Von wegen Völkerrecht: Über die Monstranz des Westens

Kriege Völkerrecht statt Mord und Totschlag – das war die Idee. Aber: Die Völkerrechtsordnung ist Vergangenheit. Der Politikwissenschaftler Roland Czada über die überstaatliche Rechtsordnung, die nur noch in Rhetorik und Doppelmoral weiterlebt
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 47/2023
Hier ist das Völkerrecht, zumindest bildlich, zusammengebrochen
Hier ist das Völkerrecht, zumindest bildlich, zusammengebrochen

Illustration: Luise Mirdita

Das Völkerrecht sei gerade mal „gut zur internationalen Bekämpfung der Blattlaus“, meinte Professor Michael Wolffsohn neulich. Die Gesetze des Krieges seien nun mal Mord und Totschlag. Bereits 2022 hatte sich Wolffsohn ähnlich zum Internationalen Strafgerichtshof geäußert und noch eins draufgesetzt: Wider die historischen Fakten setze Deutschland auf die friedensstiftende Kraft des Völkerrechts.

Das Völkerrecht ist also in Verruf geraten. Dabei sollte es doch Mord und Totschlag in internationalen Konflikten verhindern. Zwar gibt es kaum Staaten, die seine Idee ablehnen. Welche Normen gelten und wie sie funktionieren sollen, darüber denkt man im Westen allerdings anders als in China und Russland sowie in großen Teilen Afrikas und Latei