Bräuchte die rot-rot-grüne Landesregierung in Thüringen noch ein Argument für die Abschaffung des Verfassungsschutzes, hier ist es: Man kann nie sicher sein, wer da irgendwann mal an der Spitze stehen wird oder ob der Geheimdienst sogar schon durchsetzt ist mit Rechten. Wer sich das nicht vorstellen kann, sollte sich das Video-Interview ansehen, das der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Helmut Roewer dem Youtube-Sender „Quer-DenkenTV“ gegeben hat. Roewer war von 1994 bis 2000 der Chef des thüringischen Landesamts – und er denkt offenbar sehr rechts.
Er kritisiert in dem Interview einen angeblich laxen Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland: „Es passiert hunderttausendfach jeden Tag, dass hier Grenzverletzung und Ähnliches stattfindet, und die Sachen werden nicht verfolgt.“ Er behauptet, dass staatliche Behörden „stadt- und landesbekannte Gewalttäter“ zu Anti-Pegida-Demonstrationen schleppten.
Er bringt sogar einen politischen „Umsturz“ ins Spiel. Er wolle das zwar nicht herbeireden, aber: „Es wird eine Bruchlinie geben, und zwar in dem Moment, wo (...) den Einsatzkräften, unseren Sicherheitsbehörden der Befehl erteilt wird, gegen das eigene Volk vorzugehen.“ Dem würden sich viele Beamte widersetzen.
„Taugenichtse und Schwätzer“
Von der derzeitigen Demokratie hält Roewer offenbar nicht allzu viel. Die Parteien und der öffentliche Raum würden von „Taugenichtsen und Schwätzern“ beherrscht, und in den Medien werde „gefälscht, dass sich die Balken biegen“. Kritische Berichterstattung bezeichnet er als „Hasskampagnen“ gegen die Sicherheitsapparate und er deutet sogar an, als Geheimdienstchef gegen Journalisten vorgegangen zu sein.
Und dieser Mann durfte jahrelang Linke ausspionieren, durfte jede Menge Geld an Neonazis verteilen, die als V-Leute angeworben wurden. Die Vorstellung ist unheimlich.
Vielleicht hat Roewer damals noch andere Positionen vertreten als heute. Vielleicht hat er sich aber nur nicht getraut, sie auszusprechen. Und was er als Geheimdienstchef konkret gemacht hat, ist sowieso kaum zu erfahren. Der neue Präsident Stephan Kramer ist zwar rechter Tendenzen unverdächtig. Doch einen Geheimdienst wird die Politik nie unter Kontrolle haben. Wer Risiken und Nebenwirkungen ausschließen will, muss ihn abschaffen.
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