Ex-Monarch sucht sein Heil in der Republik

Spanien Juan Carlos I ist wegen massiver Korruptionsvorwürfe ausgewandert. Er wäre nicht der erste Bourbone, der sein Land „beschmutzt“ hat
Sagt zum Abschied sehr, sehr leise Servus: Spaniens ehemaliger König Juan Carlos I
Sagt zum Abschied sehr, sehr leise Servus: Spaniens ehemaliger König Juan Carlos I

Foto: Daniel Perez/Getty Images

Nach Jahrzehnten der Selbstzensur, in denen es für die spanischen Medien tabu war, über das spanische Königshaus etwas zu berichten, was über die offizielle Hofberichterstattung hinausging, kann die Nachricht dieses mal nicht zurückgehalten werden: Der 2014 abgedankte König Juan Carlos I ist wegen massiver Korruptionsvorwürfe aus Spanien geflüchtet. Abdanken hatte er einst müssen, nachdem er in tiefster Wirtschaftskrise mit einer deutschen (!) Geliebten bei einer Luxus-Elefantenjagd in Botswana entdeckt worden war.

Keiner weiß, wohin Juan Carlos I geflohen ist, und wenn es jemand wüsste, würde er sich weiter an das besagte Tabu halten. Immerhin gibt es Hinweise, er könnte in Portugal Unterschlupf gefunden haben, möglicherweise in Estoril, wo er seine Kindheit mit seinen Eltern im Exil verbrachte. Später verfügte dann Franco seine Erziehung in Madrid zu seinem Nachfolger: als König mit der autoritärer Machtfülle des Diktators. Andere Hinweise sprechen von einer Flucht über Portugal in die Dominikanische Republik, wo ihm ein befreundeter Magnat ein Luxus-Resort angeboten haben soll. In beiden Fällen hätte sich der Ex-Monarch für eine Republik entschieden – Ironie des Schicksals. Die, die ihn aufnehmen, müssen sich nicht sorgen. Mit den wohl 100 Millionen Euro, denen die Schweizer Staatsanwaltschaft nachforscht, hätte er sein Auskommen. Im Unterschied zur spanischen Justiz, die sich hinter der „Unverletzlichkeit“ des Königs verschanzt, ermittelt die Schweiz gegen Juan Carlos I wegen Geldwäsche und Steuerbetrugs im großen Stil und könnte seine Auslieferung beantragen.

Die angebliche Monarchie-Mehrheit

Selbst in dieser surrealistischen Szenerie ruhen die Kräfte nicht, die Hymnen auf die spanische Monarchie im Allgemeinen und auf die historischen Verdienste von Juan Carlos I im Besonderen singen. Das endet fast immer mit dem Refrain, die Spanier würden nun mal ihre Könige tief im Herzen tragen. Gleichzeitig weigert sich das staatliche Zentrum für soziologische Forschung (CIS) trotz vielfacher Aufforderung konstant, die Spanier zu befragen, was sie vorziehen: die Monarchie oder die Republik. Es kann daher ungestraft behauptet werden – wie vom spanischen Politologen Fernando Vallespín diese Tage in einem Spiegel-Interview - eine „klare Mehrheit“ wäre für die Monarchie. Adolfo Suarez, erster spanischer Präsident nach Francos Tod, war da etwas realistischer: In einem Interview mit der Journalistin Victoria Prego im Jahr 1995 bekannte er, ein Referendum wäre seinerzeit gegen die Monarchie ausgegangen. Diese musste deshalb in einer Verfassung „verpackt“ werden, die politische und soziale Reformen in den Vordergrund stellte. Und die immer von neuem gepriesenen Verdienste von Juan Carlos I um die Rettung der spanischen Demokratie anlässlich des versuchten Staatsstreichs vom 23. Februar 1981? Bis heute ist die Rolle des Königs in dieser Zeit keineswegs klar. Dieser ließ immerhin sieben Stunden verstreichen, bis er sich in einer Fernseherklärung zur demokratischen Verfassung bekannte.

Juan Carlos I wäre nicht der erste „Bourbone“ gewesen, der sich für eine Militärdiktatur entschieden hätte. Sein Großvater Alfonso XIII setzte 1923 den General Primo de Rivera als Chef einer Militärregierung ein, der dann allerdings später vom Volk verjagt wurde. Und auch was das Anhäufen von Geld im Ausland angeht, stand dieser seinem Enkel nicht nach. Als er nach Ausrufen der 2. Republik 1931 ins Exil ging, rief ihm der Schriftsteller Valle-Inclán nach: „Die Spanier haben den letzten Bourbonen nicht in seiner Eigenschaft als König vertrieben, sondern als Dieb“. Er ließ in Spanien fünf uneheliche Kinder zurück. Im Fall von Juan Carlos I gehen hier die Angaben auseinander.

Juan Carlos I wäre auch nicht der erste Bourbone, der sein Land „beschmutzt“. Fernando VII warf sich seinerzeit Napoleon I an den Hals, der dabei war, Spanien in sein Reich einzuverleiben. Das ging so weit, dass er Napoleon schrieb, sein größtes Glück wäre, würde dieser ihn als seinen Sohn adoptieren. Napoleon lehnte ab. Die in ihrer Würde verletzten Spanier sagten sich damals von ihrem König los und mobilisierten zum – allerdings erfolglosen – Unabhängigkeitskrieg gegen die Franzosen. Beispiele dieser Art ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte dieser bourbonischen Königsdynastie. Historisch betrachtet gehört die Flucht von Juan Carlos I also wohl eher zu den mittelmäßigen Ereignissen.

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