Kommando Outdoorkräfte

Bundeswehrwerbung Die neue Bundeswehrwerbeserie porträtiert das KSK und setzt dabei auf einen instagram-affinen Tierfilmer

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„Ultrageil“
„Ultrageil“

Foto: Sean Gallup/Getty Images

Die Bundeswehr hat wieder mal eine neue Serie produziert, um junge Rekruten zu werben. Diesmal rund um das Kommando Spezialkräfte, eine Sondereinheit der deutschen Armee. Wie bei den Vorgängerkampagnen, die die Grundausbildung für Marinesoldaten, den Einsatz in Mali oder auch die Fortbildung der Fallschirmjäger begleiteten, bilden eine Reihe rund siebenminütiger YouTube-Filmchen die Basis. Ergänzt werden sie durch Bilder auf Instagram und Snapchat, Chat-Nachrichten auf WhatsApp und Facebook, sowie einem Soundtrack auf Spotify. Neu hinzugekommen sind ein etwas zerfahrener Podcast und ein Workout mit dem charmanten Namen „KSK Bootcamp“, das bundeswehrreife Fitness verspricht. Für dieses interaktive Trainingsprogramm wurde Amazons Alexa als Befehlsgeberin verpflichtet.

Neu ist auch die Struktur des zentralen Narrativs: In den bisherigen YouTube-Serien der Bundeswehr wurden in dokumentarischer Anmutung jeweils eine Handvoll Protagonisten präsentiert. Ob in der Ausbildung oder eben tatsächlich im Einsatz – immer wurden echte Soldaten und manchmal auch Soldatinnen gezeigt– von einem unsichtbaren Kamerateam. Wie in einer klassischen Doku eben. Die neue Serie „KSK - Kämpfe nie für dich allein“ aber stellt in den Mittelpunkt ihrer Erzählung einen militärischen Fremdkörper, den „Zivilisten“ Robert Marc Lehmann. Wenn der nicht mit dem KSK durch den Dschungel kriecht, dreht der medienaffine Meeresbiologe Unterwasserfilme für das NDR, streift instagrammend durch Arktis und Steppen oder legt Schulkindern Umweltprobleme nahe.

Mit Lehmann hat die Bundeswehr die nächste Evolutionsstufe auf ihrem Weg zu mehr Anschlussfähigkeit bei der Zielgruppe genommen. Sie hat sich einen Selfiestickkrieger eingekauft. Sie hat den über „Verbringung von Personen“ redenden Spezialkräften einen gutaussehenden Abenteurer vorgesetzt, der fast alles „ultrageil“ oder "unfassbar krass" findet und sich darüber freut, dass er beim Training im Dschungel etwas mitnehmen könne für seine „Wildlife-Erfahrung“. Damit gelingt es den Macherinnen der Serie, aus extremer Überbelastung im Job einen Survivaltrip in exotischer Umgebung zu machen. Die sicher nicht des ideologischen Pazifismus verdächtige FAZ beschrieb vor vier Jahren in ihrem Artikel „In geheimer Mission verschlissen“ detailliert, wie beim KSK Menschen physisch und psychisch heruntergewirtschaftet würden, um die bald Untauglichen dann eiligst fallen zu lassen. Beim Instagramabenteurer Lehmann hört sich das 2018 so an: „Das ist genau das, wofür das KSK steht. Selbst wenn man keinen Bock mehr hat, immer noch durchzuziehen.“ Das KSK sei eine „coole Truppe“ und die Jungs dort „super freundlich“, aber natürlich auch „unfassbar krass“.

Die Bundeswehr wolle mit der Serie zum KSK nochmal einen draufsetzen, das hohe Interesse bei der Zielgruppe befriedigen, sagt Social Media-Offizier Marcel Bohnert. Außerdem ginge es darum, den Mythos KSK etwas zu lüften. Dabei bekommt die Bundeswehr Schützenhilfe von der BILD-Zeitung: Zwei Videos und zwei Artikel berichten über die „Elitetruppe“ und verweisen dabei auf die Serie, ein kurzer Clip auf bild.de dient sogar ausschließlich der Werbung für die Werbeserie. Er nutzt dafür eine Auswahl der schönsten Unterhaltungselemente, die die Serie zu liefern weiß: Waffengewalt durch Maskierte, spannungsgeladene Shooter-Optik, beeindruckende Naturaufnahmen und giftige Tiere.

Die Serie liefert ganz sicher Einblicke, die vorher so nicht zu haben waren. Sie erklärt einzelne Aufgaben beim KSK, zeigt Waffen und Fahrzeuge aller Art und lässt die Maskierten zu Wort kommen. Und daran gibt es zweifellos Interesse: Etwa eine Viertel Million Menschen sah die ersten Folgen jeweils, die Kommentare unter dem letzten Video der Serie sind überschwänglich. Aber natürlich nicht, weil die Bundeswehr ihre Mythen wirklich entzaubern würde. Vielmehr, weil sie sie entstaubt, neu einkleidet und vermarktet. Mit der Serie „KSK - Kämpfe nie für dich allein“ schaffen die deutsche Armee und der von ihr eingesetzte Digitalzeremonienmeister Lehmann einfach einen neuen Mythos um das KSK – einen zielgruppenkompatibleren.

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