Lahmer Sheriff

Soziale Medien Mit einem neuen Gesetzesentwurf will Bundesjustizminister Maas den Hass im Internet eindämmen – doch anstelle der Autoren werden nur die Medien sanktioniert
Ausgabe 12/2017
Ob das so alles funktioniert?
Ob das so alles funktioniert?

Foto: Stefan Zeitz/Imago

Das Schöne am Internet ist, dass jeder seine Meinung kundtun kann. Das Schlechte ist, dass es auch alle machen: stumpfe Beleidigungen reihen sich an Verleumdungen, Volksverhetzungen und Aufrufe zur Gewalt. Alles Straftatbestände – geahndet werden sie im seltensten Fall. Die Täter wiegen sich hinter ihren Bildschirmen in Sicherheit. Sie wissen, dass sie nichts zu befürchten haben.

Es ist ein schmaler Grat, den Heiko Maas mit seinem überfälligen Gesetzentwurf beschreitet. Links die Datenschützer mit Forderungen nach Freiheit im Netz, rechts die unzähligen durch Hasskommentare Beleidigten und Gedemütigten. Und vor ihm ein großes Machtvakuum: Der digitale Raum ist nahezu rechtsfrei.

Maas hätte mit seinem Gesetzentwurf, der auf den holprigen Namen „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ hört, die Chance gehabt, ein Signal gegen Hass und Lüge zu setzen. Er will soziale Netzwerke verpflichten, Beschwerden von Nutzern unverzüglich zu prüfen. Offensichtlich rechtswidrige Inhalte müssen binnen 24 Stunden entfernt sein; sonstige rechtswidrige Inhalte sind binnen sieben Tagen zu löschen. Ein Verstoß dagegen wäre eine Ordnungswidrigkeit – und würde drastische Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro nach sich ziehen. Netzwerke wären verpflichtet, einen inländischen Zustellbevollmächtigten zu benennen.

Der Vorstoß hilft – für Facebook & Co. wird die Luft immer dünner, nichts gegen Hasskommentare zu unternehmen. Trotzdem geht Maas nicht weit genug. Der Kern des Problems sind schließlich die Hassprediger, Schmähkritiker und Stalker – sprich: die Nutzer selbst. Wollte er das rechtsstaatliche Vakuum füllen, müsste er die Kommentierenden strafrechtlich verfolgen. Dafür wiederum müsste Facebook die Nutzerdaten herausgeben – wogegen Mark Zuckerberg etwas hat und Datenschützer Sturm laufen.

Freilich gilt: Jeden, aber wirklich jeden hinter dem Schutzschild der Netzanonymität zu verstecken, ist realitätsfremd. Es missversteht die Ausmaße, die das Problem Hass im Internet erzeugt. Wie die staatliche Verfolgung im digitalen Wilden Westen trotz Stellenabbau in Gerichten funktionieren soll, ist ungewiss. Dass der Rechtsstaat, die Sicherheit der Nutzer und das gesellschaftliche Klima darunter leiden, ist nicht mehr hinnehmbar.

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