Als die Jungen Grünen, denen auch Kay-Michael Dankl angehörte, 2017 von ihrer Mutterpartei in einem Akt brutaler Dummheit ausgeschlossen wurden, hätte ihnen kaum jemand eine relevante politische Zukunft vorausgesagt. Inzwischen sind die Jungen Grünen fester Bestandteil der KPÖ, spielen deren Exponenten dort eine führende Rolle. In Salzburg kann man wohl von einer Übernahme der KPÖ sprechen. Vorstellen muss man sich das ungefähr so: Sieben junge Aktive treten einer Gruppe mit drei älteren Herren bei. Die Kommunistische Partei war in diesem Bundesland faktisch inexistent, in keiner einzigen Kommune war sie vertreten. Comeback ist das keines.
Mit dem Mainstream will sich die KPÖ in Salzburg nicht unbedingt anlegen
Auch nach Kay-Michael Dank
egenAuch nach Kay-Michael Dankls Einzug in den Salzburger Gemeinderat 2019 mit 3,7 Prozent hätte wohl niemand auf einen rasanten Aufstieg gesetzt. Erst mit dem spektakulären Stimmenzuwachs bei der Landtagswahl im Vorjahr hat sich das geändert. Der Historiker Kay-Michael Dankl (35) wirkt wie der nette Junge von nebenan. Er eckt nirgendwo an, selbst in der Frage der Neutralität – ein klassisches Thema der KPÖ – hält er sich auffällig zurück. Die Militarisierung des Westens oder die Kriegspolitik der NATO stehen kaum im Vordergrund. Auf Nachfragen reagiert er vorsichtig, eher defensiv. Mit dem Mainstream will sich die KPÖ in Salzburg nicht unbedingt anlegen. Brav surft man die woke Welle.Während die Partei taktisch, organisatorisch und auch performativ sehr gut aufgestellt ist, herrscht ziemliche Funkstille, was Inhalte und Perspektiven betrifft. Es darf bezweifelt werden, ob das Ausweichen und Umschiffen langfristig trägt, aktuell jedenfalls stört es nicht. Frontmann Dankl steht für eine sehr pragmatische Linie, am ehesten vertritt er klassisch sozialdemokratische Positionen. Den fast schon monothematischen Schwerpunkt bildet wie in Graz mit der KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr die Wohnungsfrage. Die Mieten in der Festspielstadt sind vielfach unbezahlbar geworden, dafür wird die Stadt überschwemmt von Touristen und Autos, der öffentliche Verkehr liegt im Argen.Die blinde Verteidigerin des Privateigentums, die konservative ÖVP, betätigt oftmals auf hohem Level wie tiefem Niveau die Orgel provinzieller Korruption. In Salzburg hatte man jedenfalls die Volkspartei bis oben hin satt, sie wurde fast halbiert. Doch selbst der Wahlsieger SPÖ fuhr das schlechteste Resultat seit 1945 ein. Ebenfalls bescheiden blieben die Ergebnisse von FPÖ und Grünen. Die KPÖ hingegen legte von 1 auf 10 Mandate im Gemeinderat zu. Was soll man dazu sagen? Erdrutsch ist eine Untertreibung, eher schon ist da am Sonntag der Mönchsberg implodiert. Tatsächlich ist mehr eingestürzt, als dass da etwas umgestürzt wurde. Im ersten Durchgang der Direktwahl zum Bürgermeister erhielt Dankl 28 Prozent, der Kandidat der Sozialdemokraten Bernhard Auinger knapp über 29.Am 24. Märzkommt es zur Stichwahl. Es wird also noch einmal spannend. Der Ausgang ist offener, als es auf den ersten Blick den Anschein hat.Die Wähler rotieren, und wenn sie sich nicht absentieren, dann experimentieren sie. Dankls Stimmen sind auch aus allen Ecken zusammengeholt. Wie substanziell sie sind, wird die Zukunft weisen. Auffällig ist, dass beträchtliche Teile des Salzburger Bürgertums wie Kleinbürgertums sich nicht nach rechts orientieren (die FPÖ-Zugewinne fielen äußerst mager aus), sondern eher nach linken Alternativen Ausschau halten. Die Kommunisten können es kaum schlechter und einfallsloser machen als die bisherigen Amtsträger, zudem sind sie integer, gut ausgebildet und agieren nicht hinterrücks. Wie die Grazer Mandatare um Elke Kahr spendet auch Dankl einen beträchtlichen Teil seiner Gage für Menschen in Not. Diese praktizierte Solidarität kommt nicht nur bei den Empfängern gut an.Dankl und die Salzburger KPÖ sind ein Projekt äußerer ProjektionenDas Bürgertum verteidigt also nicht seine Bastion gegen einen linken Ansturm. Man hat sogar das Gefühl, als ginge der Klientel zunehmend die eigene Klientel auf die Nerven – als hätte sie mittlerweile Distanz zu sich selbst entwickelt. Die Bürger erschrecken mehr vor sich selbst, als dass sie erschreckt werden. Selbst im Magistrat der Stadt Salzburg, so wird glaubhaft erzählt, hat man inzwischen große Sympathien für Dankl entwickelt. Dankl und die Salzburger KPÖ sind ein Projekt äußerer Projektionen. Ein Sammelsurium diverser Aversionen und Hoffnungen, Haltungen und Wünsche, insgesamt aber weitgehend unbestimmt. Der Ruck ist also nur bedingt ein Linksruck. Die Bereitschaft zum Aufbruch ist gegeben, auch wenn man nicht weiß, wohin die Reise geht und auch nicht, was das alles überhaupt bedeuten soll. Dankl ist dessen Gesicht und auch dessen sonore Stimme. Mehr sanft als rebellisch. Wer das für ein ausgefuchstes Täuschungsmanöver hält, überschätzt die Kommunisten maßlos.Was viele Kommentatoren und Beobachter noch nicht verstanden haben: Der Antikommunismus ist kein Supertrumpf mehr. Vielmehr ist es chic, bis weit in die politische Mitte hinein, die kommunistische Karte zu zücken. Dass die KPÖ die „rote Gefahr“ sei, glaubt fast niemand mehr. Der Prickel ist größer als die Angst. Aktuell ist das Momentum auf Seiten der KPÖ.