Vielleicht muss die Weihnachtsgeschichte in jedem Jahr neu erzählt werden, damit es immer wieder Weihnachten werden kann…. bei der Wiederholung von altvertrauten Legenden ist die Gefahr groß, dass die eigentliche Botschaft vergessen wird.
Die Botschaft der Liebe und des Friedens, gegen jede Bedrohung.
Die Weihnachtsgeschichte beginnt mit einer Abweisung, jedes Kind kennt diese Wendung auswendig: Nein, hier ist kein Platz in der Herberge! Und während ich mich heute also im Netz über die Belastungen des sozialen Friedens am Berliner Oranienplatz und am Kottbusser Tor kundig mache, traurig die Bilder der nächtlichen Straßenschlacht in Hamburg zur Kenntnis nehme, mich ohnmächtig und hilflos fühle bei den neuesten Bildern aus Syrien, fällt mir ein kleine Nachricht auf, die schon einige Wochen in den großen Archiven des Weltgedächtnisses schlummert:
Notaufnahme. Gedächtnisprotokoll von Julya Rabinowich.
Die Wiener Journalistin und Moderatorin Corinna Milborn hat eine Notiz der Autorin Julya Rabinowich in ihren Blog gestellt, über eine kleine, wahrscheinlich alltägliche Begebenheit aus einer Notaufnahme, wie sie auch in München, Berlin oder Hamburg täglich passieren kann: Zwei Frauen, Mutter und Tochter, werden von vier Polizisten verhört, weil sie keine gültigen Reisepapiere haben. Sie kommen aus Tschetschenien, die junge Frau scheint sehr krank und hat große Angst. Als die Mutter von den Polizisten fortgebracht worden ist, übersetzt die berichtende Autorin die russischen Dokumente: Niereninsuffizienz, lange Krankenhausaufenthalte, schwere Medikation, schlechte Werte.
Julya Rabinowich hat in dieser Notaufnahme als Patientin gewartet, jetzt aber fragt sie nach, ob man das Mädchen aufnehmen könne: Die Mutter ist weg, nur noch ich bin da. Das könnte meine Tochter sein, sage ich zum Polizisten. War das notwendig, die Mutter wegzubringen?
Hier ist ein Link zum Text, schon ein paar Monate alt: http://www.milborn.net/texte/text/notaufnahme.-gedaechtnisprotokoll-von-julya-rabinowich
Inzwischen sind Mutter und Tochter im Flüchtlingslager Traiskirchen, 20 km südlich vor Wien. Julya Rabinowich besucht sie dort und hat heute auf meine Nachfrage mitgeteilt: Das Mädchen ist lebenslang auf Dialyse angewiesen, beide sind sehr mitgenommen. Transplantation unsicher.
140 Zeichen über Twitter….. diese Weihnachtsgeschichte ist eine Fortsetzungsgeschichte mit ungewissem Ausgang.
Aber Weihnachtsgeschichten müssen ganz einfach sein. Das könnte meine Tochter sein: So klingt für mich die Weihnachtsgeschichte 2013, geeignet für hochgerüstete Polizisten ebenso wie für gestresste Innensenatoren, die glauben, Stärke gegen Schwache zeigen zu müssen.
Für den Januar 2014 hat der Berliner Innensenator Frank Henkel die Räumung des wilden Camps auf dem Kreuzberger Oranienplatz angekündigt und brüskiert damit die Kreuzberger Bürgermeisterin Monika Herrmann… Aber wem gehört die Stadt?
Kalt ist es geworden in der Stadt. Viele Menschen in Hamburg hegen dieses Gefühl. Es ist kalt geworden, obwohl alles genau nach Recht und Gesetz zugeht. Vielleicht gerade, weil alles so genau nach Recht und Gesetz zugeht, schreibt Charlotte Parnack in der Süddeutschen, weil es empören muss, wenn sich Recht und Gesetz gegen Menschen wendet, die vor Ungerechtigkeit und Gesetzlosigkeit fliehen mussten.
Das könnte meine Tochter sein, sage ich zum Polizisten.
Nein, ich möchte nicht, dass unsere Städte brennen.
Blick in die Presse:
http://www.milborn.net/texte/text/notaufnahme.-gedaechtnisprotokoll-von-julya-rabinowich
http://www.xhain.net/pm/2013/flluechtlingscamp-am-oranienplatz-henkel-erhoeht-den-druck-auf-herrmann
http://www.taz.de/Asyl/!129457/
http://www.taz.de/Demo-fuer-Erhalt-der-Roten-Flora/!129830/
http://www.taz.de/Kommentar-Rote-Flora/!129853/
http://www.sueddeutsche.de/panorama/krawalle-in-hamburg-kalt-wie-das-gesetz-1.1849752
Nachtrag zum Eintrag vom 04.11.2012: Hinter uns liegen die Chronolysen (in vier Akten)... die Timeline im Blog archinaut: ist inzwischen justiert. Dieser Blog berichtet aus Deiner Welt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:
Ich werde Euch nicht schonen. Öffne Deine Augen.
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