Das Thema Abtreibung wäre wohl zu brisant

Serienkolumne Die Sequel-Serie „And Just Like That ...“ hat es in der ersten Staffel nicht geschafft, „Sex and the City“ ein zeitgenössisches Make-Over zu verpassen. Die zweite Staffel macht das schon besser
Ausgabe 38/2023
Carrie Bradshaw ist in der zweiten Staffel von „And Just Like That ...“ wieder fleißig am daten
Carrie Bradshaw ist in der zweiten Staffel von „And Just Like That ...“ wieder fleißig am daten

Foto: SKY/Warner Media

Die Ausgangslage für die zweite Staffel von And Just Like That … war wahrlich keine optimale: Nach der ab Ende 2021 erschienenen ersten Staffel dieser Sequel-Serie zu Sex and the City (1998 – 2004) hagelte es harsche Kritik von allen Fronten: Fans der ursprünglichen, aus dem „goldenen Serienzeitalter“ stammenden HBO-Produktion wollten die Abwesenheit von Samantha Jones (Kim Catrall) nicht hinnehmen. Zudem war das verbliebene Trio aus Carrie (Sarah Jessica Parker), Charlotte (Kristin Davis) und Miranda (Cynthia Nixon) plötzlich umgeben von neuen Nebenfiguren, die weder die von Samantha hinterlassene Lücke füllen noch eigene interessante Storylines entwickeln konnten.

Die angestrengten Versuche von And Just Like That …, durch einen diversifizierten Cast aktuelle Gender- und Rassismusdiskurse zu touchieren, ohne diese jemals glaubwürdig zu verhandeln, blieben nicht unbemerkt. Ebenso stieß der weiterhin präsente zügellose Konsumismus auf, der in kapitalismuskritischeren Zeiten eben nicht mehr die Art von wohligem Eskapismus bietet wie noch in den 2000ern. And Just Like That … schien vielen wie aus der Zeit gefallen und von dieser ersten Staffel an zum Scheitern verurteilt.

Eingebetteter Medieninhalt

Doch so einfach wollte Showrunner Michael Patrick King sich nicht geschlagen geben, zumal seine Serien-Premiere so viele Zuschauer*innen zu HBO lockte wie noch keine Produktion zuvor. Die nun abgeschlossene zweite Staffel setzt nicht völlig neu an, aber mit spürbaren atmosphärischen Änderungen: Lustvoller und lustiger geht es zu, nachdem Carrie ihr erstes Trauerjahr um ihre große verstorbene Liebe Mr. Big hinter sich gebracht und nun wieder mit Datingquerelen zu tun hat. Miranda, die in der vergangenen Staffel aufgrund ihrer Verzweiflung um Love Interest Che (Sara Ramirez) kaum wiederzuerkennen war, findet nach einem amüsanten Abstecher nach Los Angeles wieder zur aus Sex-and-the-City-Zeiten geschätzten schnippischen Resolutheit zurück. Und Charlotte sorgt zunächst in ihrer Gluckenhaftigkeit für einige gut getimte Comedy-Momente im Zusammenspiel mit ihrem Ehemann Harry (Evan Handler), bevor sie sich nach einer durch Cannabis hervorgerufenen Eingebung für eine Rückkehr in den Beruf entscheidet.

Die zweite Staffel „And Just Like That ...“ ist zwar besser, aber auch sie hat Schwächen

In kurzen Gastauftritten geben sich Sitcom-Star Tony Danza, Frauenrechtlerin Gloria Steinem, Drew Barrymore und Sam Smith die Ehre – doch der ganz große Besetzungscoup ist ein anderer: Aidan (John Corbett), Carries zweite große Liebe und nun geschiedener Vater von drei Söhnen, kehrt zurück. Dies mag ein kalkulierter und etwas routinierter Schachzug sein, um enttäuschte Fans zurückzulocken, aber er funktioniert. Die beiden setzen unerwartet erfolgreich da an, wo sie vor gut zwanzig Jahren aufgehört hatten. Und so steht Carrie bald vor der interessanten Frage, ob ihre Beziehung zu Mr. Big, die seit jeher in den sozialen Medien als beispielhaft für eine toxische Verbindung diskutiert wurde, ein großer Fehler gewesen sein mag.

Weniger interessant geht es hingegen bei einigen der inzwischen etablierten Nebenfiguren zu: Etwa bei Nya (Karen Pittman), deren Zustand nach dem Ende ihrer langjährigen Ehe in allzu wenigen Szenen und entsprechend belanglos verhandelt wird. Ebenso erfolgt es bei Charlottes Kumpanin Lisa (Nicole Ari Parker), der noch etwas abrupt eine ungewollte Schwangerschaft mitten in die dürftige Figurenentwicklung hineingeschrieben wurde, ohne auch diese Gegebenheit mit der angebrachten Tiefe zu reflektieren (oder sie das in den USA inzwischen wohl als zu brisant eingestufte Wort Abtreibung auch tatsächlich aussprechen zu lassen). In solchen Momenten wird offensichtlich, dass diese Serie mit ihrem Ansatz, das Geschehen durch eine Reihe neuer, unausgearbeiteter Figuren an den Zeitgeist zu ketten, noch immer zu kämpfen hat.

Dennoch und dank anderer wohlüberlegterer Einfälle (wie dem Mini-Auftritt von Kim Catrall und dem Abschied vom 2021 verstorbenen Stanford-Darsteller Willie Garson) bewegt sich And Just Like That … in dieser zweiten Staffel etwas weiter auf das zu, was der Serientitel – ein Aufgreifen von Carries Voiceover aus Sex-and-the-City-Zeiten – andeutete: Ein unangestrengtes, leichtes „Und einfach so ...“ in der Auflösung, die einen nach diesem Staffelfinale etwas ratlos, aber doch auch gespannt zurücklässt.

And Just Like That … Michael Patrick King USA 2023, Sky, Wow

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