Rettet ein linkes Medium jetzt

Neues Deutschland Viel wird über die Perspektive der Linkspartei geredet. Dabei hätte ein Wegfall der linken Zeitung Neues Deutschland viel gravierende Folgen und könnte leicht verhindert werden.

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Wer heute in Zeitungsläden nach der Tageszeitung Neues Deutschland (ND) fragt, bekommt zu hören: die gibt es nicht mehr. Das stimmt nicht ganz. Tatsächlich gibt es seit 1. August das ND als Tageszeitung in gedruckter Form nur für Abonent*innen. Dafür wurde für die Tageszeitung die digitale Form ausgebaut. Bundesweit an allen Kiosken gibt es hingegen die Wochenendausgabe des ND. Der Grund für diese Entscheidung lag daran, dass die Belieferung der Kioske mit der Printausgabe der Tageszeitung höher waren als die Einnahmen durch Verkäufte. Damit dürfte das ND aber eher Trendsetter sein. Auch fast alle anderen Zeitungen werden kaum noch als Printausgabe gekauft und werden zu einem Zuschussgeschäft für den Verlag. Den Kiosk-Verkauf hält man vor allem bei, um die Zeitung vor allem bei den Menschen bekannt zu machen, die selten im Internet aktiv sind, also vor allem die älteren Jahrgänge.

Rettung des ND ist eine Chance für eine gesellschaftliche LInke

Das ND ist noch tot, mittlerweile läuft vom Verlag eine Solidaritäts- und Spendenkampagne, die auch schon Erfolge zeitigte. Es kamen Spenden rein, aber auch und das ist für eine Zeitung das wichtigste, neue Abonennt*innen. Das ist auch ein Aufruf an die noch Zögernden, diesen Schritt zu gehen. Denn der Erhalt des ND sollte ein wichtiges Ziel einer gesellschaftlichen LInken in all ihren unterschiedlichen politischen Strömungen sein. Denn das ND ist schon lange keine Parteizeitung mehr∞ auch wenn sie der LINKEN nahesteht. Sei ist vielmehr ein Medium, in denen sehr unterschiedliche linke Stimmen zu Wort kommen und auch streiten: Feministinnen, Ökosozialist*innen, linke Gewerkschaftler*innen, Klimaaktivst*innen. Die ND-Redaktion sieht eben keinen Widerspruch zwischen linken identitätspolitischen Themen und den Kampf um mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Umgekehrt wäre ein Ende des ND eine weitere Schwächung der gesellschaftlichen Linken, gerade weil dort eben noch Debatten zwischen linken Strömungen geführt werden, die sich nicht nur in der Linkspartei oft kaum noch was zu sagen haben.

Ralf Krämer und das bedingungslose Grundeinkommen

Dabei werden dann auch die Widersprüche in deren Argumentationen deutlich. Da ist der Linksgewerkschaftler Ralf Krämer aus der Linkspartei mit der offiziellen Begründung ausgetreten, er könne als prinzipieller Gegner des bedingungslosen Grundeinkommens mit dem positiven Mitgliederentscheidung für eben ein solches nicht leben. Dabei gehört Krämer auch immer zu denen, die der aktuellen Leitung der Linkspartei vorwerfen, die Arbeiter*innen und Erwerbslosen zugunsten von identitätspolitischen Themen zu vergessen. Nun ist die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen bestimmt kein identitätspolitisches Thema. Sie ist entstanden in der Jobber*innen- und Erwerbslosenbewegung, es ist eine Waffe von Menschen, für die (Lohn)Arbeit um jeden Preis und der bis heute weiter bestehende Sanktionsregime ein Horror sind. Dabei ist auch ihnen klar, dass das bedingungslose Grundeinkommen nicht aus dem Kapitalismus führt, aber das ist auch gar nicht der Anspruch. Auch die Gefahr, dass bestimmte Modelle von wirtschaftsliberalen Kreisen für die weitere Senkung der Löhne und Gehälter genutzt werden kann, ist den meisten Befürworter*innen bewußt. Es gibt aber Modelle des bedingungslosen Grundeinkommens, die mit diesen neoliberalen Bürger*innengeldmodellen nichts zu tun haben. Trotzdem kann man es grundsätzlich ablehnen, aber dann sollte man sich mit den unterschiedlichen Modellen des bedingugnslosne Grundeinkommens erstmals vertraut machen und anerkennen, es ist eine Forderung von Jobber*innen und Menschen mit geringen Einkommen. Wenn man dann verhindern will, dass diese Forderungen neoliberal ausgenutzt werden, müsste man den Kampf um ein bedingungslosen Grundeinkommen mit den Kämpfen um mehr Lohn und weniger Lohnarbeit verbinden unter dem Motto. "Von (Lohn)arbeit muss man leben können, ohne auch". Das wäre ein Beispiel für eine verbindende Klassenpolitik. Krämer aber vertritt mit seiner vehementen Ablehnung des bedingungslosen Grundeinkommens eben nidht die Interessen einkommensarmer Menschen sondern der Gewerkschaftsbürokratie des DGB, die mit einem bedingungslosen Grundeinkommen befürchtet, dass sie weniger als Verwalterin des Konflikts zwischen Kapital und Lohnarbeit nachgefragt wird. Das ist nur ein Beispiel von den vielen Widersprüchen in der linken Debatte. Wo, wenn nicht im nd können sie geführt werden? Dass müsste für gesellschaftliche LInke ein Grund sein, mit zur Rettung des nd beizutragen, entweder durch ein Abo (Print oder Digital) oder durch die Zeichung von Genossenschaftsanteilen. Das nd ist auf jeden Fall leichter zu retten, als die Linkspartei, dazu können auch Linke beitragen, die wie ich grundsätzlich nicht in eine Partei eintreten würden.

Phantasma von der ostdeutschen Tageszeitung

Vor einigen Wochen hat schon der Kollege Velten Schäfer durchaus mit Sympathie im Freitag über den Existenz der Zeitung berichtet, die er über einige Jahre mit geprägt hat. Er hat sicher auch mit dazu beigetragen, dass sie zu dem linkspluralistischen Medium wurde, das nun verloren gehen könnte. Umso rätselhafter ist Schäfers Bedauern, dass das Neue Deutschland Anfang der 1990er Jahre nicht zur überregionalen ostdeutschen Zeitung geworden ist. Schon die Titel, die laut Schäfer da im Raum standen, zeigen, dass hier zum Glück was erspart geblieben ist. "Neue Ostdeutsche" oder "Ostdeutsche Zeitung". Was bitte außer Regoinalismus und Ressentiments gegen die "Westdeutschen" hätte entstehen können? Eine Art Super Illu mit mehr Anspruch? Und auch sie wäre nicht überlebensfähig gewesen, weil der Ostdeutsche ein Konstrukt ist, das auch von den Staatsapparaten im Westen mit gefördert wurde, um eben gemeinsame Kämpfe der Ausgebeuteten und Unterdrückten spalten zu können. Da ist das ND heute schon ein gewaltiger Fortschritt, weil sie diesen Regionalismus eine Absage erteilt, der sich immer in erster LInie gegen diejenigen richtet, die in keine dieser Kategorien passen. Schäfter vergißt mit sienen späten Plädoyer für die eine ostdeutsche Zeitung, dass es solche Projekte gab und gescheitert sind. Es gab in den 1990er Jahren durchaus auch Experimente von ostdeutschen Wochenzeitungen. Auch die junge Welt hatte für eine kurze Zeit unter Chefredakteur Holger Becker den Versuch gemacht, als irgendwie linke ostdeutsche Zeitung am Markt bestehen zu bleiben. Die Abozahlen sanken rapide Dass es die Zeitung noch gibt, liegt daran, dass der Verlag damals die Notbremse gezogen und die jW zu einer gesamtdeutschen Zeitung der traditionellen LInken gemacht hat und damit auch begrenzte Erfolge hat. Warum sollte daneben nicht auch noch eine linkspluralistische Zeitung mit bundesweiten Anspruch Platz haben? Hier liegt die Chance für das ND. Es liegt an uns, sie zu ergreifen.

Peter Nowak

Transparenzhinweis: Der Autor arbeit auch seit Jahren als freier Mitarbeiter für das ND

P.S.: Velten Schäfers Schlusssatz, dass auch die ND-Redaktion nicht vergessen sollte, dass es bei allen Streit um Positionen und Diskursen immer um Menschen geht, bekommt angesichts des Einsatzes von KI auch in den Medien noch einmal eine ganz neue Bedeutung.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Peter Nowak

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