Endlager-Farce 2.0

Atommüll Die Umweltverbände boykottieren die neue Endlager-Kommission. Damit wird die Arbeit des Gremiums zu einer Alibi-Veranstaltung, die keinen Konsens bringt. Wer ist schuld?
Ausgabe 15/2014

Wie oft haben sich die Politiker damit gebrüstet, dass bei der neuen Suche nach einem Endlager für Atommüll alle Gesellschaftsteile einbezogen werden. Und nun das: Heute soll die Atommüll-Kommission eingesetzt werden und es zeichnet sich ab: Die Umweltverbände boykottieren! Allen Beteiligten ist klar, dass die Kommission so zur Farce werden muss. Zu einer Alibiveranstaltung, um den Gesetzesauftrag zu erfüllen. Eigentlich soll das Gremium Leitlinien zur Endlagersuche diskutieren und einen Konsens finden. Letzteres ist ohne Umweltschützer aber ausgeschlossen. Fragt sich nur: Wer ist schuld daran?

Einige Politiker schimpfen hinter vorgehaltener Hand schon über die Verbände und dass man es ihnen nie recht machen könne. In Wirklichkeit ist es aber die Unbeweglichkeit der Politik, die eine Lösung schwierig bis unmöglich macht. Im vergangenen Jahr wurde das Endlagersuchgesetz beschlossen, jetzt gilt es als heilige Kuh. Nur die Linke will es noch mal ändern, die Abgeordneten von Union, SPD und Grünen wollen oder trauen sich nicht. Zu groß ist die Angst, der damals mühsam ausgehandelte Kompromiss könnte wieder zerbrechen. Doch wie ernst ist dann eine Kommission gemeint, die auch das Gesetz evaluieren soll? Wird der Bundestag in zwei Jahren die möglichen Reformempfehlungen der Kommission überhaupt ernsthaft prüfen?

Nichts Verbindliches

Jetzt sollen die Umweltverbände erstmal mit schönen Absichtserklärungen abgespeist werden. Im Entschließungsantrag steht etwa, dass die Kommission bitte im Konsens entscheiden solle – wie es die Umweltschützer wollen. Im Gesetz steht: Die Kommission kann auch mit Zwei-Drittel-Mehrheit entscheiden.

Eine andere Forderung der Verbände ist, in dem Gremium zunächst nur das Endlagersuchgesetz zu evaluieren. Anschließend soll der Bundestag das Gesetz nachbessern und erst in einer zweiten Phase der Kommission wird über die Grundsatzfragen der Endlagersuche diskutiert. Dieser Plan ist mit dem geplanten Entschließungsantrag möglich, verbindlich ist er aber auch nicht.

Die Politik leistet sich einen weiteren Affront gegenüber den Umweltschützern. Obwohl diese sich mehr Zeit für Verhandlungen erbeten haben, soll die Kommission jetzt eingesetzt werden. Die zwei Plätze für die Öko-Verbände gehen dann an NN, der Deutsche Naturschutzring als Dachverband der Umweltorganisationen kann nachträglich Vertreter benennen.

Die Politik spekuliert wohl auf ein Umschwenken des BUND. Der Verband trifft sich am Samstag zu einer Versammlung. Die Basis, traditionell den Grünen und der SPD nahe, könnte sich doch noch für eine Teilnahme an der Kommission entscheiden. Der Vorsitzende Hubert Weiger hat sich jedoch schon weit für ein Nein aus dem Fenster gelehnt: Eine Beteiligung gebe es nur mit der Sicherheit, dass der „geologisch ungeeignete und politisch verbrannte“ Standort Gorleben „nicht mehr in Frage kommt“.

Die Initiative Ausgestrahlt hat hingegen einen Katalog an Bedingungen für die Teilnahme veröffentlicht. Bisher ist lediglich eine von ihren dreizehn Forderungen erfüllt.

Wenn die Politik die Konsens-Chance nicht verpassen will, muss sie weiter auf die Umweltverbände zugehen. Alles andere verzögert bloß den Prozess.

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