Rostocker Abschiede: Linke mit neuer Spitze

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„Vielen Dank für diesen gefühlvollen Abschied“, so endet die Ära des Vorsitzenden Oskar Lafontaine. „Macht‘s gut. Macht‘s besser.“ Sätze aus seiner 40-minütigen Rede beim Rostocker Parteitag, der am ersten Tag viel „gut gemacht“ und „weiter so“ erlebte. Der Saarländer sprach von einer „erfolgreichen Strategie“, die man „niemals“ auswechseln solle. „Wir sind die erfolgreichste Gründung in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Kriege.“

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Der neue Vorsitzende Klaus Ernst blickte derweil schon einmal in eine rosige Zukunft. Langfristig sehe er die Linke als stärkste politische Kraft: „Wenn wir alle gewinnen, die unsere Positionen unterstützen, wird die Partei die Mehrheit in unserem Land erhalten“, zitiert ihn die Mittelbayerische Zeitung. Bei der Vorstandswahl beim Parteitag in Rostock klappte es mit der Mehrheit für den Gewerkschafter schon einmal ganz gut: 74,9 Prozent, ein „Ergebnis, das besser als erwartet war“, wie eine Nachrichtenagentur anmerkte. Zumal er gegen den einzigen Gegenkandidat des Abends antrat, Heinz Josef Weich, der immerhin 13,9 Prozent erhielt - und ein Angebot für Kabarettauftritte.

Gesine Lötzsch wurde mit 92,8 Prozent gewählt, ein „absolutes Traumergebnis“, wie es später hieß. Bei den Stellvertretern fiel Halina Wawzyniak mit 57,8 Prozent um einiges hinter Katja Kipping, Sahra Wagenknecht und Heinz Bierbaum ab, die allesamt um die 75 Prozent herum landeten. Die Berliner Vizechefin nannte ihr Wahlergebnis „sehr ehrlich“. Auch Caren Lay blieb unter der 70-Prozent-Marke, Werner Dreibus als Co-Bundesgeschäftsführer erhielt 82,4 Prozent. Björn Böhning von der SPD fand es „bezeichnend, aber auch bitter“, dass „gute Leute“ wie Wawzyniak bei den Wahlen etwas schlechter abschneiden. Beim Parteitag von 2008 in Cottbus landete übrigens auch Klaus Ernst noch in diesen Regionen. Alle weiteren Ergebnisse gibt es hier.

Nach der nicht immer oberhalb der Gürtellinie geführten „Illoyalitäts-Debatte“ vom Winter waren es kleine Hiebe bei der Wahl - oder Umarmungen beim Abschied. Als Gregor Gysi zuerst Lothar Bisky und dann Dietmar Bartsch herzte, dachten wohl viele an Tage im Januar, in denen es nach dem öffentlichen Abkanzeln des Bundesgeschäftsführers recht frostig zuging. Bartsch hatte im Vorfeld ein wenig davon abzulenken versucht. Es sei „normal, dass nach so langer Dienstzeit als Bundesgeschäftsführer ein Wechsel erfolgt“. Zwei Sätze vom Samstag sollte man sich aufschreiben: „Du“, so Gysi zu Bartsch, „gehst deinen Weg.“ Und der zum Schluss: „Das war es noch lange nicht.“

Was schreiben die anderen?
"Wer kann reden wie Lafontaine? Wer kann innerparteiliche Demokratie praktizieren wie Bisky? Wer kann derartig cool und professionell die Geschäfte führen wie Dietmar Bartsch, der Bundesgeschäftsführer? Niemand", meint die Frankfurter Allgemeine. Und die Welt äzt: "Beim Parteitag der Linken herrscht eine Stimmung euphorischer Rechthaberei – die Partei feiert sich als siegreiche Truppe. Oskar Lafontaine bewegt sich in bedenklicher Nähe zum Größenwahn."

Mehr über den Parteitag in Rostock und die Linkspartei
auf lafontaines-linke.de.

AKL, fds, EmaLi und Co.
Sie gelten als Ausdruck des innerparteilichen Pluralismus, organisieren aber nur eine kleine Minderheit der Mitglieder: die Flügel der Linken. Immer wieder hat die Strömungspolitik für Debatten gesorgt. Nun soll grundsätzlich über die Plattformen und Foren nachgedacht werden. (weiterlesen)

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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