Schmerz und Mitgefühl: Es tut so weh, aber das darf nicht sein

Diagnose Die moderne Gesellschaft produziert Schmerzen am laufenden Band – aber sie kann damit nicht umgehen. Ein Auszug aus Björn Hayers neuem Buch „Sinn und Unheil. Zur Ästhetik des Schmerzes“
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 24/2023
Roll dich raus und nimm jemanden ganz fest in die Arme, bitte
Roll dich raus und nimm jemanden ganz fest in die Arme, bitte

Foto: Brooke Didonato/VU/Laif

Physische und seelische Versehrungen erfordern Zeit, zur Kommunizierbarkeit genauso wie zur Heilung. Sie bedürfen einer Atmosphäre des Zulassen-Könnens. Dieses Bedürfnis geht an der Aufmerksamkeitsindustrie der sozialen Netzwerke vorbei. Gelebt wird das Feel-good-Paradigma, das, was der Kulturkritiker Byung-Chul Han „Positivgesellschaft“ nennt. „Nicht nur die Kunst, sondern das Leben hat instagrammable zu sein.“

Angesichts dessen gleicht Schmerz einem lästigen Stimmungskiller. Und dort, wo er dennoch Präsenz zeigt, wird er sogleich umcodiert. Schnappschüsse von Beerdigungen oder aus dem Krankenbett liegen im Trend. Warum? Weil man den Schmerz mit anderen teilen will? Möglicherweise. Aber vielleicht geht es auch gerade darum, de