Energiewende auf Pump

Strompreis Sollen wir die Ökostrom-Abgabe einfrieren und zur Förderung von Wind und Sonne neue Schulden aufnehmen? Ja, denn so hätte die unsägliche Kosten-Debatte endlich ein Ende
Zukunftsindustrie? Die Fabrik des Solarmodul-Hersteller Aleo steckt seit Ende 2013 in einer Finanzierungskrise
Zukunftsindustrie? Die Fabrik des Solarmodul-Hersteller Aleo steckt seit Ende 2013 in einer Finanzierungskrise

Foto: Sean Gallup/ AFP/ Getty Images

Nicht alles, was von der CSU kommt, ist dumpfer Populismus. Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner zum Beispiel hat vor wenigen Tagen einen klugen Vorschlag zur Strompreisbremse gemacht. Damit die Abgabe zur Förderung erneuerbarer Energien nicht weiter steigt, sollen Schulden aufgenommen werden, die später zurückgezahlt werden. Das ist zwar sicher nicht der Königsweg, aber er beerdigt endlich die unsägliche Debatte über angeblich zu hohe Strompreise und ein angeblich nötige Abstriche bei der Energiewende.

Leider hat es Aigners Vorschlag nicht weit gebracht: Das bayerische Kabinett die Idee jetzt abgelehnt, genauer: sie soll „nicht weiterverfolgt“ werden. Zuvor hatte CSU-Chef Horst Seehofer über den Vorschlag gesagt, das sei „keine nachhaltige Politik“. Nicht nachhaltig? Laden wir wirklich die Kosten auf zukünftigen Generationen ab? Für alle möglichen politischen Vorhaben werden Schulden aufgenommen, für unsinnige und umweltschädliche. Aber ausgerechnet für den Übergang von Kohle und Atom zu Wind und Sonne sollen Kredite tabu sein?

Strom ist zu billig

Man könnte nun argumentieren, dass von der Energiewende auch unsere Enkelkinder profitieren werden. Dass sie daher auch gerne bereit sind, die Schulden zurückzuzahlen – oder zumindest nicht dagegen protestieren. Wer ganz ehrlich ist, muss aber eingestehen: Wir bereichern uns gerade auf Kosten unserer Enkelkinder, indem wir für billigen Strom jede Menge Kohlendioxid in die Luft pusten und strahlenden Atommüll produzieren. Sprächen die Preise die ökologische Wahrheit, so wäre Elektrizität deutlich teurer. Deshalb ist es eigentlich unsinnig, Schulden aufzunehmen, um damit den Strom zu subventionieren – wo doch der Strom teurer werden muss, damit sich das Energiesparen endlich lohnt.

Trotzdem ist der Vorschlag richtig, denn es herrscht ein politischer Notstand: Seit Monaten wird der Energiewende der Kampf angesagt, immer wieder werden neue Generalangriffe auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG gefahren. Das Argument ist so alt wie falsch: Strom würde durch die Ökostrom-Umlage unbezahlbar. In Wirklichkeit sind es die fossilen Energieträger, die für den Großteil der Preissteigerungen verantwortlich sind. Und um Strom bezahlbar zu halten, müsste man die Sozialhilfe erhöhen.

Wenn nun die Ökostrom-Abgabe bei 4,9 Cent eingefroren wird und der Strompreis trotzdem weiter steigt, dann merken die Bürger endlich, dass für den steigenden Strompreis vielleicht doch nicht die Solaranlagen verantwortlich sind. Das stärkt die Akzeptanz des EEG und verhindert ein weiteres Abwürgen der Energiewende.

Das Problem der Privilegien

Was ist mit den Industrie-Privilegien? Viele Unternehmen mit besonders hohem Stromverbrauch sind von der Ökostrom-Abgabe weitgehend ausgenommen; würden sie zahlen, wäre die Abgabe nicht so hoch. Bei Aigners Vorschlag führt das dazu, dass alle normalen Stromkunden noch in 20 Jahren für die ungerechtfertigten Privilegien von heute blechen. Das ist zwar bedauerlich, liegt aber nicht an Aigners Vorschlag, sondern an den heute existierenden Ausnahmen für die Industrie. Es ergibt auch keinen Sinn, den Vorschlag abzulehnen, nur weil die Privilegien erhalten bleiben. Dass EEG ist eben nicht perfekt, aber Verbesserung ist Verbesserung.

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