Folter in der Volksrepublik Donezk & Luhansk

OHCHR-Bericht Vergangene Woche wurde ein Bericht des UN-Hochkommissars für Menschenrechte (OHCHR) über die Volksrepubliken Donezk und Luhansk über Folter vorgestellt

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Im OHCHR- Bericht Report on the human rights situation in Ukraine - 16 November 2019 to 15 February 2020 finden sich ausführliche Berichte zur Situation der politischen Gefangenen in den beiden Volksrepubliken Donezk und Luhansk. Es wird festgestellt, die Anzahl der Folterungen sei dort steil angestiegen, während im Gegenzug sich die Situation in der Ukraine (hauptsächlich bei der SBU) deutlich verbessert habe. Zudem wird von Auslieferung Gefangener an den russischen FSB berichtet.

Für die wenigen Journalisten, die noch die Volksrepublik Donezk besuchen können - eines der Gefängnisse, in denen gefoltert wird, kann man im Stadtteil Budyony in Donezk finden. Sofern diese Journalisten nicht den Beteuerungen der Herrschenden Glauben schenken, politische Gefangene und Folter gäbe es nicht.

Früher wurde auf dem Gelände Isoliermaterial hergestellt, seit 2010 fand dort das international bekannte Künstlerprojekt Izolyatsia bis Anfang 2014 Platz, bevor auf diesem großen Gebiet eine Kaserne und ein Gefängnis entstand. Kalashnikov statt Kunst - so könnte man Oleh Smals (Künstler aus Kyiv) auch in diesem Zusammenhang interpretieren.

Zum Thema Folter und politische Gefangene in den Volksrepubliken. Worin besteht die Gefahr für Andersdenkende? Ich lernte im Mai 2017 eine Frau aus dem Donbas kennen, deren Mutter und Großmutter noch in Luhansk wohnten und proukrainisch waren. Im Juli 2017 besuchte diese Frau ihre Mutter und ihre Großmutter und kehrte nicht mehr zurück. Wie so oft wurde sie bei der Ausreise aus der Volksrepublik Luhansk verhaftet. Bei der Einreise finden die Verhaftungen durch die Separatisten nur sehr selten statt. Eine Begründung gab es nicht. Sechzehn Tage war sie in einem Keller eingesperrt und wurde aus nichtigen Gründen auch gefoltert. Man hatte sie gezwungen Photos mit ihr und der russischen sowie der Separatistenflagge zu machen und wollte diese auf ihrem Facebook-Account hochladen. Dafür brauchte man ihr Passwort. Es gehört zu den Geheimnissen von Gefangenen, warum sie das Passwort nicht verraten hat. Ihr aus Russland stammender Mann setzte Himmel und Hölle in Bewegung und vermochte sie aus den Klauen ihrer Folterer zu befreien.

2015 traf ich in Lviv einen Mann, der einer Mutter die Todesnachricht ihres Sohnes überbringen mußte. Ihr Sohn war bei Kämpfen mit Separatisten gefangengenommen worden und wahrscheinlich von Arsen Pavlov (Rufname Motorola, "Hochzeitsgeneral" aus Rostov-am-Don, Russland) selbst zu Tode gefoltert.

Solcherlei Berichte hört man öfters in der Ukraine. Kinder können seit 2014 ihre Eltern aus Donezk oder Luhansk nicht mehr besuchen, weil ihnen eine Verhaftung droht. In Deutschland selbst werden diese Erlebnisse nicht bekannt.

56 der 76 beim ersten Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine ausgetauschten Männer und Frauen (beim 2. Gefangenenaustausch am Jahresende 2019 forderte Russland diese Personen) wurden vom OHCHR befragt und berichteten von Folter mit Fixierung und Stromschlägen auch im Genitalbereich. Diese Berichte kennt man sonst eher aus Aleksander Solshenizyns Werk "Archipel Gulag". Auch die Beschuldigungen ähneln sich: Angebliche Spionage für die Ukraine.

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