Kampfmonturen, Blendgranaten, Straßensperren. Stündliche Medienupdates zum „Erbe des RAF-Terrors“, zum „Risiko einer Gewaltspirale“. Herabwürdigend spricht man über Daniela Klette, selbstgefällig über ihre Verhaftung als „Meilenstein der Kriminalgeschichte“. Erinnert der Winter 2024 an den Deutschen Herbst 1977, stimmt das in Bild und Text – nicht im Ausmaß. Es gingen den polizeilichen Kommandoaktionen keine der Stadtguerilla voraus. Die Rote Armee Fraktion ist seit 26 Jahren aufgelöst. Burkhard Garweg, Ernst-Volker Staub und Daniela Klette haben diesen Kampf 1998 eingestellt.
Wie auch, der zweite Unterschied, die linke Opposition. Der Deutsche Herbst zielte auf Hunderttausende, denen die RAF wichtig war, weil
war, weil sie in der Haltung ein Beispiel gab. Links sein hieß, an der Überwindung des Bestehenden im Ganzen zu arbeiten, für gänzlich neue, radikal befreite Verhältnisse. Sich also in einen grundsätzlichen Widerspruch zur Ordnung zu stellen und ihn im eigenen Namen auszutragen, in erster Person, nicht unter Berufung auf eine vorgebliche weltgeschichtliche Logik und deren Kollektivsubjekt. Das war gemeint, als es 1977 um die „Austrocknung des Sympathisantensumpfs“ ging.Nach der „bleiernen Zeit“ gab es das nicht mehr. Man forderte noch Änderungen, aber fügte sich. Heute gibt es keine ernstliche soziale Bewegung, keine Bewegungslinke. Die Demos gegen AfD und Nazis sind im Kern staats- und regierungsfromm. Es gibt auch keine parlamentarische Linke. In winzigen Rückzugsgebieten der autonomen Linken geht es um Selbsterhaltung. Der schrille Alarm in den Schlagzeilen ist Desinformation.Der dritte Unterschied betrifft den Sinn der Repression. Damals war sie Teil eines großen politischen Projekts, Teil einer Politik im eminenten Sinn des Wortes. Ihr ging es um eine Antwort auf die fundamentale Herausforderung der kapitalistischen Verhältnisse seit den 1960er Jahren. Gegeben wurde diese Antwort mit der neoliberalen Modernisierung und Globalisierung dieser Verhältnisse. Sie schuf zwar keine befreite, doch immerhin eine gänzlich neue Welt, und dieser Welt gelang die Reintegration der Mehrheit der Dissidenten.Ausweichen vor tatsächlichen HerausforderungenHeute folgen die Repression und ihre Inszenierung keinem politischen Projekt. Heute geht es nur noch ums fundamentale Ausweichen vor den tatsächlichen epochalen Herausforderungen. Die eintretende ökologische Weltkrise und ihre sozialen, ökonomischen, kulturellen und politischen Verwerfungen sind nicht Gegenstand von Politik. Sie werden verwaltet. Nur auf seltenen Sendeplätzen spricht man von den noch Millionen zählenden Noch-Überlebenden der pakistanischen oder haitianischen Fluten, der Dürren in Senegal und in Kenia. Angesichts ihrer hätte Politik, ein Beispiel nur, die Umkehr der globalen Ressourcenströme von Nord nach Süd einzuleiten, jetzt.Der Sinn dieses Verwaltungshandelns liegt allein in der Bestandssicherung des Nordens, Deutschlands, der EU, der USA. Es geht, den Phrasen zum Trotz, weder um „Nachhaltigkeit“ noch um „Zukunftsfähigkeit“. Leitbegriff ist, im Ton konsequent, der Begriff der Sicherheit, verwaltungsmäßig umgesetzt im historisch größten und technisch avanciertesten Aufrüstungsprogramm seit 1945, in der Abschaffung der letzten Reste des Asylrechts. Genutzt werden dazu die Verwüstungen und Gemetzel in der Ukraine und in Gaza: Im Auf und Ab des Tagesgeschehens dienen sie der Einschwörung der Gesellschaft auf Kriegsbereitschaft und Kriegsbefähigung. Doch niemand weiß und niemanden kümmert, was aus den Wüsten wird. Man wirft Bomben, man liefert Bomben, man lässt Hilfsgüter vom Himmel fallen, ohne jedes strategische Kalkül. Zur Befriedung Haitis sollen Truppen aus Kongo und Benin eingeflogen werden.Hier findet die Hatz auf Daniela Klette und ihre Gefährten ihren Ort: als Begleitmusik. Wie auch ihr Vorspiel, die geifernde Wut auf die „Letzte Generation“, die „Klima-RAF“. Man nutzt die Gelegenheit und simuliert – Politik. Das gab es schon einmal. Nicht vor dem Zweiten, sondern dem Ersten Weltkrieg. Den niemand so gewollt hat. Der einer Welt das Ende bereitete, die am Ende ihrer Möglichkeiten angelangt war, die nichts mehr als ihr Ende wollte. Ein Sarajevo wird sich einstellen, zur passenden Gelegenheit.