Buffett und Stronach

Zwei Milliardäre Zwei Philosophien. Wieso überbordender Reichtum die Demokratie gefährdet

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Frank Stronach
Frank Stronach

Foto: Alexander Klein/AFP/Getty Images

Warren Buffett und Frank Stronach haben zumindest drei Dinge gemeinsam: Beide erblickten Anfang der 30er Jahre das Licht der Welt, beide sind „selbstgemachte“ Milliardäre und beide sind in jüngster Vergangenheit politisch in Erscheinung getreten. Wahrscheinlich hört hier die Gemeinsamkeit auf, vielleicht würde sich Buffett sogar das Prädikat „selbstgemacht“ absprechen, denn der Mann scheint begriffen zu haben, dass Vermögen auf der Grundlage von Vorleistungen entsteht. Vorleistungen wie Bildung und Infrastruktur, die in der Regel der Staat zu Verfügung stellt, weswegen sich Buffett für eine höhere Besteuerung für Milliardäre einsetzt. Laut eigenen Aussagen führen seine Mitarbeiter mehr Steuern an den Fiskus ab, als er selbst. Tatsächlich zahlten im Jahr 2009 die vierhundert reichsten Amerikaner in keinem Fall mehr als 35% Steuer und besonders Einfallsreiche entgehen der Steuerabgabe vollkommen. Ermöglicht wird diese fortschreitende Degression, durch die geringe Versteuerung auf Kapitalerträge, von der vor allem die Reichen der Gesellschaft profitieren. Verbildlicht kann man sich einen Kreislauf vorstellen, indem Teile dieser Profite in Lobbyarbeit investiert werden, um eine ökonomisch adäquate Interessensvertretung zu erreichen. In demokratischen Parametern offenbart sich jedoch eine desaströse Relation, schließlich verfügen die reichsten 2% über 50% des nationalen Vermögens.

Eine Logik muss nicht logisch sein

Ein anderen, direkteren Weg als die lobbyistische Infiltrierung, bestreitet Frank Stronach, großindustrieller Österreicher mit amerikanischer Mundart. Er steht, wie die meisten Milliardäre, der Argumentation Buffetts skeptisch gegenüber. Er selbst setzt auf das Konzept der Selbstverpflichtung und geht mit gutem Beispiel voran: Er unterstützt die Technische Universität Graz und gründete sogar ein eigenes Institut, welches auch seinen Namen tragen darf, während ihn die Universität im Gegenzug "für seine besonderen Leistungen" zum Honorarprofessor ernannte. Die Verflechtung zwischen Wirtschaft und Bildung ist dabei keinesfalls der Wissenschaft abträglich, im Gegenteil, gute Wissenschaft fördert wirtschaftliches Wachstum! Würde dieser Milliardär also höher besteuert werden, könnte er niemals so progressiv auf die Gesellschaft einwirken. Es mag diese Erkenntnis sein, die den betagten Mann bewog, seine kostbare Zeit zu opfern, um das marode politische System in Österreich zu brechen, indem er eine neue Partei gründete: Das Team Stronach. Die Kritik, dass letztendlich Mandate und Stimmen erkauft werden, tut der Wirtschaftsguru als ineffizient ab. Ebenfalls ineffizient ist die unzeitgemäße Tarifpartnerschaft. Trotz sinkender Reallöhne ist Stronach überzeugt, dass Gewerkschaften ein überflüssiges Relikt vergangener Zeiten sind und plädiert für deren Abschaffung. Das alles ist kein müder Witz, tatsächlich wird sein zusammengekauftes „Team“ bei den nächsten Nationalratswahlen höchstwahrscheinlich Parlamentsstatus erlangen, obwohl das rechte Spektrum der österreichischen Parteienlandschaft bereits gesättigt schien.

Nichts als Pragmatik

Wohl nicht erst Marx erkannte die Verflechtung zwischen Politik und Ökonomie, die das ausmacht, was Mensch als Macht versteht. Doch es ist paradox, dass gerade die neoliberalen Geister, die diesen Zustand nur im Kommunismus erkennen können, häufig so offensichtlich versuchen ihr ökonomisches Kapital in politisches umzumünzen. Die Gleichsetzung von möglichst liberaler Marktwirtschaft und Demokratie wird dabei letzten Endes auf die Probe gestellt. Die Gefahr für die parlamentarische Demokratie, welche von einer neuen kapitalistischen Elite ausgeht, wird im gegenwärtigen Österreich auf das Vulgärste vorgeführt, während man ehemals kolonialisierte Länder immer noch als Bananenrepublik betitelt. Die Besteuerung von Vermögen ist also weniger populistisch als pragmatisch und sollte von der etwas sozialeren Partei in Österreich selbstbewusst vertreten werden - der Demokratie zuliebe!

Vielen Dank an Ayper Cetin
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