Wahlkampf in Vulkanistan (Teil 1)

Hessische Landtagswahl | Über die "Idiotie des Landlebens" im Gegensatz zum "Tollhaus des Stadtlebens" witzelte einst der Schriftsteller und Aphoristiker Hans Ritz. Ein Kenner des Vogelsbergs?

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Von oben sieht Europas größtes Vulkangebiet doch sehr friedlich aus - hier der Hoherodskopf, Vogelsberg
Von oben sieht Europas größtes Vulkangebiet doch sehr friedlich aus - hier der Hoherodskopf, Vogelsberg

Foto: Fliegen777/Flickr (CC BY 2.0)

Es gibt ländliche Regionen in Deutschland, da erntet man schon einen billigen FDP-Lacher, wenn man sie nur beim Namen nennt. Der Vogelsbergkreis, weitgehend deckungsgleich mit einem allerdings nur unter Insidern als "Vogelsberg" bekannten Mittelgebirge in Oberhessen, zu dessen inneren Werten es gehört(e), sowohl Europas größtes Vulkangebiet schlechthin zu beherbergen als auch - in noch nicht wiedervereinigter Zeit - den geografischen Mittelpunkt von West-Deutschland vorweisen zu können, ist hierfür das beste Beispiel. Einen noch billigeren Lacher fährt nur noch der ein, der dramatisch versichert, in eben diesem Vogelsgebirge nicht einmal tot über dem Zaun hängen zu wollen. "Und die, die hier le-ben, würden das nie zug-e-b-e-n...", singt der Liedermacher Thomas Koppe. Das kommt in etwa auf dasselbe raus. Im EU-geförderten Regionalentwicklungskonzept "Vulkan aktiv - REK 2014-2020" liest sich das dann so (S. 55): "Das Image des Vogelsberges als Wohn- und Arbeitsort hat deutlich 'Luft nach oben' – sowohl bei der hier lebenden Bevölkerung als auch von außen betrachtet."

Wer hier geboren und "überzeugter Vogelsberger" ist, sieht das möglicherweise anders und ist dennoch oft gezwungen, die teilweise verzweifelt geliebte Heimat zwecks akademischer Ausbildung oder einträglicherer Erwerbsarbeit zu verlassen. "Kluge gehen - Arme kommen" beschrieb die Gießener Allgemeine im März 2013 die Entwicklungstendenz einer zu den "Abgehängten" zählenden Region zwischen Brain Drain und Binnenmigration der Armutsgefährdeten. Zahlreiche Pendler kehren ihrem Vogelsberg zumindest tagsüber den Rücken und nehmen hierbei erhebliche Distanzen in Kauf. Die 2006 erschienene große Untersuchung des Berlin Instituts zur demografischen Lage der Nation und der Zukunftsfähigkeit ihrer Regionen sah den Vogelsbergkreis mit 300 verlorenen Arbeitsplätzen pro Jahr nicht nur demografisch, sondern auch wirtschaftlich auf Schrumpfkurs. Die zuletzt günstigere Entwicklung der Beschäftigtenzahlen, die die schwarz-rote GroKo im Kreistag gern als Zeichen einer gelungenen Kehrtwende ins Feld führt, beruht laut einer Untersuchung der Hochschule Fulda lediglich auf einem seit ca. zehn Jahren anhaltenden hohen Zuwachs an Teilzeitstellen im sozialversicherungs- pflichtigen Bereich sowie vermehrten Beschäftigungsverhältnissen im Niedriglohnsektor (sog. atypische Beschäftigungen), insbesondere unter den Frauen, die perspektivisch die Altersarmut unter den VogelsbürgerInnen in die Höhe treiben werden.

Eine aktuelle Vergleichsstudie zur Lebensqualität unter den 401 Landkreisen und kreisfreien Städten Deutschlands sieht den Vogelsbergkreis auf Rang 309, d.h. im unteren Drittel. Besonders negativ schlagen die hohe Zahl von Pflegebedürftigen an der Gesamtzahl der Bevölkerung (Rang 374), die beträchtlichen durchschnittlichen Pendlerdistanzen (Rang 355), die hohe Verschuldung der öffentlichen Haushalte (Rang 330), die dramatisch schrumpfende Bevölkerung (Rang 329), die im Durchschnitt langen Fahrzeiten ins nächste Mittelzentrum (Rang 293), aber auch die für eine Urlaubsregion peinlich geringe Zahl der Sonnenstunden pro Jahr (Rang 385), der geringe Anteil der Erholungsfläche an der Gesamtfläche (Rang 383) oder die Höhe der Ozonbelastung (Rang 343) zu Buche.

Im neuesten Innovationsatlas für die Bundesrepublik Deutschland von 2017 zeigt sich der Vogelsbergkreis gerade einmal im unteren Mittelfeld der Regionen, die bis zu vier Prozent ihrer Brutto-Wertschöpfung für Forschung und Entwicklung ausgeben. Das Berlin Institut nannte vor Jahren die Abwanderung der Intelligenz und die Tatsache, dass die zur Hochschulausbildung Abgewanderten nur selten zurückkehren, als einen Hauptgrund für die mangelnde Innovationsfähigkeit der Vogelsberg-Region.

In der nüchternen Betrachtung des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung handelt es sich beim Vogelsbergkreis um einen ländlich-peripheren Raum mit disperser Siedlungsstruktur. Seine relevanten Merkmale sind geringe Bevölkerungsdichte (mit 73 Einw./km² die geringste in Hessen) sowie Lageungunst. Letzteres meint die Tatsache, dass die Fernverkehrswege (Autobahnen und Schnellbahn-Linien) an den Kreisgrenzen vorbei - oder sagen wir: weitgehend an ihnen entlang - führen. Dementsprechend liegen auch die bevölkerungsstärksten Orte am Rand des Kreisgebiets, während in dessen Inneren sich terra incognita ausbreitet. Aufgrund der topografischen Gegebenheiten (zentrale Hochfläche, die zu allen Seiten terassenförmig abfällt) konnten sich keine Oberzentren entwickeln. Nur die beiden Städte Alsfeld (16.085 Einwohner) und Lauterbach (13.056 Einwohner) sind im Sinne der Raumordnung Mittelzentren. Die nächstgelegenen Oberzentren im Umkreis von 50 km sind Fulda im Osten und Gießen im Westen. So etwas nennt man wohl Arsch der Welt.

So harsche Urteile führen ungeachtet der sie möglicherweise stützenden Faktizitäten zu Abwehrreaktionen, wie sie selbst aus der Pflanzenwelt bekannt sind. Mein Freund, der Baum etwa - so weiß man noch gar nicht so lange - ist so passiv und wehrlos nicht, wie es scheint. Er verteidigt sich - durchaus auch vorbeugend - mit physikalischen, chemischen und biologischen Maßnahmen gegen Angreifer aller Art. Aufgrund seiner Ortsgebundenheit, die der des dialektsprechenden Eingeborenen entlegener Landstriche durchaus ähnelt, ist er ein Meister defensiver Abwehrstrategien. Wer dies für unmöglich hät, sei daran erinnert, dass die internationale Baumforschung Bäumen sogar die Fähigkeit attestiert, entsprechend ihrer augenblicklichen Befindlichkeit zu twittern, was angesichts ähnlicher Gewohnheiten eines gewissen Donald Trump immer wieder für weltweite Aufregung sorgt. Bäume wie Vogelsberger wehren als bedrohlich empfundene Situationen (z.B. Waldrodungen zwecks Errichtung naturnaher Windkraftanlagen, Kontaktwünsche hochdeutsch sprechender Neubürger oder Anordnungen der Bezirksregierung) häufig nicht durch offenen, sondern durch hinhaltenden, zuweilen auch hinterhältigen Widerstand ab. Können beide - Baum oder Vogelsberger - die Abwehrmaßnahmen nicht allein bewältigen, locken sie sogar andere Arten an, die ihnen helfen, den Angreifer, Schädling, Eindringling, Zugezogenen usw. an störender Entfaltung zu hindern. Zeitungsberichte von Kirmes-Keilereien und shitstormartige Angriffe wütender Vogelsberg-Trolle auf missliebige Kommentatoren in Meinungsforen können das belegen.

Vogelsberger, die sich in Besitz von Führungsqualitäten glauben, also etwa vom Ortsvorsteher und Bürgermeister aufwärts, bedienen sich ergänzend gern der Erzeugung landsmannschaftlicher Wir-Gefühle ("Wir Vogelsberger", "Wir im Vogelsberg" usw.), um den berühmten Schulterschluss zu veranlassen, Gefolgschaft hinter sich zu versammeln oder auch nur das für den Vogelsberger offenbar unentbehrliche Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen. Politisch Talentierte nutzen das Harmoniebedürfnis ihrer Landsleute geschickt aus, um sich selbst auf den Schild des Meinungsführers oder Provinzfürsten der Region (sprich: Landrat) heben zu lassen. Wo die Vogelsberger Identität beschworen wird, formiert das (Wahl-)Volk sich reflexartig zu Netzwerken oder Wagenburgen.

Von Motivationstrainern und konstruktivisten Philosophen (letzteres ist allerdings reine Vermutung!) hat man sich mittlerweile das blinde Vertrauen in die Kraft des positiven Denkens, wenn nicht gar die des magischen Denkens von Kindern oder Naturvölkern abgeschaut. Der Kreispressestelle als fraglos effektivster Kreisbehörde fiel dabei bereits vor Putins Trollen und Trumps alternativen Fakten die Aufgabe zu, die harte Realität eines Lebens im Vogelsberg im Sinne der "Faktizität des Phantastischen" (Frank Dersch) neu zu deuten bzw. es zu Propagandazwecken punktuell aus den banalen Zwängen von Ursache und Wirkung zu befreien. Die vollständige Synchronschaltung der Lokalzeitungen mit der Pressestelle ließ im Laufe der Jahre eine Informationsblase*) vom Format einer überdimensionierten Schneekugel entstehen. Dort - in einer Art Kreis-Schneekugel-Propaganda-Miniaturministerium - laufen alle Fäden zusammen, um der Bevölkerung ein Grundgefühl von "Lebensqualität" zu vermitteln. Versorgungsstrukturen, die für eine vom demografischen Wandel besonders stark heimgesuchte Region höchst notwendig wären und längst hätten entwickelt werden müssen, spielen hierbei jedoch nur eine marginale Rolle und treten hinter Aspekten der lokalen Wirtschaftsförderung weit zurück. Zwar wird das Problem einer beständigen Zunahme der alten und ab einem bestimmten Alter vermehrt auch kranken Mitbürger*innen bei gleichzeitiger Abwanderung der Jungen immer wieder einmal benannt. Doch die in diesem Zusammenhang angebotenen institutionellen Lösungen haben lediglich den Gebrauchswert potemkinscher Dörfer. Jeder der in Politik, Verwaltung oder "Betreuungsindustrie" damit Konfrontierten scheint um die fragile Konstruktion der Versorgungsstrukturen und die düstere Zukunft zu wissen, versucht aber selbst geringste Erschütterungen der Schneekugel durch störende Schallereignisse (etwa in Form kritischer Fragestellungen oder vorlauter Zweifel) tunlicht zu vermeiden, um in dem Trugbild der vorgespiegelten Lebensqualität kein Schneegestöber auszulösen.

Ungeachtet dessen wird mit kaum nachvollziehbarem Stolz gern auf einige wenige "Leuchtturmprojekte" verwiesen, als da wären das einzige Pflegezentrum in Lauterbach, zuständig für knapp 107.000 (also sämtliche) Kreisbürger*innen (ein Pflegezentrum pro Landkreis ist allerdings auch allgemeiner Standard für ganz Hessen!), ein paar Plätze für Tages- und Nachtpflege im einstelligen Bereich, die von Seniorenheimen vorgehalten werden, ein "Familienbündnis" unter Aufsicht der Verwaltung mit immerhin acht unterschiedlichen Arbeitsgruppen, deren Teilnehmer sich seit zehn Jahren gegenseitig erzählen, auf welche schon weit länger bekannten großen Herausforderungen man sich demnächst wohl werde einstellen müssen, sowie eine einzige Privatinitiative auf einem entlegenen Dorf, die an einem Freitag pro Monat für zwei Stunden einige Demenzkranke beschäftigt. Es sei doch alles vorhanden, was man brauche, lautet die hierzu amtlich ausgegebene und von Vorzeigebürgern gern bestätigte Sprachregelung. Und was nicht vorhanden sei, brauche man im Grunde auch gar nicht. Oberhessisch: "Ower wann’s går niedt offällt, wann’s fehn doud, brache mer’sch aach wahrscheins niedt so ubedingt."

Um die organisierte Verdrängung fehlender kommunaler Daseinsvorsorge und eigentlich selbstverständlicher Versorgungsstrukturen noch stärker im Volke zu verankern, greift man zu diversen bauernschlauen Ablenkungs- und Verschleierungs-Tricks. Wann immer einige wenige "Störer" beispielsweise zu rügen wagen, dass die wenigen "Leuchttürme" doch wohl kaum ausreichten, um die Versorgung in der Fläche zu gewährleisten, wird nach dem Muster: "Aber dafür [gemeint ist: statt dessen!] haben wir doch..." auf ein Arsenal spezieller Vogelsberger Tugenden oder im Wesen des Vogelsbergers liegender Eigenschaften verwiesen, die das Fehlende mit Leichtigkeit ersetzen könnten: "Gute Nachbarschaft" etwa, "Zusammenhalt", "gute Vernetzung" oder die hohe Zahl von Vereinen. Gern weist man in diesem Zusammenhang auch auf das Vorhandensein von Nachbarschafts- bzw. Generationenhilfe-Vereinen hin, deren Anzahl während der letzten zwanzig Jahre auf gerade mal acht angewachsen ist. Diese sollen nun so ziemlich für alles herhalten, was mit haushalts- und lebensweltnahen Dienstleistungen zu tun hat. Peinlich nur, dass wissenschaftliche Untersuchungen inzwischen zu dem Ergebnis gelangt sind, dass solche Bürgerhilfevereine "es mittelfristig nicht leisten könn[t]en, als 'Co‐Produzenten' der Daseinsvorsorge die Kommunen und Landkreise zu entlasten." Doch auch dies lässt sich "dialektisch" auflösen: Wird die Wissenschaft ins Feld geführt, bestreitet man einfach, dass Nachbarschaftshilfevereine überhaupt als "Co‐Produzenten der Daseinsvorsorge" angesehen würden. Wird dagegen der Mangel an effizienten Versorgungsstrukturen thematisiert, bringt man genau wieder die Nachbarschaftshilfe als kompensatorisches "Mädchen für alles" ins Gespräch.

Auch wenn - wie gerade gezeigt wurde - die Wissenschaft etwas ist, wodurch die Kreispolitik und die Verwaltung leicht in Verlegenheit zu bringen wären, suchen deren Repräsentanten sich listig mit ausgewiesenen Vertretern eben dieser Wissenschaft zu umgeben. Meistens reichen einige publizistische Kunstgriffe der Kreispressestelle, um den Eindruck zu erwecken, als sei "die Fachwelt" dezidiert der Meinung, dass Kreispolitik und Verwaltung sich im Hinblick auf die Bewältigung des demografischen Wandels und zukünftiger Herausforderungen wie Pflegekrise und Altersarmut vollkommen auf der Höhe der Zeit befänden. So kauft man sich namhafte Fachvertreter für Vorträge oder lächerliche "Forschungsprojekte" ein, um deren zumeist eher höfliche als begeisterte Statements in eigenen Pressemitteilungen dann entsprechend umzudeuten. Dies dürfte allerdings nur noch diejenigen beeindrucken, die den heutigen Wissenschaftsbetrieb nicht kennen und noch immer von einer "unabhängigen und objektiven Wissenschaft" ausgehen.

Ein weiterer Kunstgriff zur Verschleierung fehlender Versorgungsstrukturen besteht darin, rudimentäre Ansätze irgendwelcher Aktivitäten oder in Gründung befindliche Institutionen bereits so aufzubauschen, als sei damit eine flächendeckende Versorgung nur noch eine Frage der Zeit. Textbeispiel:

"Die beiden Vertreter der Demenzbetreuungsgruppe aus Schotten-Eichelsachsen Gisela Schmittberger und Reinhard Keil erzählten ihre Erfahrungen: „Zu unserer Demenzgruppe kommen einmal im Monat rund zehn bis zwölf Demenzkranke. Wir spielen, basteln und singen mit den Betroffenen oder unternehmen auch mal einen Ausflug – alles Dinge, die das Gedächtnis anregen.“ Diese Betreuung stehe stellvertretend für das, was man überall im Vogelsbergkreis hinkriegen wolle. Vereinzelt gäbe es diese Angebote schon, doch leider noch nicht überall. Gerade eine Beschäftigung sei für die Erkrankten sehr wichtig, da heute viele Menschen alleine lebten."

Anmerkung: Seit Jahren gibt es nur dieses einzige Angebot im gesamten Kreisgebiet!

Gut situierte Rentner, z.B. die zumeist nicht aus dem Kreis der Senioren gewählten, sondern von ihren Gemeinden dorthin entsandten Mitglieder des Kreisseniorenbeirats, wirken willig dabei mit, den Vogelsbergkreis ins rechte Licht zu rücken, gilt es doch ohnehin als Ehrensache, nichts auf die geliebte Heimat und den verehrten Herrn Landrat kommen zu lassen. Selbst wenn es anders wäre, würde Widerstand daran scheitern, dass öffentliche Verlautbarungen grundsätzlich über den Schreibtisch des Landrats laufen, der bis vor kurzem dem Gremium noch persönlich vorsaß und die Tagesordnungen der äußerst seltenen Zusammenkünfte der "Seniorenvertreter" bestimmte. Und so werden - wie zuletzt bei der Landratswahl von 2017 - selbst gegen die eigene Überzeugung die offiziellen Sprachregelungen des schönfärberischen Standortmarketings übernommen. Die Regieanweisung hierzu findet sich unter "Vulkan aktiv - das regionale Entwicklungskonzept für den Vogelsbergkreis 2014 - 2020":

>> Die gute Lebensqualität, die Ausstattung mit Infrastrukturen (Schulen, Kindergärten, allg. Daseinsvorsorge etc.) und deren Angebote, Unternehmen mit qualifizierten Arbeitsplätzen und Aufstiegschancen bedürfen einer realistischen aber auch interessierenden Darstellung. <<

"Interessierende Darstellung" dürfte das Code-Wort für eine Mischung aus Standortmarketing und Selbstbetrug oder Autosuggestion sein, der nicht nur die Sprache der Politik bestimmt, sondern auch ihr Handeln. Dabei käme es - frei nach Marx' Thesen über Feuerbach - darauf an, die Vogelsberger Wirklichkeit nicht nur im Sinne erfolgreicherer Vermarktung gefälliger zu interpretieren, sondern darauf, sie endlich den Erfordernissen des demografischen Wandels anzupassen. Im anstehenden Landtagswahlkampf müsste das eigentlich der zentrale Wahlprüfstein sein: Wer hat den Mut, die notwendigen Veränderungen - insbesondere bei den Versorgungsstrukturen, zu denen man durchaus auch die zum "Running Gag" verkommene "schnelle Einführung des schnellen Internets im Vogelsberg" zählen darf - konkret beim Namen zu nennen? Und wer wäre in der Lage, die durch Nichtstun verlorenen Jahrzehnte zurück zu holen?

Aber wer weiß: Möglicherweise sind die regionalen Aspekte für den Wahlausgang im Herbst gar nicht von so großem Gewicht, wie das hier naiverweise unterstellt wird. Denn einmal wird zum Landtag in Wiesbaden gewählt und nicht zum Kreistag in Lauterbach. Und wer könnte zum anderen schon sagen, wovon die Wahlentscheidungen des Bürgers am Ende wirklich abhängen?

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*) Ganz harmlos liest sich das dann folgendermaßen (Quellen-Link, S. 5):
"Auf der Ebene der LAG Vogelsberg wurde die journalistisch betreute Internetplattform www.vogelsberg.de entwickelt – ein regionales Feuilleton, mit täglich neuen Beiträgen zu Veranstaltungen, touristischen Ereignissen, Berichten über die Erstellung des REKs 2014 - 2020 etc. Die regionalen Tageszeitungen sind darin mit ihren Lokalteilen verlinkt, so dass man sich einfach und vollständig einen Überblick über die Nachrichten aus der Region verschaffen kann."
Die Themenauswahl und die Inhalte dieser "Nachrichten aus der Region" bestimmt selbstverständlich die Kreispressestelle.

Leser, die Teil 1 gelesen haben, interessieren sich vielleicht auch für Teil 2 und Teil 3.

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