Angela Davis und die DDR

Diedrich Diedrichsen Der linksliberale Pop-Journalist stellt im Freitag die Frage nach den Gründen des engen Verhältnis von Angela Davis zur DDR. Hier eine Antwort.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

LIEBER DIEDRICH DIEDRICHSEN

Es ist gut möglich, dass die Frage am Schluss Ihres Beitrags über eine aktuelle Ausstelung im Minks in Potsdam nur rhetorisch gemeint war.

Jedenfalls zeigt die Wortwahl, dass hier ein linksliberaler Pop-Experte weng Ahnung von der DDR hat.

"Offen bleibt nur, was der Willi-Sitte-Schinken sagen soll, dessen Präsenz die seltsam enge Verbindung von Angela Davis zur DDR weider einmal nur benennt oder bezeugt, statt sie zu kommentieren oder gar aufzuarbeiten", schreibt Diedrichsen.

Warum Sie das Bild von Willi Sitte einen Schinken nennen, bleibt offen. .Soll der despektierliche Begriff nur ausdrücken, dass Sie mit Sittes Malstil wenig anfangen können? Oder steckt dahinter möglicherweise ein westdeutsch-antikommunistisches Ressentiment über einen Maler, über den Sie wenig Ahnung haben? Zumindest stellen Sie sich ja in Bezug auf Angela Davis und der DDR ahnungslos. Wissen Sie wirklich nicht, dass Angela Davis schon in den frühen 1970er Jahren Mitglied der Kommunistischen Partei der USA war und später auch für sie mehrmals als Präsidentschaftskandidatin antrat? Wissen Sie nicht, dass diese Partei sehr gute Kontakte zu den nominalsozialistischen Staaten, auch zur DDR hatte.

Gelebte Solidarität

Diese freundschaftlichen Kontakte bekam Angela Davis selber zu spüren, als sie nach ihren Freispruch, der sie vor der Todeszelle und Hinrichtung bewahrte, auf den Weltjugendspielen der DDR gefeiert wurde. Wissen Sie, Herr Diedrichsen nicht, dass Angela Davis besonders gerne in die DDR kam, weil ihr von Tod in der Zeit, in dem sie in den Gefängnissen der USA saß und ihr die Todesstrafe drohte, viele Rosen geschickt worden sind. Es war eine Initiative der Freien Deutschen Jugend, aberes waren Zigtausende Menschen, die sich an der kleinen aber wichtigen Solidaritätsgeste beteiligten. Natürlich gab es auch in der BRD viele Menschen, die mit Angela Davis solidarisch waren, die schließlich kurz zuvor am Institut bei Adorno Gaststudentin war. Aber die Herrschaftseliten der BRD rühten keinen Finger, als Angela Davis wegen ihrer politischen Aktivitäten in den USA in den Knast geworfen und angeklagt wurde. Kein Wunder, es gab eine Kumpanei zwischen den Herrschenden der BRD und der USA, die Linke ihrer Ländern waren die Feinde. Die DDR und das sozialistische Lager standen hingegen zu dieser Zeit in vielen Fragen auf der richtigen Seite der Geschichte. Sie unterstützen den Vietcong in Vietnam ebenso wie die Schwarzen Revolutionär*innen in den USA und in vielen sich vom Kolonialismus befreienden Ländern im globalen Süden. So spielte die DDR eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der Befreiungsbewegungen in Namiba und speziell beim Druck von deren Zeitungen. Auch zur tansanischen Regierung, die damals eine Art afrikanischen Sozialismus zu verwirklichen versuchte, hatte die DDR gute Kontakte. Deswegen kamen auch viele Schwarze Menschen, die politisch bewusst waren, gerne in die DDR und auch in andere nominalsozialistische Staaten, beispielsweise Paul Robeson, der Schwarze Sänger der Freiheit, der immer wieder in den USA von Rassismus und Antikommunismus bedroht war. Bei seinen Reisen in die nominalsozialistischen Staaten fühlte er sich wie ein Mensch behandelt, sagte Robeson einmal. Hier konnte er sich vom rassistischen Alltag der USA erholen. Auch die Schwarze Sängerin und Sozialistin Fasia Jansen kam gerne in die DDR und trat auf den Weltfestspielen der Jugend auf. Für die Sängerin aus dem Ruhrgebiet war es eine Erholung, eine Zeit in einem Land zu sein, in dem der Antifaschismus und nicht wie in der BRD der Antikommunismus staatlich verordnet wurde. Wie Sie sehen, Herr Diedrichsen, Angela Davis steht in eine Reihe von Schwarzen Revolutionär*innen, die die DDR gerne besuchten.

Kommunismus und Antirassismus gehören zusammen

Handelte es sich dabei nur um Taktik der DDR-Regierung, um der BRD und dem Westen eins auszuwischen? Da mag auch eine Rolle gespielt haben, ist aber kein alleiniger Erklärungsansatz. Da muss man schon zurück in die Geschichte gehen. 1917, als in Russland klassenbewußte Arbeiter*innen den Anlauf für eine sozialistische Welt nahmen, ging das Signal um die Welt, dass es keine Herren und keine Knechte mehr geben soll. Das Signal hatte schon die Pariser Kommune ausgesandt, bevor sie von den Konterrevolutionär*innen im Blut ertränkt wurde. Die Kommune von Petersburg aber überlebte zunächst. Und vor allen im globalen Süden erhoben die Menschen die Köpfe, weil sie erkannten, der Rote Oktober, das ist auch ihre Befreiung. Das war keine falsche Verheißung. Denn die Kommunistische Internatinale (KI) setzte gleich nach ihrer Gründung auch den Kampf für die Befreiung von Kolonialismus und Rassismus auf ihre Agenda. Wenn Sie sich da genauer informieren wollen, sie Ihnen die sehr lesenswerte Studie Reisende der Weltrevolution über die Geschichte der KI der Historikerin Brigitte Studer empfohlen. Damals wurden die Grundlagen gelegt für die Kooperation von Schwarzen Aktivist*innen und nominalsozialistischen Staaten. Natürlich war dieser Prozess nicht widerspruchsfrei. Vor allem die stalinistische Konterrevolution innerhalb des sozialistischen Lagers hat diese Kämpfe weit zurückgeworden. Damals wurde auch der antirassistische Kampf in der kommunistischen Bewegung stark reduziert. Doch, der revolutionäre Glutkern war auch in den nominalsozialistischen Ländern nicht ganz erloschen, wie die Kooperation zwischen der Schwarzen Bewegung und vielen nominalsozialistischen Ländern zeigte. In diesen Kontext steht auch die "seltsam enge Verbindung von Angela Davis zur DDR", über die sie sich in dem Freitag-Beitrag wundern. Da soll nun aber nichts "aufgearbeitet" werden, das schreckliche Verb überlasen wir gene vom Forschungsverbund SED-Staat und anderen ideologischen Staatsapparaten des BRD-Staates. Über das Verhältnis von Angela Davis und der DDR gilt es aufzuklären. Es ist dies dann auch eine Selbstaufklärung über die Bedeutung der Oktoberrevolution für die Befreiung aller Menschen. Ich hoffe, Ihren Aufklärungsbedürfnis mit dieser kurzen Antwort auf Ihre Fragen etwas entgegengekommen zu sein, Herr Diedrichsen.

Peter Nowak

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Peter Nowak

lesender arbeiter

Avatar

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden