Nicht alles, was von der CSU kommt, ist dumpfer Populismus. Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner zum Beispiel hat vor wenigen Tagen einen klugen Vorschlag zur Strompreisbremse gemacht. Damit die Abgabe zur Förderung erneuerbarer Energien nicht weiter steigt, sollen Schulden aufgenommen werden, die später zurückgezahlt werden. Das ist zwar sicher nicht der Königsweg, aber er beerdigt endlich die unsägliche Debatte über angeblich zu hohe Strompreise und ein angeblich nötige Abstriche bei der Energiewende.
Leider hat es Aigners Vorschlag nicht weit gebracht: Das bayerische Kabinett die Idee jetzt abgelehnt, genauer: sie soll „nicht weiterverfolgt“ werden. Zuvor hatte CSU-Chef Horst Seehofer über den Vorschlag gesagt, das sei „keine nachhaltige Politik“. Nicht nachhaltig? Laden wir wirklich die Kosten auf zukünftigen Generationen ab? Für alle möglichen politischen Vorhaben werden Schulden aufgenommen, für unsinnige und umweltschädliche. Aber ausgerechnet für den Übergang von Kohle und Atom zu Wind und Sonne sollen Kredite tabu sein?
Strom ist zu billig
Man könnte nun argumentieren, dass von der Energiewende auch unsere Enkelkinder profitieren werden. Dass sie daher auch gerne bereit sind, die Schulden zurückzuzahlen – oder zumindest nicht dagegen protestieren. Wer ganz ehrlich ist, muss aber eingestehen: Wir bereichern uns gerade auf Kosten unserer Enkelkinder, indem wir für billigen Strom jede Menge Kohlendioxid in die Luft pusten und strahlenden Atommüll produzieren. Sprächen die Preise die ökologische Wahrheit, so wäre Elektrizität deutlich teurer. Deshalb ist es eigentlich unsinnig, Schulden aufzunehmen, um damit den Strom zu subventionieren – wo doch der Strom teurer werden muss, damit sich das Energiesparen endlich lohnt.
Trotzdem ist der Vorschlag richtig, denn es herrscht ein politischer Notstand: Seit Monaten wird der Energiewende der Kampf angesagt, immer wieder werden neue Generalangriffe auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG gefahren. Das Argument ist so alt wie falsch: Strom würde durch die Ökostrom-Umlage unbezahlbar. In Wirklichkeit sind es die fossilen Energieträger, die für den Großteil der Preissteigerungen verantwortlich sind. Und um Strom bezahlbar zu halten, müsste man die Sozialhilfe erhöhen.
Wenn nun die Ökostrom-Abgabe bei 4,9 Cent eingefroren wird und der Strompreis trotzdem weiter steigt, dann merken die Bürger endlich, dass für den steigenden Strompreis vielleicht doch nicht die Solaranlagen verantwortlich sind. Das stärkt die Akzeptanz des EEG und verhindert ein weiteres Abwürgen der Energiewende.
Das Problem der Privilegien
Was ist mit den Industrie-Privilegien? Viele Unternehmen mit besonders hohem Stromverbrauch sind von der Ökostrom-Abgabe weitgehend ausgenommen; würden sie zahlen, wäre die Abgabe nicht so hoch. Bei Aigners Vorschlag führt das dazu, dass alle normalen Stromkunden noch in 20 Jahren für die ungerechtfertigten Privilegien von heute blechen. Das ist zwar bedauerlich, liegt aber nicht an Aigners Vorschlag, sondern an den heute existierenden Ausnahmen für die Industrie. Es ergibt auch keinen Sinn, den Vorschlag abzulehnen, nur weil die Privilegien erhalten bleiben. Dass EEG ist eben nicht perfekt, aber Verbesserung ist Verbesserung.
Kommentare 11
Der Vorschlag von Aigner bringt tatsächlich eine Rechfertigung für das S in der CSU, wird doch eine Abgabe, die ungefähr pro Kopf wirkt in eine Steuer umgewandelt. Die Steuererhebung ist sozial abgestuft geregelt (was jetzt nicht heißt, dass sie gerecht ist, aber eben besser als pro Kopf) und greift auf Unternehmen und Privatpersonen zu. Durch die Verschiebung in die Zukunft kann diese Regelung sogar n o c h besser werden.
Nachteile: Grundsätzlich steigt der individuelle Sparanreiz natürlich mit steigendem Strompreis, dieser Anreiz würde gebremst. Was aber nicht so sehr ins Gewicht fallen dürfte. Am Kredit verdienen definitiv auch irgendwelche schlipstragenden Bankster, ziemlich unabhängig von den Nebenwirkungen einer steigenden Kreditblase (wie war das eigentlich mit der Schuldenbremse? Verbietet die nicht Aigners Plan?). Die da wären eine steigende Gerechtigkeitsschere, überhaupt steigender Einfluss der Finanziers, Einkommen durch Eigentum (ohne Arbeit). Auch hier sehe ich Steuermöglichkeiten durch Steuern und Gesetze. Muss man nur machen.
statt "Rechfertigung für das S in der CSU" wäre "ein Aufflackern des S" treffender
Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht was die ganze Aufregung soll. Solarstrom ist im Vergleich zu anderen Energiequellen schon heute der billigste Strom. Selbst in unseren Breitengraden kostet die KW/h ca. 7 Cent. Im Vergleich dazu kostet die KW/h Atomstrom nahezu 2,- EUR. Würde man diese Kostenreduktion richtig verrechnen, dann benötigt man keine Subventionen oder Preissteigerungen. Im Grunde einfach, oder? Langfristig helfen die regenerativen Energiequellen die gesamte Energiekosten zu senken. Das Problem ist nur, das man diese Tatsache nicht haben möchte, weil man mit den fossilen Energiequellen heute noch richtig Geld verdienen kann.
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Im WDR5-Politikum gab es vorgestern auch einen genialen Beitrag zum Thema. link (ab 9:00 Minuten)
und verhindert ein weiteres Abwürgen der Energiewende.
lieber felix,
wer bitte soll die weitere würgerei verhindern? die grüne fraktion im bundestag mit ihren 8%? die andern kümmerts doch gar nicht aus begreiflichen, wenn auch verwerflichen gründen (siehe simba).
es sollte sich herumgesprochen haben, dass strom aus sonne und wind so billig ist, dass der preis an der strombörse weit unter dem vom normalkunden zu bezahlenden strompreis liegt.
Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG
ich weiß, das heißt so. wahrscheinlich werde ich es nicht mehr erleben, dass nichtfossilen energien richtig benannt werden...
das ist so ähnlich wie mit dem wort "Rasse", das immer noch im grundgesetz steht, weil die pappnasen und rassisten sich treu bleiben.
grüße, h.
Der Vorstoß von Aigner ist ein ganz kleiner Schritt in die richtiger Richtung. Der nächste richtige wäre die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Aber sie hätte wissen müssen, dass sie das mit der Union nicht hinkriegt.
Die Energiewende in privaten Händen wird nie funktionieren, weil Investoren vordergründig auf Rendite aus sind und nicht auf eine ökologisch sinnvolle Energiewende. Der Staat finanziert doch im Moment nur die Subventionen und Energiepreise durch Sozialtransfers.
Dabei hätte Deutschland das Zeug, eine ökologische Energiewende voranzutrieben. Dazu müsste man aber auch über Energieeinsparung, Speichermöglichkeiten und regionale und zeitliche Energieplanung nachdenken. Das Argument der Wettbewerbsfähigkeit zählt auch nicht, solange die Volkswirtschaft einen Exportüberschuss von aktuell 7,5% des BIP aufweist. Mit anderen Worten 180 Mrd. könnte die Volkswirtschaft pro Jahr in die Enrgiewende stecken anstelle ans Ausland auf Nimmerwiedesehn zu verborgen. Alleinig der Renditeansatz steht hier im Wege.
Übrigens, Staatsschulden sind kein Generationsproblem, denn man kann sich Geld noch nicht aus der Zukunft borgen, sondern nur bei den liquiden privaten Haushalten. Die dt. Volkswirtschaft ist garnicht verschuldet, nur der Staat. Den Staatsschulden stehen ebenso große private Forderungen gegenüber. Staatsschulden abbauen geht also nur mit Abbau privater Forderungen. Dafür gibts auch nur zwei Mittel (wenn man von Privatisierungen absieht): Vermögenssteuer oder Schuldenschnitt. Das ist auch legitim, weil die Staatschulden Einkommen darstellen, die der Staat hätte versteuern müssen.
Auch müssten an dieser Stelle die Subventionierungen für Atomstrom genannt werden, die diesen so billig erscheinen lassen. Denn durch die hohen Kosten für den Bau eines Atomkraftwerkes, müsste der Preis für die Refinanzierung der Investition pro Kilowattstunde zwischen 12 und 20 Cent liegen.
Es geht nicht um eine Steuer. Der Kredit soll hinterher wieder über den Strompreis zurückbezahlt werden.
Ach so, das hatte ich anders aufgefasst. Kreditgeber sind also Banken. Wer ist Kreditnehmer? Wenn es die Stromanbieter direkt sind, dann häufen Anbieter, die viel Strom verkaufen, mehr Schulden an. Die Wettbewerbsfähigkeit kleiner Anbieter stiege damit (wenn der Streckungsanteil irgendwann wegfällt)? Nein, so ist es wohl nicht gemeint. Kreditnehmer könnte sonst eine Zwischenstelle (juhu, neue Beamtenstellen!) sein, die ihre Forderungen direkt von den Bürgern holt, das wären dann Steuern. Die Zwischenstelle sollte ihre Tilgungsrate aber wohl jährlich aktuell bezogen und verbrauchsabhängig von den Verbrauchern eintreiben, indirekt über die Stromrechnung, nicht bezogen auf den tatsächlichen Verbrauch der Vergangenheit, der die Schulden erzeugt hat. Okay, das hilft der Energiewende, aber nicht der Umverteilung. Das Aufflackern des S in der CSU war eine Täuschung.
Herr Werdermann, die Worte "CSU" und "klug" in nur einen Satz unterzubringen ist eine echte Leistung. Respekt!
Der Lösungsansatz der CSU klingt richtig genial, denn nun sollen sogar noch die Banken von den Stromkunden gepampert werden. Die Dame ist eine heiße Anwärterin auf den Nobelpreis.
Ich hätte da einen anderen Vorschlag:
a) die Steuer auf die Strompreise jeweils in dem Maße senken, in dem die EEG-Umlage steigt
b) die Stromersparnisse dadurch erzielen, dass nur noch die Geräte eine Marktzulassung bekommen, die mindestens 10% unter dem Stromverbrauch des Vorgängermodells liegen und absolut unter dem Verbauch liegen, den der effizienteste Wettbewerber erreicht.
Aber das wäre, muss ich zugeben, viel zu einfach.
Für's Protokoll:
Ich hatte auch mal einen Beitrag (Lieb und teuer. Und nicht umsonst.) geschrieben, der vielleicht ganz gut zum Thema passt..