Es war ein historischer Tag, als die Vorsitzenden der Großen Koalition ihre Pläne für ein Integrationsgesetz vorstellten. Seit den ersten Anwerbeabkommen mit der Türkei und anderen Ländern, die ab 1960 geschlossen wurden, markierte der Auftritt einen Zeitenwechsel: Ab sofort tun auch wir, die großen Volksparteien, aktiv etwas für die Integration der Menschen, die in unser Land kommen. Wir stellen Ausländern nicht mehr die deutscheste aller Fragen: „Und wann gehst du wieder nach Hause in deine Heimat?!“ Stattdessen bieten wir jetzt bessere Möglichkeiten zur Integration: Deutschkurse, Ausbildung, Arbeit – und wir sagen sogar: Herzlich willkommen!
SPD-Chef Sigmar Gabriel prägte bei der Gelegenheit den Satz, Deutschland brauche keine Integrationssimulanten. Ja, solche Leute gibt es. Nur sind es meistens nicht die Zuwanderer, sondern Behörden und Vorschriften, die Integration simulieren, wo es gar keine gibt. Fragt man die privaten Helfer, die sich zu Tausenden um Flüchtlinge kümmern, so ist das Erste, was sie berichten: dass die Behördengänge für Zuwanderer ein Grauen sind. Spricht man mit Erziehern und Lesepaten in Willkommensklassen, so sagen sie alle: Es macht Riesenspaß, mit den jungen Migranten zu lernen – wenn bloß die Kultusbürokratie schneller und unkomplizierter Lehrer anheuerte.
Die Aufzählung ließe sich ohne Mühe fortsetzen. Denn die hervorstechendsten Eigenschaften bei der Integration waren – abgesehen von dem Zündapp-Moped für den portugiesischen Gastarbeiter Armando Rodrigues de Sá – stets Misstrauen und Kampf. „Ich wäre gerne auch einmal angenommen worden, ohne kämpfen zu müssen“, hat Mehmet Daimagüler gesagt, der Jurist und FDP-Politiker, den sein deutscher Lehrer 1974 fast in die Hilfsschule abgeschoben hätte.
Das „Schaffen wir das?“-Motiv hält seit dem großen Beifallklatschen auf dem Münchner Hauptbahnhof das Land in Atem. Aber das Nadelöhr allen Bemühens um Hilfe und Eingliederung ist fast immer das gleiche: dass die Bundesregierung einerseits vielen Menschen den Weg ins Land geöffnet hat, andererseits aber Integration nur vorspielt, wo effizientes und unbürokratisches Handeln gefordert wäre. Es wird Zeit, dass endlich auch die Politik umschaltet – von Simulation in Aktion.
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