Die Fridays for Future haben einen politischen Forderungskatalog erarbeitet. Das Beeindruckende: An dem kollektiven Prozess waren Delegierte aller Ortsgruppen beteiligt. Das Ernüchternde: Die sechs Forderungen sind, nun ja, nicht besonders radikal. Sie sind gähnend langweilig.
Während es dem Berliner Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ gelungen ist, Sozialisierung als Mittel zur Bekämpfung von Wohnungsnot breit zu thematisieren, setzen die Schülerinnen was als ihr Ziel? Die Einhaltung des Klimavertrags von Paris! Schnöde internationale Regierungspolitik. Kohleausstieg bis 2030, 100 Prozent Erneuerbare bis 2035, Reduzierung der Emissionen auf ein nachhaltiges Niveau bis 2030. Das ist gerade so radikaler als die Kohlekommission.
Warum nicht die Energiekonzerne unter demokratische Kontrolle bringen? Warum nicht ein bedingungsloses Grundeinkommen einführen, damit alle erwerbslos werdenden Kohlearbeiter abgesichert sind? Flüge einschränken, SUVs abschaffen, Tempolimit einführen, Ökodiktatur jetzt? Oder wie wäre es mit mehr Urlaubstagen für Arbeiterinnen, die per Rad oder Zug statt mit dem Flugzeug in die Ferien reisen? Es gäbe viele Forderungen, um die Debatte zu radikalisieren. Der Forderungskatalog tut es nicht.
Nun waren die Fridays for Future nie für ihre politische Radikalität bekannt. Von Jung bis Alt, von Konservativen über Liberale bis zu Linken finden fast alle sie gut. Den Planeten retten? Joa, klar. Die Radikalität steckt nicht in der politischen Stoßrichtung, sondern in der Protestform. „Die erste Frage, die Sie mir stellen, ist: Warum schwänzt ihr?“, sagte Therese Kah zu Anne Will. Es ist der Streik, der Konflikte schafft. Die Junge Union fordert die Eintragung der Fehlzeiten ins Zeugnis; Direktoren drohen mit Verweisen und Bußgeld. Der Bruch mit der Schulpflicht steht für den Bruch mit der alltäglichen Lebensweise. „I want you to panic“, sagt Greta Thunberg. Denn Lebensweisen bricht niemand einfach auf, man macht so weiter, bis das Weitermachen derart beängstigende Folgen hat, dass man aufhört. „Hat es, also hört auf!“, sagen die Schüler.
Sie sagen es auch der Kohleindustrie: Hört auf! Und zwar jetzt. Noch 2019, fordern sie, soll ein Viertel der Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Dieses „Jetzt“ kommt in einem Forderungskatalog zunächst naiv daher: Die Bundesregierung soll irgendwie dafür sorgen. Die Schüler scheinen nicht zu verstehen, dass das im Neoliberalismus nicht so läuft. Der Kohlekompromiss gibt der Wirtschaft bis 2038 genug Zeit, umzulenken, wenn die Kosten dafür sozialisiert werden. Doch bis 2030 sieht das schon ganz anders aus - und hier steckt auch die Radikalität der Fridays for Future. Acht Jahre können den Unterschied machen zwischen einer Politik, die den Kapitalismus nur mit den „Anreize“-Samthandschuhen eines Andreas Scheuer anfasst – und einer Politik, die radikal in die Wirtschaft eingreift, um gesellschaftliche Bedürfnisse durchzusetzen. Was auf dem Wohnungsmarkt die Enteignung, ist in der Klimapolitik der sofortige Kohleausstieg: Vergesellschaftung hier – und dort die gesellschaftliche Kontrolle der Energiewirtschaft. Jetzt.
Brave Appelle von Klassensprechern erzwingen keinen derartigen Politikwechsel. Die Energie der Schülerinnebewegung ist aber gerade, dass sie nicht bei Forderungen stehen bleibt: Die radikale Verweigerung der Normalität hat die Kraft, einen Politikwechsel zu erzwingen – wenn sie anhält. Denn bislang war der Schulstreik kaum mehr als eine mutige, aber noch akzeptierte Ausdehnung des Erlaubten. Die Sanktionen beginnen jetzt. Kehrten die Schüler nun ins Klassenzimmer zurück, scheitert die Bewegung. Der zivile Ungehorsam fängt erst an.
Kommentare 27
Ich glaube nicht, dass die FfF-Bewegung Belehrungen braucht – auch keine von linksliberalen Katheder.
>>Ich weiß noch nicht was schlimmer sein wird. Ein weiter so ohne 5G Netz, oder ein einführen vom 5G Netz und diese Elektrifizierung aller Geräte und Abläufe die auch ein Mensch selber tätigen kann...<<
Ich habe ca. 40 Jahre ganz ohne Funknetz gelebt und kann aus dieser Erfahrung heraus sagen: Das war nicht schlimm und hat gar nicht weh getan. Und es hat damals niemand gesagt: "Es müsste unbedingt mal ein Funktelefon entwickelt werden, damit ich auch auf dem Klo und beim Waldspaziergang erreichbar bin": Wie so Vieles ist das nicht auf Nachfrage eingeführt und exzessiv weiterentwickelt worden, sondern die Nachfrage wurde entwickelt, nachdem ein anfangs noch überflüssiges Produkt mal da war.
>>Der zivile Ungehorsam fängt erst an.<<
Gestern von 2 FfF-Organisatoren in München gehört: Die sehen das auch so. Ausserdem halten sie Kontakt zu "Scientists for Future" und "Parents for Future".
Inhaltlich muss die Bewegung nicht auf dem heutigen Stand einfrieren.
critical stupidity of a privileged young white female journalist
Zu radikale Forderungen wären Wasser auf die Mühlen deren, die dann sagen würden: „Ach ja, die Kinder,“ Es ist viel wichtiger und richtiger am Ball zu bleiben und nach konkreten Ergebnissen von all am Sonntagsgelaber zu fragen. Hart bleiben, dran bleiben, nachhaken,
„Warum nicht die Energiekonzerne unter demokratische Kontrolle bringen?“
Und dann? Was wäre damit gewonnen?
„Warum nicht ein bedingungsloses Grundeinkommen einführen, damit alle erwerbslos werdenden Kohlearbeiter abgesichert sind?“
Weil das ein anderes Thema ist und mit dem Klima nichts zu tun hat und die Sache insofern verkompliziert und ideologisiert, weil auch das Grundeinkommen alles andere als unumstritten ist.
„Flüge einschränken,“
Für wen?
„SUVs abschaffen, Tempolimit einführen,“
Vielleicht es es Pillepalle ist? Symbolpolitik, wie die doofe Frage, am man auch mit dem Fahrrad zur Demo gefahren ist. Ich dachte man muss auch nicht arm sein, um links zu sein?
„Ökodiktatur jetzt?“
Weil alle Diktaturen scheiße sind!
„Oder wie wäre es mit mehr Urlaubstagen für Arbeiterinnen, die per Rad oder Zug statt mit dem Flugzeug in die Ferien reisen?“
Oder mit weniger Krankenkassenbeiträgen, wenn man sich gesünder ernährt? Oder mit mehr Gehalt, wenn man nicht mehr krank wird? Ach ja ...
„O Es gäbe viele Forderungen, um die Debatte zu radikalisieren. Der Forderungskatalog tut es nicht.“
Manchmal ist ein Ergebnis besser als Hysterie, Frau glaubt es kaum,
Das sind zuallererst nur Kinder, die es toll finden wenn die Schule ausfällt. Wer hatte da in seinem Leben keine Freude? Jeder Anlass war doch willkommen, ob früher des Kaisers Geburtstag oder in anderen Zeiten der Rohrbruch oder die Hitze. Dieses selbst geschaffene schulfrei hat heutzutage ein gesellschaftlich-politisches Dach, kommt aber an den Demo-Tagen eher als ein buntes Event denn als bedrohlicher Protest über die Rampe. Fortsetzung der Love-Parade mit anderen Mitteln. Die nun oftmals in die Öffentlichkeit geholten oder sich dort hingeschobenen Sprecher der Bewegung haben sogar etwas Rührendes. Sie achten noch auf den geschlossenen Hemdknopf und die saubere Bluse, eine adrette Frisur und wollen gute Figur machen. Dabei reden ihre Vertreter schon wie lang gediente Volksschullehrer in Abendkursen. Dass sie die Welt retten können, glauben sie vielleicht sogar wirklich. Vorwerfen darf man ihnen dies alles nicht, sollte Spott und Belehrung tunlichst unterlassen.
Wenigstens bekommen die nämlich ihren Hintern hoch. Was schon viel ist. Gerade in Deutschland stammen die Jugendlichen von einem Volk ab, welches in seiner Masse bis heute im Charakter den Knicks mitschleppt und vor der Obrigkeit den Kratzfuß pflegt. Da staunt man durchaus achtungsvoll über solche Kids. Aber man überfordert sie vielleicht auch in der Erwartung ihrer eigenen Erkenntnis und Einschätzung, was mit ihnen und ihrer Bewegung passiert, so sich die Medien und das System ihrer „angenommen“ haben. Diese Lehre werden sie noch ziehen und bittere Erfahrungen selber machen. Die einen daraus den aufrechten Gang mitnehmen, die anderen krumm werden, die Opportunisten unter ihnen werden am Ende grüne Bundesminister oder Juso-Vorsitzende.
Was diese Kinder und Jugendliche jedenfalls nicht brauchen, ist der neunmalkluge Rat von Vorgängergenerationen oder gar deren wohlfeile Belehrung, wie ich sie in dem hier von Frau Elsa Koester vorgelegten Beitrag wahrnehme. Journalisten sollten sich fragen, was ihr Beitrag zum Politikwechsel. Jede belehrende Attitüde aus den Schützengräben jedweder politischer Gesäßgeografie, ob nun von Journalisten oder FDP-Lindner, sollte unterbleiben. Lassen wir die Kinder machen und in ihre Irrtümer wie Chancen rennen. Beim Beobachten und Kommentieren der Szenerie täte es uns allen gut des Öfteren an die eigene Nase zu greifen.
Inzwischen ist es unerträglich, das immer wiederkehrende völlig sinnentleerte Gegenargument des Schulschwänzens zu lesen. Damit wird nur von der eigenen Begrenztheit und Erkenntnisschwäche abgelenkt, indem man versucht, die so unglaublich wichtige Bewegung der jungen Menschen zu diskreditieren. Nach dem so genannten "Dunning-Kruger-Effekt" steigt mit dem Grad der intellektuellen Inkompetenz auch die Unfähigkeit zur (Selbst-)Erkenntnis. Das scheint sich in diesem Zusammenhang bei nicht wenigen verhängnisvoll zu bestätigen.
Es kann nur darum gehen, den Weckruf der jungen Menschen auch als solchen zu verstehen und nicht in seine wirren Tag-Träume einzubauen. Ein jeder kann im Kleinen und im Großen je nach seinen Möglichkeiten aktiv werden und selber größtmöglichen Druck aufbauen.
Aber dafür braucht es jetzt ein gemeinsames Ziel, das die Richtung unmissverständlich vorgibt: Die Abschaffung der kapitalistischen Marktwirtschaft, als Wurzel vieler Übel. Solange das unsere Gesellschaft am stärksten prägende System zu 100% auf Egoismus aufbaut und z. B. nicht auf ökologisch fundierter Kooperation, so lange sind wirklich sinnvolle Lösungen nachhaltig nicht möglich, auch nicht im Kampf gegen den Klimawechsel (nachzulesen bereits vor vier Jahren bei Naomi Klein). Alle, die die dringende Notwendigkeit zum Wandel erkannt haben, sollten endlich aufhören, auch weiterhin um den heißen Brei zu reden bzw. zu schreiben und sich mit „Nebenkriegsschauplätzen“ zufrieden zu geben!
Das unausweichliche Ziel einer Kooperationswirtschaft – dafür braucht es tabulose Klarheit und Mut – kann all die Bewegungen mit ihrer Schlagkraft bündeln: Fridays for Future, Parents for Future, Scientists for Future, Die Gelbwesten, Aufstehen – Die Sammlungsbewegung, #unteilbar und sehr viele mehr. Gebraucht wird jetzt die Revolution aller Einsichtigen und Besonnenen (nachzulesen im aktuellen „Handbuch Soziale Revolution“) als das Verharren der inkompetenten Besserwisser und Fake-Experten.
🎈Die Abschaffung der kapitalistischen Marktwirtschaft, als Wurzel vieler Übel.🎈
Interessanter Punkt. Welch Vorgehensweise empfehlen sie? Wann soll es losgehen?🧐
Jetzt sofort sollte eine generations-, partei-, - gesellschafts- und kulturübergreifende Bewegung enstehen, die als gemeinsames Ziel - neben all den spezifischen Zieklen - genau das mit Nachdruck fordert. Ein derartiges System, das sich nicht im Zwispalt Kapitalismus ./. Kommunismus bewegt, das Individualismus und Kollektivismus klug miteinander verbindet kann dann nur das Ergebnis einer weltweiten Kooperation sein. Aber am Anfang steht die völlig ungetrübte Forderung genau danach. Jetzt darf es nur noch ums Ganze gehen, wenn man die notwendigen Veränderungen erreichen will!
Was mir in der Jünger-Argumentation gegen den Strich geht, ist die Rede von "den Politikern". Auf dieses Level zieht sich gern auch der Normalo zurück ... da es die Auseinandersetzung einfacher und bequemer macht.
Natürlich haben die Politiker Schuld... Doch wo sind die konkreten Projekte an den Schulen, die die Nachwachsenden schon jetzt <ohne Politiker> realisieren könn(t)en. Man denke da an Umgestaltung der Schulen (Schulgarten, Freiflächen ...), Verzicht auf Getränke- und Snackautomaten, Schulobst von regionalen Erzeugern ... usw.
Mit dem Smartphone "rumzufuchteln" wird das System des Wachstums nicht erschüttern.
>>Aber dafür braucht es jetzt ein gemeinsames Ziel, das die Richtung unmissverständlich vorgibt: Die Abschaffung der kapitalistischen Marktwirtschaft, als Wurzel vieler Übel.<<
Der Kapitalismus ist nicht abschaffbar. Wenn die wirtschaftlichen Probleme groß genug sind, hat das System ein letztes Mittel parat: Krieg. Die Nato ist seit einigen Jahren auf diesem Kurs. Das Militär bleibt der Garant für die Existenz dieses Systems. Wenn nötig bombt es ihm den Weg frei zu den letzten Ressourcen dieses Planeten. Die Camouflage dieser Wertegemeinschaft, Menschenrechte durchsetzen zu wollen, ist kaum noch nötig, da viele Journalisten embedded unterwegs sind.
Deshalb wäre es nicht übel, wenn Elsa ergänzend zu den demonstrierenden Schülerinnen und Schülern die kapitalfreundlichen und transatlantisch getränkten Ergüsse der großen Mehrheit ihrer BerufskollegInnen kritisch begleitete.
Werd nicht ungerecht. Es gibt Schulen, die sich diese Ziele setzen und auch erreichen. Nur: Dazu braucht man Geld und Genehmigungen durch den Schulträger. Beispiel: Das Catering für die Schulen muss teilweise europaweit ausgeschrieben werden. Die Vorgaben für die Essenszubereitung sind für einen Einzellieferanten ganz schön happig, so dass es sich für ihn kaum rechnet. Deshalb setzen sich immer mehr Großcaterer durch, die bundesweit agieren. Gegen einen solchen Koloss kanst du kaum etwas ausrichten.
Frau Koester hat etwas Entscheidendes nicht verstanden. Das durchschlagend Moralische ist ganz einfach, dass etwas gefordert wird, was die Erwachsenen selbst formuliert haben, aber nicht einlösen. Eine sehr raffinierte Unterwanderung des heuchlerischen Erwachsenen-Diskurses.
Die krassen Forderungen werden noch kommen, wenn die Erwachsenen selbst diese kleinen Ziele verstolpern, auf die sie sich selbst verpflichtet haben.
Natürlich lässt sich die nicht von „Gott gegebene“, sondern vom Menschen geschaffene Wirtschaftsordnung, die völlig einseitig auf Egoismus aufbaut, abschaffen und durch eine wesentlich klügere Ordnung ersetzen, die auf ökologischer Besonnenheit und auf gleichwertiger Kooperation basiert, wonach Eigen-, Fremd-, Gemein- und Universalwohl gleichermaßen berücksichtigt werden. Warum sollte das nicht gehen? Wir müssen nur den Mut haben, unsere Einseitigkeits- und Egoismusbrillen abzunehmen, und erkennen, dass der Mensch ein äußerst vielsichtiges Wesen ist und vor allem schon lange ein Meister der Kooperation – oder wären Sie sonst in der Lage, diese Zeilen zu lesen?
So lange sich die Menschen aber weiterhin das „Horror-Märchen“ vom kriegslüsternen Homo Voll-Egoisten einreden, so lange kann sich natürlich nichts ändern. Das ist klar. Tiefgreifende Änderungen kann es nur dann geben, wenn man ein geschlossenes logisches System vollständig verlässt, das auf einem fehlerhaften Axiom basiert (in diesem Fall dem Homo oeconomicus). Mensch und Natur haben endlich das Ende des Wahnsinns verdient – natürlich auch unsere Kinder und Enkel! Mit der Einstellung – “Der Kapitalismus ist nicht abschaffbar.“ – bewegt man sich im Grunde genommen auf der Ebene eines Junkies, der sich ein Leben ohne seine Lieblingsdroge nicht vorstellen kann. Aber es gibt definitiv auch ein Leben jenseits der Droge …!
Bei solchen Artikeln erwarte ich eine Auflistung der Möglichkeiten wenn man einen sofortigen Kohleausstieg propagiert, wie die Lücke gedeckt werden soll. In manchen Wintertagen decken die Erneuerbaren 5% des Bedarfs. Woher kommen die fehlenden 95%. Darauf hat noch nie jemand eine Antwort gegeben.
Um wiederholt die "Geschichte" von der el. Energie zu schreiben: Diese Energie muß GENAU zu dem Zeitpunkt erzeugt werden an dem sie verbraucht wird. Nicht 1 oder 50 Tage später. Auch nicht früher. Es ist völlig egal, ob wir im August 700% des Bedarfs decken können, wenn im Winter oder in der Nacht 70% fehlen.
Und was wollten sie jetzt genau sagen?
''Wenigstens bekommen die nämlich ihren Hintern hoch.''
Vor Jahren lag meine Berechnung für die durchschnittliche Jahres-Streikbeteiligung pro Kopf der Millionen der (erwachsenen) Erwerbsbevölkerung unter 8 Minuten (pro Kopf und Jahr)!
Demnach liegt der Zeitaufwand für den durchschnittlichen täglichen Toilettengang – während der Arbeitszeit in Deutschland – höher als die durchschnittliche Streikbeteiligung der Erwerbsbevölkerung im Jahr!
Bitte, nicht glauben, aber auch selbst berechnen.
R.S.: Gewerkschafter der Basis, seit März 1969.
Sicher ist der Schülerprotest wichtig und richtig. Aber man sollte ihn nicht als so gewaltig ansehen wie ihn die Presse macht.
Zum einen die Zahl in Bezug auf die Bevölkerung. Dazu natürlich die Mitläufer wegen Schulfrei.
Auch die Konsequenzen ihrer Forderungen sind anscheinend nicht allen klar. Viele Schüler sind fleißige Kunden von KIK u.ä. , Strom für Handys, Internet, die dazu gehörigen Ressourcen und Umweltzerstörungen, Urlaub überall oder Trecking in Neuseeland, Schüleraustausch über 10.000km für kurze Zeit, diverse bequemlichkeiten Zuhause, Absicherung für dies und das, jede Menge Konsumartikel, Kleidung in Mengen usw.
Auch darauf sollten die Jugendlichen eingehen. Nur eine Forderung an andere stellen genügt nicht. Bezüglich einiger genannter Punkte würden wohl sehr viele Jugendliche wegfallen die heute noch die bekannten Forderungen formulieren.
''Viele Schüler sind fleißige Kunden von KIK u.ä. , Strom für Handys, Internet {...} Auch darauf sollten die Jugendlichen eingehen. Nur eine Forderung an andere stellen genügt nicht.''
Ohne soziale, ökonomische, ökologische und gesellschaftspolitische Aufklärung und Verzicht auf permanenten Massenkonsum geht es auch bei der Jugend nicht!
Auf den Gedanken, immer neue Markenartikel zu tragen, sind wir nicht gekommen. Auch wurde die Kleidung älterer Geschwister aufgetragen. // Nicht nur bei den Klamotten. Es muss heute auch das neueste Handy und Smartphone sein. // Zu unterschiedlichsten Anlässen werden Kinder und Jugendliche allzu oft mit unnützen Geschenken überhäuft. // Das Problembewusstsein ist bei den Eltern und Verwandten unterentwickelt. Aktuelle und künftige Konsumenten, im (westlichen und fernöstlichen) Wohlstands- und Konsumparadies, werden herangezüchtet.
Aber auch die diesbezügliche Erwartungshaltung, der Jugend in sozioökonomischen Schwellen- und Entwicklungsländern, auf die Möglichkeiten der Konsumtion in den Wirtschaftsmetropolen, werden befeuert. So auch über das permanente Dauerfeuer mit Werbebotschaften aus den ökonomisch entwickelten Weltwirtschaftsmetropolen. – Da bleibt nur noch die Flucht aus den Armuts- und Krisenregionen, mit dem illusionären Ziel, einer persönlichen und familiären Teilhabe, am Konsum und Lebensstandard in den (imperialistischen) nordamerikanischen und westeuropäischen Konsum- und Reichtumsmetropolen.
Aber welches Elternhaus und welche Lehrkräfte in den Schulen und welche politischen Parteien, bürgerliche Parlaments- und Wirtschaftslobbyisten, möchten sich schon ernsthaft und kritisch mit den Werbe- und Konsumbotschaften der Wirtschaftskonzerne und Industrieverbände und deren Botschaften in den bürgerlichen Massenmedien (TV, Internet, Rundfunk und Ver-Bildungszeitschriften) auseinandersetzen? (!)
11.04.2019, R.S.
Liebe Frau Köster,
Sie meinen es wahrscheinlich gut, mit uns und mit den SchülerInnen. Aber die größte Demobilisierungskapazität für einen Wandel, steckt in ihrer Rhetorik. Demotivationsvokabeln und Qualifizierungen, dieser Generalvorwurf der Bravheit, der mangelnden Radikalität und mangelnden Nachhaltigkeit (auch diese Kampagne wird an medialem Interesse verlieren), trifft ihr Anliegen, ich spüre es doch, entgegengesetzt zu ihrer Absicht.
Kehren die Schülerinnen und Schüler an ihre (weiterführenden) Schulen zurück, das tun sie ja bereits zur meisten Zeit ihrer Schulpflichten, die übrigens für ältere Schüler gar nicht bestehen, dann lernen sie dort nämlich in vielen Fächern, besonders aber in den "Mint"- Fächern, Unterrichtsinhalte, die der heute gültigen und wirtschaftlich honorierten Lebensweise widersprechen. Die z.B. auch den medialen Produktions- und Arbeitsbedingungen eine Absage erteilen.
Es bricht ein Graben auf, zwischen dem Bildungsideal, das schon alte, aber sehr nachhaltige Wurzeln hat und der Realität. Wenn das die braven Schüler vorstellen, wirkt es, denn sie sind wahrlich die "bravi", die mutigen, durchschnittlichen und "gemeinen" Schüler und sie sind gerade nicht radikal.
Um damit vielleicht etwas zum Thema beizutragen, recycle ich hier einen meiner jüngeren Kommentare zum Thema, aus einem anderen Blog:
>>Dass die Jugendlichen womöglich gar keine Gegenbewegung sein wollen, sondern einige Jahrzehnte weiter sind als wir alten Zausel, die wir seinerzeit aber auch nicht in einer als derart komplex vermittelten Welt aufgewachsen sind: Die Möglichkeit scheint nicht denkbar zu sein.<<, trifft die Sache. Vielleicht könnte man den Gedanken noch ein wenig weiter ausspinnen:
Die deutschen Schulen, denen, über alle Schulformen hinweg, viel Negatives unterstellt wird, produzieren eine große Zahl aufgeklärter Jugendlicher und junger Erwachsener. Diesen Befund kann man getrost auf viele Schulsysteme in (West-)Europa und eine wachsende Zahl an Modell- und Vorbildschulen auf dem Globus ausdehnen.
Greta und >>Fridays for Future<< erreichten in Deutschland, einem doch eher strukturkonservativen, meist von oben nach unten (Kanzlerin, Großfirmen und Anleger, Regierungsparteien, Behörden), denkenden Land, keine solche Aufmerksamkeit, wenn nicht seit Jahrzehnten auf den diversen "Schulinseln" des schwarz-rot- goldenen Wohlstandsreiches, einem (Bildungs-) Ideal gefolgt würde, das durchaus Ansätze von Ganzheitlichkeit und Nachhaltigkeit aufweist. - In der deutschen Schule steckt immer noch mehr Alexander von Humboldt, als sie von sich selbst denkt.
Allerdings verlassen SchülerInnen die Schule und auf ihrem weiteren Weg meist vereinzelt, prägen dann seltener die Vorsätze und Erlebnisse aus der Lehrrepublik Deutschland, die keine Lernanstalt mehr sein will und kann, das wirtschaftliche (Beruf und Freizeit) und politische Verhalten (Wahl, politische Aktivität als Karriere).
In Rheinland- Pfalz gibt es wohl kaum eine allgemeinbildende oder grundständige Schule, an der nicht irgend ein Schulgarten, eine entsiegelte und begrünte Hoffläche, Baumpflanzaktionen, Energiespar- AG´s mit Erfolgsmessung ("Energiedetektive"), Solarprojekte, Müllentsorgungs- und Heizkonzepte (Lüftungsplan, Pflanzen im Klassenraum fürs Kleinklima und zur Erhöhung der Luftfeuchte, das heißt Energieeinsparung), Mensenprojekte und/oder "Fair- Trade-" und "Bio"- Geschäftsmodelle unter Einbindung der SchülerInnen, Stadterkundungs-und Stadtplanungsprojekte, Diskussionen um Schullandheim- und Auslandsreisen, auch unter dem Gesichtspunkt der Umweltverträglichkeit, zur Schulaktivität, zum Schulleben gehören. Sogar Bienen werden an Schulen gezüchtet.
Hinzu kommen alle jene Projekte, die außer einer naturwissenschaflichen Grundlagenbasis, vor allem wieder Nähe zur Natur und Umwelt vermitteln. Selbst der Landessportbund und zahlreiche Vereine beteiligen sich und die Schullandheime sind eingebunden. Die Biosphären- Reservate bieten Programme für Schulen und Schulklassen an. Usw., usw.
Das Fazit: Die deutschen Schulen und damit die SchülerInnen, eilen der Gesellschaft voraus, obwohl sie, überbürokratisiert und unterfinanziert, in der Gesamtgesellschaft wenig geachtet und beachtet werden.
Schulen teilen diese Missachtung im Alltag, solange alles irgendwie gut geht und kein Skandal eintritt, mit Krankenhäusern, Heimen und Pflegeeinrichtungen. Zu sehr betrachtet man deren Angebot und Struktur allein unter dem Aspekt einer effektiven Dienstleistung für die Wirtschaftsgesellschaft, die in ihrer Ausrichtung weitestgehend wertfrei und daher effizient frei, funktioniert. <<
Im Schutzraum hinter der Pforte, dem Eingang, auf der "Schulinsel", sind die Schulen aber immer noch anders, vertreten den Anspruch einer Idelaität.
(https://www.freitag.de/autoren/klaus-raab/die-klimademo-version-des-mansplaining#1554492638728905)
Beste Grüße
Christoph Leusch
Die Grünen werden den Jugendlichen bald
den Oliver Geissen Lookalike
Robert Habeck auf den Pelz hetzen, der ihnen dann verständnisvoll predigt,
den Friday for Future gegen einen autofreien Sonntag zu tauschen.
Ein Gespenst geht um in Deutschland. Schon wieder. Herr Habeck ist nicht Karl Marx und friday4future ist nicht das Kommunistische Manifest. Doch, sie haben was gemeinsam. Eine Zeitenwende. Die gute Theorie von Marx endete in der Diktatur. Bis heute. Die gute Öko-Idee wird wohl ebenso in die Ökodiktatur führen. Müssen. Hawking gab uns noch 100 Jahre. Es muss und wird schneller gehen. BIG DATA, übernehmen Sie! China übernimmt. Kommunistische Diktatur plus Huawei. Na also, passt. Die Generation selfie und ihre friday4future action sind dazu der pure Rückenwind. Immer nur lächeln. Der US-dominierte Westen schafft den switch nicht. Die EU, chancenlos, inkl. Schlant. Via Neue Seidenstrasse ist die Zukunft schon unterwegs. Zu uns. Willkommel Mistel Xi, glüss Gott.
>>Aber welches Elternhaus und welche Lehrkräfte in den Schulen und welche politischen Parteien, bürgerliche Parlaments- und Wirtschaftslobbyisten, möchten sich schon ernsthaft und kritisch mit den Werbe- und Konsumbotschaften der Wirtschaftskonzerne und Industrieverbände und deren Botschaften in den bürgerlichen Massenmedien (TV, Internet, Rundfunk und Ver-Bildungszeitschriften) auseinandersetzen? (!)<<
Ich würde nicht alle in die selbe Badewanne setzen, zumal Elternhäuser oder Schulen den "bürgerlichen Parlaments- und Wirtschaftslobbyisten" entgegengesetzte Interessen verfolgen können. Die finanziellen Möglichkeiten, Einfluss auf das gesamtgesellschaftliche Bewusstsein zu nehmen, sind doch sehr einseitig zugunsten Konzerne und deren Produktvorstellungen verteilt. Die Medien sind finanziell abhängig von Werbung und nehmen mit ihren Inhalten darauf Rücksicht. Wer als Lohnabhängiger im Produktionsprozess steht, eventuell noch Kinder zu versorgen hat, verfügt weder die Zeit noch die Kraft, sich "ernsthaft und kritisch" mit der auf ihn einhämmernden Bewusstseinsindustrie auseinanderzusetzen.
Mein verstorbener Tischler-Kollege leistete als Familienvater antifaschistischen Widerstand. Er verbrachte Jahre im Zuchthaus und im Todesbatallion. Er und seine Partnerin mit Kleinkind, sie überlebten den Faschismus. Sie setzten ihren antiimperialistischen Befreiungskampf bis zum Lebensende fort. Es ist also möglich, auch als Arbeiter, ''die Zeit'' und ''Kraft'' aufzubringen. Daran beteilige ich mich auch, auch als Vater meiner heute erwachsenen Kinder.
RS: Gewerkschafter der Basis, seit 50 Jahren. Polit. Berufsverbot, seit Nov. 1995.
12.04.2019, R.S.
Streiken de Lehrer eigentlich auch immer am Friday for Future?
Das sind doch Beamte?? Haben die dann frei?
>>Wer als Lohnabhängiger im Produktionsprozess steht, eventuell noch Kinder zu versorgen hat, verfügt weder die Zeit noch die Kraft, sich "ernsthaft und kritisch" mit der auf ihn einhämmernden Bewusstseinsindustrie auseinanderzusetzen.<<
Allerdings kann man sich immunisieren, auch ohne intensive inhaltliche Auseinandersetzung mit der Propaganda. Eine Einschränkung des Massenmedienkonsums ist hilfreich. Und bei Reklame immer der erste Gedanke: "Die wollen nur mein Bestes, nämlich mein Geld."
Der Lakmustest ist doch bereits diese Woche.
Überall sind Osterferien. Mal sehen, ob diesen Freitag wieder die Marktplätze voller Schüler sind.
Wenn nicht, wird ja wohl eindeutig bewiesen, das es diesen zu null Prozent ums Klima ging, sondern nur um Spaß haben und Schule schwänzen.