Die eigentliche Neuigkeit an der Sache ist: Es gibt offenbar tatsächlich ein paar Jüngere im Altherrenverein der Alternative für Deutschland (AfD), die sich in sozialen Netzwerken verbreiten und sich dort zu ihren Einstellungen bekennen. Da findet sich etwa ein junger Mann, der via Facebook auf einem Foto mit hochgehaltenem Schild erklärt, kein Feminist zu sein, „weil ich Ideologien idiotisch finde“. Es gibt einen, der die „Vernunft“ über den „Genderwahn“ stellen will und einen anderen, der keine Frau kennt, „die eine Quote braucht“. Soweit die ziemlich milchbubihaft wirkenden AfD-Jungs, die aber „wahre Weiblichkeit wunderschön finden“.
Die Partei-Mädels, allesamt Nicht-Feministinnen selbstverständlich, lassen sich schon mal gern die Türe aufhalten, auch weil sie „nicht sein wollen wie die Männer“ (welche Feministin will das eigentlich?) und „in der Lage sind, über sich selbst zu bestimmen“ (Glückwunsch!). Dabei rufen sie all die abgenutzten Vorurteile über den Feminismus auf – und rennen mit ihrer Aktion auch offene Türen ein. Denn die Strategie, den Feminismus unter Ideologieverdacht zu stellen, ist unter Antifeministen nun wirklich nicht neu. Und sie funktioniert nicht nur bei Facebook, sondern auch in anderen Gefilden wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Die Kampagne der AfD-Jugend auf Facebook, die auf eine entgegengesetzte der Münsteraner Jusos reagiert („Ich bin Feminist, weil ...“) erinnert an den weiland im Netz ausgelösten Shitstorm junger Piratenmänner, die sich mit weiblicher Emanzipation ziemlich schwer taten. Wo die Piraten gelandet sind, ist bekannt. So gesehen, könnte man auch die AfD-Aktion der kritischen Community bei Facebook überlassen, die feststellt: „Die haben wohl alle nicht auf dem Schirm, was Feminismus eigentlich ist.“ Und die empfiehlt, eine Partei mit 14 Prozent Frauenanteil lieber zu verlassen und „mit ein paar Frauen ins Gespräch zu kommen“.
Allerdings scheint der AfD-Jugend die Abgrenzung von der europäischen Rechten fremd, auch wenn der AfD-Vorsitzende Bernd Lucke nicht müde wird, diese zu behaupten. Die Welt hat entdeckt, dass sich unter den Netzfotos, die die AfD-Jugend auf ihrem Facebook-Profil präsentiert, auch welche von Nigel Farage von der rechten United Kingdom Independence Party finden, dessen Partei den Austritt Großbritanniens aus der EU fordert und gegen Einwanderer Stimmung macht. Und auch deutsche Nationalisten greifen die Antifeminismus-Kampagne gern auf.
Worin sich Jusos und AfD-Jugend mit ihren hochgehaltenen Schildern allerdings treffen, ist die politische Ausdrucksform. Das J’accuse der Achtundsechziger und ihrer Nachfolger, das sich anprangernd gegen objektive Verhältnisse richtete, scheint erledigt. Die Jüngeren frönen ihren subjektiven Befindlichkeiten. Bekenntnisgesten statt Anklage. Da zeigt sich nicht ein „Genderwahn“, sondern ein neuer Glaubenswahn.
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