Hört die Hiobsbotschaften!

Klimaschutz Die UN-Konferenz in Doha wird wahrscheinlich keinen Durchbruch bringen. Aber jetzt aufgeben? Die Verhandlungen erinnern uns zumindest daran, was zu tun ist
Klimaschutz in Katar? Das Ölemirat hat den höchsten Pro-Kopf-Ausstoß an Kohlendioxid weltweit
Klimaschutz in Katar? Das Ölemirat hat den höchsten Pro-Kopf-Ausstoß an Kohlendioxid weltweit

Foto: Karim Sahib/AFP/Getty Images

Es gab eine Zeit, da brachte der Klimawandel sogar die Jungs mit den schnellen Autos ins Grübeln. „Wenn wir nicht handeln, ist die Existenz der Formel 1 bedroht“, warnte der damalige Motorsportboss Max Mosley vor fünf Jahren. Der Rennzirkus stehe auf Messers Schneide, wenn man nicht schnell umsteuere. „Autos, die 75 Liter Benzin auf 100 Kilometer verbrauchen, sind nicht mehr cool.“ Die Rede war allen Ernstes von einer „grünen Formel 1“.

Aber irgendwie war damals offenbar nicht nur die Formel 1 eine andere, sondern auch der Rest der Welt. Ein ganzes Jahr lang schien sich 2007 alles nur noch um die Erwärmung der Erde zu drehen, nachdem der frühere Weltbankökonom Nicolas Stern mit Horrorprognosen über die Kosten des Klimawandels sogar die Wirtschaft wachgerüttelt hatte und der Weltklimarat IPCC mit Schreckensszenarien schockte. Die Große Koalition schnürte ein Klimaschutzpaket, mit dem der damalige Umweltminister Sigmar Gabriel beim UN-Klimagipfel auf Bali Eindruck machte. Und die Weltgemeinschaft raufte sich dort in letzter Sekunde zusammen und gelobte feierlich den Abschluss eines verbindlichen Klimapakts bis 2009.

Kreiselnde Experten

Nun ist das Jahr 2009 ohne Abkommen vorbeigegangen und die Jahre 2010 und 2011 auch. Die Prognose, dass es auch dieses Jahr bei der UN-Klimakonferenz in Doha keinen echten Durchbruch geben wird, ist nicht allzu verwegen – selbst wenn der Vizepremier von Katar zur Eröffnung von einer „goldenen Chance“ sprach. Vielmehr könnte man auf den Gedanken kommen, der Klimazirkus, in dem jedes Jahr Tausende Experten zu Vorbereitungsrunden, informellen Treffen und Megakonferenzen um den Globus kreiseln, wäre eine ähnlich sinnfreie Veranstaltung wie die 72 Runden von Monaco.

Aber sinnlos ist es eben auch, sich den Untergangsszenarien hinzugeben. Niemand wird bestreiten, dass es für den Klimaschutz nicht gut lief in den vergangenen Jahren, dass die US-Politik das schlimme K-Wort kaum noch in den Mund zu nehmen wagt, dass China die Welt hinhält, dass Europa sich keine Vorreiterrolle mehr zutraut und sich die Bundesregierung im schwarz-gelben Kleinklein verliert. Aber jetzt aufgeben? Nichts mehr tun? Aus allen Auspuffrohren feuern, bis die Party vorbei ist?

Fehlt nur noch die gute Nachricht

So abstrus die Rituale der Klimakonferenzen mit ihren wiederkehrenden Selbstbeschwörungen anmuten, so sehr die Verhandlungen in den letzten Jahren auf der Stelle traten: Die Klimagipfel erfüllen zumindest noch den Zweck, die Menschheit einmal im Jahr an ihren Irrsinn zu erinnern. Die Weltbank warnt vor einer beschleunigten Erhitzung um bis zu vier Grad in den nächsten Jahrzehnten, der Weltklimarat sieht seine schlimmsten Befürchtungen erfüllt, das UN-Klimaprogramm rechnet damit, dass schon ab 2020 jährlich bis zu 58 Milliarden Tonnen Klimagase in die Atmosphäre geblasen werden, die Hälfte mehr als bisher: Der Voradvent ist jedes Jahr die Saison der Hiobsbotschaften – bis sie vielleicht doch irgendwann gehört werden.

Dann fehlte nur noch die Erfolgsmeldung aus der „grünen“ Formel 1. Was könnte das sein? Neuartige Boliden verbrauchen nur noch 60 Liter? Fernando Alonso mit Solarmobil am Start? Sebastian Vettel lieferte ja am Wochenende mit seinem Dreher in der ersten Runde in Sao Paolo ein Bild, das zumindest die Fantasie beflügelt: Einer fährt mal ganz gegen den Strom und gewinnt am Ende doch noch. Zu weit hergeholt? Na gut. Dann vergessen wir die Formel 1 und konzentrieren uns auf das Wesentliche.

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Geschrieben von

Verena Schmitt-Roschmann

Verena Schmitt-Roschmann ist Ressortleiterin Politik des Freitag.

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