Die Gewinner*innen

Bachmannpreis Valeria Gordeev gewinnt den Ingeborg-Bachmann-Preis; KELAG- und Publikumspreis gehen an Martin Piekar

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Die Gewinnerin des diesjährigen Bachmannpreises bei der Lesung ihres Textes: Valeria Godeev
Die Gewinnerin des diesjährigen Bachmannpreises bei der Lesung ihres Textes: Valeria Godeev

Foto: ORF/Johannes Puch

Sonntagvormittag, 11 Uhr: Unter den Klängen von „I tua wohl“ wird die Preisverleihung im Bachmann-Garten eröffnet, dargeboten vom Jazztrio Frau Bach & Söhne. Nach kurzer Vorstellungsrunde der Jury rekapituliert die Moderation den Mittwochabend, die Eröffnung der 47. Tage der deutschsprachigen Literatur. Auszüge der Eröffnungsrede von Tanja Maljartschuk werden eingespielt. „Hier ist Gewalt. Hier ist immer Kampf“, so der Titel. Die Bachmannpreisträgerin des Jahres 2018 hat ihre Sprache verloren und erzählt vom Abschied von der Literatur:

Verstehen Sie mich und meine Verbitterung nicht falsch. Ich verdanke alles in meinem Leben der Literatur, die ich mir als Blüte am Ast eines Baumes vorstelle. Einerseits ermöglicht sie die Fortpflanzung der Ideen, und doch fällt sie bei einem Unwetter als erste ab. Auch im Donbas haben in diesem Frühling Bäume geblüht. In den verlassenen Dörfern, vor den zerbombten Häusern, über den noch nicht entdeckten Massengräbern. Ein Baum blüht, während ein Soldat ein Mädchen auf den Wurzeln des Baumes vergewaltigt. Ein blühender Baum ist machtlos und hilflos der Gewalt gegenüber, die Menschen einander antun. So wie die Literatur bleibt ein Baum nur ein stummer Zeuge…“

Der Bachmannwettbewerb: vom 28. Juni bis 2. Juli organisieren 3Sat und der ORF die 47. Tage der deutschsprachigen Literatur. Zwölf Schriftsteller*innen sind in diesem Jahr für den Bachmannpreis nominiert. Studierende der Angewandten Kulturwissenschaft des Instituts für Kulturanalyse an der Alpe-Adria-Universität Klagenfurt berichten hier über den Lesewettbewerb. Das Blockseminar „Einführung in den Literaturbetrieb“ (Dozent: Karsten Krampitz) verwandelt sich für ein paar Tage in ein Blog-Seminar.

Die Auszeichnungen

Laura Leupi, eingeladen von Thomas Strässle erhält den 3SAT-Preis (7.500 Euro). Ihre Lesung fand am dritten Tag statt und thematisierte sexualisierte Gewalt. „Das Patriarchat ist nicht etwas, das eine bestimmte Gruppe betrifft“, so Jurorin Insa Wilke, „sondern es betrifft alle.“ ORF-Landesdirektorin Karin Bernhard überreicht der Autor*in den 3Sat-Preis.

Kurz darauf ist Martin Piekar sichtlich gerührt über den Kelag-Preis (10.000 Euro). Seine Lesung fand am Freitagvormittag statt und handelte von dem Zusammenleben einer polnischen Mutter und ihrem Sohn, die sich zunehmend auseinanderleben und Sprachbarrieren aufbauen, die unüberwindbar zu sein scheinen. Klaus Kastberger, auf dessen Einladung hin Piekar gelesen hatte, wartet schon mit Spannung auf den Roman zum Text, der durch die Auszeichnung mit Sicherheit einen guten Verlag finden werde. Die Chancen stehen gut, hat der Autor doch zu alledem noch den BKS-Bank-Publikumspreis gewonnen (7.000 Euro zuzüglich des Klagenfurter Stadtschreiberstipendiums im nächsten Jahr in Klagenfurt im Wert von 6.000 Euro). An Preisgeldern nimmt Martin Pikar heuer im „Bewerb“ also fast den ersten Platz ein.

Der mit 12.500 Euro dotierte Deutschlandfunk-Preis geht an Anna Felnhofer, die am zweiten Tag auf Einladung von Brigitte Schwens-Harrant gelesen hat. „Fische Fangen“ erzählt von den Gewalterfahrungen eines Jungen, der infolge einer neurologischen Krankheit keine Gesichter erkennen kann. Weder seine Mutter noch seine Klassenkameraden, die ihn fortwährend verprügeln, vermag er zu erkennen.

Dann endlich die Bekanntgabe der Abstimmung zum Hauptpreis

Valeria Gordeev erhält den Bachmann-Preis, der mit 25.000 Euro dotiert ist. Er putzt erzählt vom Putz-Wahn eines Neurotikers. Die Jury lobte nicht nur den Text, sondern auch den Vortrag. Manch einer werde nach der Lesung seine Wohnung mit anderen Augen sehen.

Insa Wilke, die Gordeev eingeladen hat, hob hervor, dass die Geschichte, trotz extremer Engführung einen weiten Raum schaffe. „Das ist die Kunst dieses Textes“. Gordeev sei eine Autorin, die einen detaillierten Blick auf Sprache werfe. Außerdem liebe sie, was sie tut und wisse um ethische Grenzen. Dadurch sei es Gordeev gelungen, ihren Text sprechen zu lassen. Herzlichen Glückwunsch.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Victoria Lammer | Blogseminar

Studierende des Instituts für Kulturanalyse an der Alpe-Adria-Universität Klagenfurt berichten hier über den Bachmannpreis

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