwo sonst. 180 Minuten verbringen unter 25-Jährige täglich auf Roblox. Dagegen nur 107 Minuten auf Tiktok. Wer denen was verkaufen will, macht das hier im Metaverse. Auf den Trichter sind mittlerweile eine ganze Menge Unternehmen wie auch Promis gekommen.Es gibt Marken-Metaversen wie Gucci Town, Walmart Discovered oder H&M Looptopia. Aber auch Banken wie HSBC und JPMorgan haben hier virtuelles Land erstanden. GEEIQ prognostiziert, dass früher oder später sämtliche Dienstleister, von der Touristik über Energieunternehmen bis hin zu Bildungsträgern, den Schritt ins Metaverse tun werden. Auch, weil der Zugang niederschwellig ist.Viele Marken testen das Ganze erst einmal probehalber aus – über sogenannte Integrationen. Heißt, sie kaufen sich einen Auftritt im Metaverse ein, um eine zeitlich begrenzte Kampagne innerhalb einer bereits existierenden virtuellen Welt zu schalten. So wie die Kleidermarke Levi's. Die erweitert ihren Auftritt auf dem Coachella-Festival 2022 wortwörtlich um die Meta-Ebene und kooperiert dafür mit Paris World. Das Metaverse-Event wird, so die Veranstalter, zur virtuellen „Afterparty“ des Festivals.Aber nicht nur Unternehmen wagen den Sprung ins Virtuelle. Auch so manch anderer Promi neben der Hilton ist begeisterter Metaverse-Gänger. Zuletzt etwa Rapper und Hip Hop-Veteran Snoop Dogg, der sich Land in The Sandbox kaufte. Das von ihm erworbene Gelände wird für virtuelle Konzerte, Kunst- und Autoausstellungen genutzt, aber auch für: Poolpartys. Tennisstar Stanislas Wawrinka besorgte sich gleich eine ganze Insel – nur eben unter digitalen statt analogen Palmen. Popstar Lady Gaga bietet Inhalte für Beat Saber, ein VR-Rhythmusspiel mit Metaverse-Dimension. Und die K-Pop-Girlgroup Blackpink nutzt das Metaverse für Events.Eines der virtuellen Fantreffen lockte 46 Millionen Fans an. Die bekäme man in keine Konzerthalle der Welt.Placeholder image-1Noch ein Vorteil des Metaverse: Die Skalierbarkeit virtueller Räume. Weil die Nachfrage so durch die Decke ging, führt das Event 2023 zur Gründung von MAVE – einer der ersten rein virtuellen Popgruppen. Die hyperrealistischen Teammitglieder Siu, Zena, Tyra und Marty sind per KI und Deepfake-Technologie entstanden und tanzen, trällern und schmachten sich mit Endlos-Beinen und hüftlangen Zöpfen durch poppige Liebeslieder. Klickrate: Elf Millionen Aufrufe innerhalb von vier Monaten auf YouTube. Nicht übel.Von Paris Hiltons Zuckerwatten-Welt bis zur K-Pop-Deepfake-Bühne: Das Metaverse bietet Marken enormes Potential. Es erreicht die junge, digitalaffine Generation und ist immersiver als jedes Großflächenplakat oder TV-Werbespot. Print-Flyer für die Älteren, Afterparty im Metaverse für die Jüngeren – so sieht eine moderne Marketingstrategie aus. Das schafft nicht nur bei mehr Menschen mehr Aufmerksamkeit, sondern auch mehr Loyalität. Die Grenzen sind dabei immer fließend. So wie im Hilton‘schen Metaverse. Im Januar dieses Jahres verkündet deren Medienunternehmen 11:11 Media, dass es in Slivingland ab jetzt möglich sei, ein virtuelles Hilton Hotel zu besuchen. Dort könne man „Loyalitäts-Punkte“ sammeln, die man in einem der Hotels der Kette in der realen Welt einlösen könne. Die Idee hat sich schnell rumgesprochen.Hotelentwickler CitizenM baut mittlerweile in The Sandbox. Und Marriott schaltet Mini-Games im Online-Universum von Fortnite, eines der weltweit populärsten Spiele, vor allem unter Kindern und Jugendlichen. Dort kann man „ein wunderschönes virtuelles Feuerwerk zu deinen Ehren“ gewinnen. Wer es braucht.
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